The April Story – Ein wirklich erstaunliches Ding
Als April in Manhattan eines Nachts eine mysteriöse Skulptur entdeckt und ein Video von dieser ins Netz stellt, ist plötzlich nichts mehr, wie es war. Denn auf der ganzen Welt sind identische Skulpturen aufgetaucht, die scheinbar nicht von dieser Erde stammen. Niemand weiß, warum sie hier sind – und ob sie gefährlich sind. April wird schlagartig weltberühmt und zur Zielscheibe für eine Gruppe von Verschwörungstheoretikern, deren zunächst virtuelle Attacken bald zur realen Gefahr werden …
Verschwörungstheorien gibt es schon seit Anbeginn der Menschheit und seit jeher konnten diese anfänglichen Gerüchte äußerst gefährliche Ausmaße annehmen, wie beispielsweise die Hexenlehre, die Dolchstoßlegende und sämtliche antisemitisch geprägten Märchen wie die Ritualmordlegende, die Brunnenvergiftung oder die Protokolle der Weisen von Zion beweisen.
Durch soziale Medien konnten in den vergangenen Jahren Verschwörungstheorien noch vielen Menschen mehr zugänglich gemacht werden und während der Corona-Pandemie erlebten sie gar einen regelrechten „Boom“.
„The April Story“ von Hank Green widmet sich den Gefahren und der Macht von Verschwörungstheorien und sozialen Medien und der Frage, wie sinnvoll es ist, sich zwingend für eine Seite zu entscheiden und welche Konsequenzen dies nach sich ziehen kann.
Durch die Veröffentlichung ihres Videos wird April zur Fürsprecherin der mysteriösen Skulpturen und dem Glauben, ebenjene läuten eine neue, positive Ära ein. Schnell findet sich ein idealer Gegenkandidat, der die gegenteilige Meinung vertritt und schon bald darauf ist ein offener Diskurs nicht mehr möglich. Diskussionen über „Gut“ und „Böse“ werden laut, wobei natürlich jede Seite für sich beansprucht, zu Ersterer zu gehören.
Es fällt uns Menschen so viel leichter, uns in eine Abneigung gegen etwas reinzusteigern, als uns darauf zu einigen, dass es okay sein kann, unterschiedlicher Meinung zu sein.
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Als sich die Situation zuspitzt, reagieren einige Vertreter der verschiedenen Lager geradezu hysterisch, was sie zu gefährlichen Handlungen verleitet.
Wer aufmerksam liest, wird sich nicht nur an zahlreiche einschneidende Erlebnisse der letzten Jahre erinnern, die das Ergebnis allzu heftiger Diskussionen und dem Glauben an Verschwörungstheorien waren. Auch einige Parallelen zu aktuellen politischen Entwicklungen lassen sich finden und nicht nur einmal stellt man sich unweigerlich die Frage, wie man selbst in dieser Situation reagiert hätte.
Zudem wird immer wieder thematisiert, wie gefährlich es sein kann, wenn einem einzelnen Menschen zu viel Macht zugesprochen wird und welchen Schaden die Sucht nach Aufmerksamkeit und Anerkennung verursachen kann.
Darüber hinaus ist „The April Story“ eine äußerst ungewöhnliche Geschichte, die neben politisch-digitalen Themen unserer Zeit auch Science-Fiction und Mystery beinhaltet.
Der Roman ist sehr spannend und raffiniert geschrieben; Hank Green versteht es, seine Leser gelegentlich auf falsche Fährten zu führen, um sie letztlich doch komplett zu überraschen.
Ähnliches gilt für seine Protagonistin April, die abwechselnd sehr sympathisch und dann wieder sehr egoistisch wirkt, deren Beweggründe man manchmal nachvollziehen kann und die man manchmal am liebsten schütteln möchte.
Gelegentlich macht, insbesondere zu Beginn, die Handlung einige Zeitsprünge, wohingegen andere Abschnitte sehr langatmig sind. Gegen Ende hin werden einige Fragen aufgeworfen, die nicht alle beantwortet werden, jedoch untermauert dies das mysteriöse und rätselhafte Ende noch einmal.
Auch die kontinuierliche Spannung und die unterhaltsame Erzählweise bügeln etwaige Schwächen problemlos aus.
Unterm Strich ist „The April Story“ jedoch eine außergewöhnlich gute Studie über unser aktuelles Zeitgeschehen und unsere Art, mit Unbekanntem und Herausforderungen umzugehen und regt dazu an, über dies genauer nachzudenken. Sowohl für jüngere als auch für ältere Leser sehr empfehlenswert!
© Cover dtv Verlag
Wertung: 14/15 dpt
- Autor: Hank Green
- Titel: The April Story – Ein wirklich erstaunliches Ding
- Originaltitel: An Absolutely Remarkable Thing
- Übersetzer: Katarina Ganslandt
- Verlag: dtv Verlag
- Erschienen: 2024
- Einband: Paperback
- Seiten: 448
- ISBN: 978-3-423-74106-4
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