Toni Mahoni – Alles wird gut, und zwar morgen! (Hörbuch, Autorenlesung)

Toni Mahoni - Alles wird gut, und zwar morgen! (Hörbuch, Cover © ROOF Music/tacheles!)

Toni Mahoni – Alles wird gut, und zwar morgen! (Hörbuch, Autorenlesung)

Der Sinneswandel seiner Freundin Peggy kam unerwartet und schnell. Toni Mahoni (real unter diesem Pseudonym als Videoblogger bekannt, hier zur Romanfigur transformiert) liegt mit seiner Liebsten im Bett, und seinen Bauch scheint sie ebenso zu lieben wie ihn selbst. Liebevoll tätschelt sie die Wampe, erfüllt schläft sie neben ihm ein. Vom einen auf den anderen Tag sucht sie allerdings genau wegen dieses Bauches das Weite. Sie empfindet sein Sichgehenlassen als Zeichen des mangelnden Respekts, des Alltagstrotts, und kaum zwei Wimpernschläge später ist sie schon weg, raus aus der WG, ab nach Barcelona. Toni versteht die Welt nicht mehr, sitzt da und schaut reichlich blöd aus der Wäsche.

Er droht dank seines schweren Liebeskummers in Selbstmitleid zu versinken, doch Meta Mallorca, sein guter Freund, hat eine bessere Idee. Warum möchte Toni nicht einfach den Kopf auf Malle freikriegen, etwas Urlaub, etwas Party, neue Mädels kennen lernen und mit ihm auf der Insel feiern und so lange bei Ronny in der Finca wohnen? Einfach mal den ganzen Mist hinter sich lassen?

Ja nun… warum eigentlich nicht, denkt sich Mahoni, und schon geht es ab nach Mallorca. Das Partyleben lässt nicht lange auf sich warten, und schon finden Meta und er sich in einem wilden und dekadenten Gemisch aus Sex, Alkohol und Drogen: Unverhofft landen die zwei auf einer wilden Fete der besonderen Art, denn hier feiert die High Society Spaniens. Alles gut und schön, er hat seinen Spaß, er ist mächtig auf Droge, sternhagelvoll, und die heiße Braut, die sich gerade an ihm zu schaffen macht, weiß genau, was ein liebeskranker Mann so als Trost braucht.

Dumm nur, dass Mahoni derart breit ist, dass er beim späteren Schmusen mit einer kostbaren Statue aus Alabaster selbige durch seine rauschbedingte Tolpatschigkeit völlig zerstört. Ebenfalls dumm, dass nun zwei Mafiosi namens “Sonnys” hinter ihm her sind, die einerseits zu verhindern versuchen, dass ihr Mafiavater etwas von der zu Bruch gegangenen Statue erfährt, Mahoni aber gleichermaßen die Hölle heiß machen und ihm und Meta drohen, sie beide kaltzumachen, wenn nicht zeitig Ersatz herbeigeschafft wird. Das erfordert einiges an Ideenreichtum, und so beginnt eine drei Monate währende, wahre Irrfahrt aus Chaos, Panik und skurrilen Begegnungen.

Nach der nicht allzu langen anfänglichen Erzählung des Beziehungsendes geht es dann auch sehr bald sehr rasant los. Kaum auf Mallorca angekommen, nimmt der Roman aus dem Stand Fahrt auf und gibt Vollgas. Geradeaus. Und nimmt alles mit, was sich im Weg befindet. Saufen, koksen, vögeln, noch mehr koksen, Pillchen werfen, noch mehr saufen, noch mehr feiern, sich abschießen bis zum Gehtnichtmehr, durch die Gegend fallen, sich das zuvor Gegessene noch mal durch den Kopf gehen lassen, zack, knall, bumm, peng, schepper, klirr. Und dann großes Geschrei, noch mehr Geschrei, noch mehr Panik – und als Zuhörer möchte man nur noch die Augen verdrehen und fragt sich, ob denn nun langsam auch mal gut ist mit dem Chaos.

Und tatsächlich fängt sich “Alles wird gut, und zwar morgen!” dann doch noch und mausert sich zu einer zeitweise zwar noch immer überzogenen, aber im Verhältnis zum Anfang deutlich gemäßigteren Story, in der die Protagonisten zuweilen ungeahnte Wege gehen und zu unkonventionellen Maßnahmen greifen. Dabei wird die Freundschaft auf eine harte Probe gestellt, ebenso das Vermögen, Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen, die oftmals davon abhängen, ob man dem Gegenüber nun vertrauen kann oder nicht. Ziemlich geschickt lässt Mahoni (der Autor) Mahoni (die Figur) Kämpfe gegen andere und sich selbst austragen und bringt den Beobachter dabei an dessen Grenzen. Worauf hört man denn nun? Auf den Verstand? Auf sein Herz? Oder auf das Bauchgefühl? Oder ist man einfach der chronisch verpeilte Mahoni und macht einfach?

Im und um den Haupterzählstrang herum lernt der Hörer auch die anderen, teilweise neuen WG-Bewohner kennen – Frauenverschleißer Pierre und die mit zahlreichen üppigen Rundungen und ebenso viel Grips ausgestattete Mandy -, ebenso die einstigen Bandkumpels sowie eine gewisse Katja an der Currywurstbude, die fortan erst so richtig Schwung in Tonis Leben bringt, aber ihn durch ihre mysteriöse Art schwer herausfordert. Und dann wäre da noch der ukrainische Künstler Vlad, lebenserfahrener Trinker mit viel Herz.

Die Figuren des Romans werden ausdrucksstark gezeichnet, und dank der ungekürzten Lesung, die Meister Mahoni höchstselbst auf Konserve gebracht hat, werden diese ebenso ausdrucksstark zum Leben erweckt. Hier wird je nach Charakter breit berlinert, hochdeutsch geredet oder mit russischem Akzent gesprochen, je nach dem, wer aus dem Buch gerade spricht – und hierbei muss man vor dem sprechenden Autoren den Hut ziehen, denn er zählt wohl kaum zu den erfahreneren Hörbuchsprechern und legt eine mehr als solide Leistung hin. Während manchen Autoren die Nähe zu ihren eigenen Werken gar nicht gut tut und das Hören zu einem anstrengenden Unterfangen zu werden droht, merkt man, wie Mahoni in seine Geschichte abtaucht und die Mitwirkenden regelrecht nachlebt.

Mahoni gelingt es, “Alles wird gut, und zwar morgen!” ehrlich und realistisch (im literarisch-fiktiven Sinn)  nachzuerzählen – und in den Slapstickmomenten spürt man, wie er in seinem Element ist, ebenso aber auch, wenn es nachdenklich wird, wenn reflektiert wird. Hinterfragt wird. Inmitten all dieser emotionalen und physisch erlebten Turbulenz wird deutlich, dass auch Mahoni die Macht echter Freundschaft und Zuneigung und gar Liebe zu schätzen weiß, und diese drei das Leben positiv färbenden Elemente verwebt er gänzlich klischee- und Pathosfrei  in die Geschichte – dafür auf eine angenehm undramatische und schlichtweg selbstverständliche Art.

Steht man den doch arg kaputten Anfang durch und bleibt bis zum Ende am Ball, wird man mit einer Erzählung belohnt, die trotz ihrer teilweise irrsinnigen Ausschläge auf dem Peinlichkeitsbarometer für ein Lachen in Gesicht und Herz sorgt. Denn egal, welchen Mist man auch baut: Wenn man sich Mühe gibt, Dinge wieder gut zu machen und dabei das positive Denken nicht vergisst, wird alles gut. Und zwar morgen.

Ein Roman zwischen »Au weia…« und »Ach, wie schön…«

Cover © ROOF Music/tacheles!

Wertung: 12/15 dpt

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