War Andreas Eschbachs 1995er Debüt “Die Haarteppichknüpfer” noch ein sperriges Stück Science-Fiction-Literatur, bei welchem sich erst ganz am Ende des Romans alle Fäden in Form von zuerst unabhängig erscheinenden Kurzgeschichten zu einem dicken Strang zusammen fanden, ist das als Space Opera angepriesene, 2001 erstmals erschienene “Quest”, welches laut Eschbachs Aussagen in einigen Interviews erst durch erstgenannten Roman einen wirklichen Platz gefunden hat, deutlich einfacher zu verdauen – was nicht bedeuten soll, dass diese Erzählung auch nur ansatzweise linear verliefe.
Jener Platz befindet sich im selben Sternenkaiser-Universum, in welchem die “Die Haarteppichknüpfer”-Geschichte stattfand, allerdings mehrere Tausend Jahre zuvor. Der körperlich extrem angeschlagene Eftalan Quest, Edler Kommandant des Raumschiffs Megatao, hat sich mehr oder minder als Selbstbelohnung eine letzte Mission zum Ziel gesetzt: Er möchte zusammen mit seiner Crew den Planeten des Ursprungs suchen – schließlich muss sämtliches Leben im Universum auf irgendeine Weise miteinander verwandt sein.
Legenden und Sagen über diesen offenbar äonenalten, aber nie gefundenen Planeten besagen, dass man dort Gott begegnen oder gar Unsterblichkeit erlangen könne – und das ist letztendlich der Ansporn, die Reise anzutreten. Doch während die Suche unternommen wird, wird die heimische Galaxis von der Armee des Sternenkaisers angegriffen, was für einige Unruhen sorgt. Quest mitsamt Anhang lässt sich aber durch nichts von seinem Vorhaben abbringen und stellt sich zudem dem Kampf gegen seine eigene Krankheit – er möchte mit allen Mitteln sein Leben verlängern.
Seine Suche kann man jedoch auch als Metapher für essentielle Fragen deuten, denn es wird in großem Rahmen in den Raum gestellt, welchen Sinn das Leben eigentlich hat – vor allem aber auch, was nach dem Tod von einem Lebewesen noch bleiben mag. Im Verlauf der Story werden obendrein Machtkämpfe ausgetragen, über den schmalen Grat zwischen Stärke und Schwäche gewandelt und allerlei psychologische, soziale und sozialpsychologische Elemente aufgegriffen.
Dies beschert dem komplexen Roman ein ungeheures Maß an Menschlichkeit, besonders der philosophische Ansatz dieses wahrlich massiven Werkes ist es allerdings, der bei “Quest” einen ganz besonderen Reiz ausmacht – ohnehin eine sehr typische Eigenschaft zahlreicher Eschbach-Romane. Sowieso ist der heuer in der Bretagne lebende Ulmer Autor einer der wenigen, die es brillant meistern, um eine oder wenige Weisheiten oder Grundsätze, welche man problemlos auf den Zettel eines Glückskekses drucken könnte, eine große, epische, ausladende Geschichte, ausgeschmückt mit vielen liebevollen Details zu konstruieren – und zwar, ohne dass diese in irgend einer Form aufgebläht wirkt. Zwar dauert es etwa ein Viertel des Gesamtwerks, bis “Quest” Fahrt aufnimmt und man einen Zugang gefunden hat, doch bald erreicht diese Space Opera ein Tempo, deren Fahrtwind den Leser – oder in diesem Fall Hörer – einfach mit sich zieht.
Selbst lesen ist etwas Schönes, doch wenn Schauspieler, Synchronsprecher und Hörbuchsprecher Sascha Rotermund, unter anderem die deutsche Stimme für Robert Chase in “Dr. House”, Ned in “Pushing Daisies”, Sam Hanna in “Navy CIS: L.A.” und viele mehr, am Mikrofon sitzt und dem Hörer eine Story vorliest, wird der Genuss zu einem Erlebnis. Es gibt nur wenige Sprecher, die Spannung, Emotionalität, Stimmungsschwankungen und Tempowechsel so perfekt wiedergeben können wie der Arnsberger Enddreißiger.
Es spricht somit praktisch nichts dagegen, sich als Anhänger anspruchsvoller, substanzgetränkter SciFi-Literatur, der sich gerne auch mal zurücklehnen und mal nicht ein Buch in der Hand halten möchte, dieses optisch ansprechend aufgemachte 6-CD-Hörbuch in den Einkaufskorb zu legen. Vor allem nicht dann, wenn das Vorlesen so packend geschieht wie hier.
Cover © Lübbe Audio
- Autor: Andreas Eschbach
- Titel: Quest
- Verlag: Lübbe Audio
- Erschienen: 05/2012
- Sprecher: Sascha Rotermund
- Spielzeit: 442 Minuten auf 6 CDs
- ISBN: 978-3-7857-4663-9
Wertung: 12/15 dpt