Was ist schlimmer: Das Feuer oder die Drogen?
Wayehutta ist ein verschlafenes Nest in Jackson County, North Carolina. Hier lebt Raymond Mathis seit drei Jahren nach dem Tod seiner Frau allein, mit seinem Sohn Ricky hat er keinen Kontakt. Dies ändert sich als Ricky ihn verzweifelt anruft, da er Angst um sein Leben hat. Er schuldet einem Drogendealer zehntausend Dollar und Ray ist ein letztes Mal entschlossen, seinem Sohn zu helfen.
Denny Rattler ist ebenfalls drogenabhängig und bestreitet sein Einkommen durch gezielte Einbrüche. Er sichtet die Todesanzeigen und ist bei Beerdigungen in den leerstehenden Häusern der trauernden Angehörigen aktiv. Er nimmt nur wenige Sachen mit, noch dazu möglichst jene, die die Betroffenen nicht oder erst spät vermissen. Allerdings macht ihm sein Dealer Jonah nur selten einen fairen Preis.
Agent Ron Holland von der DEA in Atlanta hofft auf seinen größten Fang. Seit vielen Monaten ist man einer großen Drogenmafia auf der Spur und steht kurz vor dem entscheidenden Durchbruch. Nicht zuletzt dank seines Kollegen Rodriguez, der aufgrund seiner aus Venezuela stammenden Eltern unauffällig undercover arbeiten kann.
Auf schicksalhafte Weise kreuzen sich die Wege von Ray, Dennis und Holland. Doch zuvor kommt es zu einem tragischen Todesfall. Gegen die Drogenseuche scheint man machtlos, derweil ein gigantisches Feuer in den Appalachen tobt. Allein in North Carolina brennen zehntausende Hektar Wald.
Preisgekrönter Southern Noir
David Joy („Wo alle Lichter enden“) legt mit „Wenn diese Berge brennen“ (ausgezeichnet mit dem Dashiell Hammett Award 2020) einen furiosen Roman vor, der in den Bergen des westlichen North Carolinas spielt. Es ist die Heimat des Autors, der der Tradition des Southern Noir verpflichtet ist, was erklärt, warum die Landschaft die eigentliche Hauptrolle spielt. Ein wichtiger Ort ist Cherokee, der größte in der Qualla Boundary, einer teilautonomen Region des Stammes des Eastern Band of Cherokee Indians. Zu diesem gehört auch Denny, ein Native American, dessen Leben nach einem Arbeitsunfall auf die schiefe Bahn geriet.
Drogen wie Crystal oder H beherrschen das Leben von Denny und Ricky, woran letztgenannter zugrunde gehen wird. Sein Tod ist der Wendepunkt einer Geschichte, die zunächst in drei voneinander unabhängigen Erzählsträngen vorgetragen wird. Anschließend geraten die Dinge vollends außer Kontrolle, nicht zuletzt, weil Ray erkennt, dass man endlich etwas gegen den Drogensumpf unternehmen muss. Da die Polizei seiner Meinung nach nicht aktiv wird, trifft er eine fatale Entscheidung. Auch Denny trifft solche Entscheidungen und so legen sich letztlich alle drei Protagonisten mit übermächtig erscheinenden Gegnern an. Als Leser hat man jedoch mitunter das Gefühl, dass die eigentliche Gefahr von den Waldbränden ausgeht. Ein ständiger Ascheregen verkündet drohendes Unheil und basiert auf dem realen „Tellico Fire“ aus dem Jahr 2016. Rund 5.500 Hektar Wald wurden damals im Cherokee National Forest vernichtet.
Die Drogensucht wird detailliert geschildert ebenso wie der schier aussichtslos wirkende Kampf dagegen. Man mag mit Ricky und Denny mitleiden, Erlösung ist für beide nicht zu erwarten. Ein düsterer Krimi, der wenig Action benötigt, um dennoch seine Sogwirkung zu entfalten. David Joy geht es um die Menschen und die Natur, die er – trotz allem – zu mögen scheint. Gleichwohl beherrscht die Geschichte ein dystopischer Grundton.
- Autor: David Joy
- Titel: Wenn diese Berge brennen
- Originaltitel: When These Mountains Burn Aus dem Amerikanischen von Sven Koch. Mit einem Nachwort von Steph Post („Lightwood“)
- Verlag: Polar
- Umfang: 288 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Juni 2024
- ISBN: 978-3-910918-00-9
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Wertung: 12/15 dpt