Christiane Dieckerhoff – Spreewaldgrab (Buch)


Von wegen Idylle

Die Trennung vom Vorgesetzten respektive Lebenspartner und ein Zusammenbruch mit Folgen. Da kann man schon mal auf Idee kommen, sich vom Ruhrgebiet in den vermeintlich idyllischen Spreewald versetzen zu lassen. Klaudia Wagner hat diesen Schritt gewagt, wobei sie schnell merkt, dass hier die Uhren anders ticken. Für Frauen bei der Polizei sowieso. Jedenfalls machen es ihr der Chef, kurz PH genannt, und die neuen Kollegen nicht leicht.

In einer Datsche entlang der Spree wird die Leiche eines Berliner Unternehmers gefunden. Er wurde erschossen, sein Haus mit einem Farbbeutel attackiert. Derartige Farbanschläge gab es in letzter Zeit auffallend oft. Man mag halt die Bonzen aus Berlin nicht, die die Datschen als Ferienhäuser nutzen, mit der Folge, dass diese oft leer stehen.

Erste Spuren führen zu der Witwe des Toten und deren Sohn. Dieser war mit seinem Vater und einer Mitarbeiterin namens Tanja Heise an einem umstrittenen Gutachten beteiligt, in dem es um die unterirdische Speicherung von CO2, das sogenannte Carbon Capture and Storage, kurz CCS, geht. Ein Dienstwagen, den Heise benutzt haben könnte, wurde am Tatort gesichtet, doch die Frau ist wie vom Erdboden verschwunden. Da zudem die Tatwaffe fehlt, setzt Wagner eine große Durchsuchung der Tatortumgebung durch. Die Schusswaffe bleibt unentdeckt, dafür finden die Ermittler eine weitere, alte Leiche in einer Grube.

Serienstart für Klaudia Wagner

Der Auftakt zu der inzwischen aus acht Romanen bestehenden Klaudia-Wagner-Reihe bietet gleichermaßen Stärken und Schwächen. Zu Beginn wird das Thema CCS angesprochen, was dann schnell wieder in Vergessenheit gerät. Immerhin findet sich hier eine Spur zu dem Täter der Farbbeutelattacken. Die Gelegenheit, das strittige Klima-Thema weiter zu vertiefen, wurde hingegen nicht genutzt. Stattdessen lernen wir Klaudia und ihre Kollegen kennen, die allesamt – sagen wir – gewöhnungsbedürftig sind. Klaudia ist schnell auf hundertachtzig und eckt gerne an, während die Kollegen sich ihr gegenüber alles andere als kollegial verhalten. Vor allem ihr Chef wirkt wie eine Karikatur eines Polizisten, seriöse Ermittlungsarbeit stellt man sich gemeinhin deutlich anders vor. Zudem werden private Probleme gleich mehrerer Figuren mehr als umfangreich ausgewalzt; womöglich ein Fest für Freunde von Skandinavien-Krimis.

Haben Sie NIWSAU gefunden?“
„NIWSAU?“
„Nicht identifiziertes weibliches Skelett, Alter unbekannt. Das ist meine persönliche Identifizierung. Ich finde, es klingt besser als 2013/05/21/1/WKU.

Der Spannungsbogen ist in Ordnung, lebt aber erst ab der Romanhälfte auf und wird so richtig packend im letzten Drittel. Dann gibt es einige Überraschungen und Aufklärungen zu den geschilderten Taten. Plötzlich gibt es „richtige“ Polizeiarbeit, sogar Action wird geboten. Der titelgebende Spreewald bildet zudem eine imposante Hintergrundkulisse, die wirkungsvoll beschrieben wird.

Alles in allem ein ordentlicher Auftakt, bei dem das Verhältnis zwischen Privatleben und Ermittlungsarbeit nicht jedem gefallen dürfte; zudem sind die Ermittler alle sehr schräg. Jedenfalls mag man sich nicht vorstellen wollen, dass sich echte Polizisten so verhalten. Dennoch sind gute Ansätze vorhanden, nicht zuletzt das überraschende Finale und dessen Hintergründe. „Luft nach oben“ ist reichlich vorhanden, aber für ein verregnetes Wochenende ist „Spreewaldgrab“ allemal gut geeignet.

  • Autorin: Christiane Dieckerhoff
  • Titel: Spreewaldgrab
  • Verlag: Ullstein
  • Umfang: 352 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Januar 2016
  • ISBN: 978-3-54828760-7
  • Produktseite

Wertung: 10/15 dpt

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