Sameena Jehanzeb – Brïn (Buch)


Jack the Ripper auf einer fernen, magischen Welt

© Sameena Jehanzeb

Nachdem mir das Buch „Frozen, Ghosted, Dead” von Sameena Jehanzeb gut gefiel, nahm ich mir von dem Buchmesse-Convent im letzten Herbst ihren Debut- Roman „Brïn“ mit. Das Buch wurde zuerst 2017 im kleinen Butze-Verlag, den es inzwischen nicht mehr gibt, veröffentlicht. 2021 brachte die Autorin den Roman als überarbeitete Neuauflage im Selfpublishing heraus

Jack und June kommen nach Brïn

Planet Erde, Groß-Britannien im Jahr 1888. Der Serienmörder Jack the Ripper bringt mehrere Frauen im Londoner East End um und entnimmt ihnen Organe. Auch Edana Zolana, spirituelles Oberhaupt des Planeten Brïn, wird während eines Besuchs in London ermordet. Ihre Wächterin Shi Kamika konnte sie nicht vor dem Attentat beschützen.

Beide Welten sind über magische Adern verbunden, denn Brïn benötigt die Erde als Kolonie. Von den Erdbewohnern unbemerkt, ziehen die Brïnae auf Terra, wie sie die Erde nennen, ihre Kinder auf. Doch nun, als mit dem Leben der Edana auch ihre besondere Magie langsam erlischt, kollabieren diese Verbindungen. Kamika kann so gerade noch durch eins der letzten Portale nach Brïn zurückkehren. Im Schlepptau hat sie Sofia, ein Zimmermädchen, das Zolana in ihren letzten Minuten beistand. Kamika glaubt, dass die Edana ihre Magie auf Sofia übertrug. Wodurch dieses 15-jährige Mädchen von der Erde des späten 19. Jahrhunderts zur neuen Edana von Brïn wird.

Meine Liebe, ich will nicht mit der Tür ins Haus fallen, doch unter diesen Umständen habe ich leider keine Wahl. Die Sache ist die: Du bist nicht mehr auf dem Planeten, auf dem Du geboren wurdest. Das dürfte ein ziemlich langer Heimweg werden. S. 71

Juno, eine junge Frau von der Erde des frühen 21. Jahrhunderts, stolpert auf der Suche nach ihrem Kater in eine Pfütze – und landet ebenfalls auf Brïn. Der Bibliothekar Bramas nimmt sie in seinem Haushalt auf und gibt sie als lang verschollene Nichte aus. Juno wird liebevoll umsorgt und stillt ihren Wissensdurst mit Büchern über ihre neue Heimat aus der Bibliothek. Schließlich darf sie an der Universität lernen. Auf Brïn lebt sie ein schöneres Leben als auf der Erde, wo sie früh ihren Lebensunterhalt erarbeiten musste und keine Zeit zum Lernen fand.

In der Nacht, als Juno auf Brïn  ankam, teilte sie mit Kamika eine Gewahrsamszelle. Die Wächterin war nach einem handgreiflichen Streit dort festgesetzt worden. Noch bevor die Terranerin erwacht, trennen sich ihre Wege wieder. Kamika ist Teil der Verteidigung des Planeten gegen die Skrae. Diese außerirdischen Wesen überwinden den schwächer werdenden Magieschild und greifen Brïn an. Die neue Edana Sofia muss den magischen Schutzschild erneuen, tut sich jedoch schwer damit, die Magie zu entdecken. Dazu benimmt sie sich respektlos und arrogant. Und auch in Brïns Hauptstadt Eydwall geht nun ein Mörder um, der Frauen tötet und ihnen Organe entnimmt.

Aller Gefahren zum Trotz werden Juno und Kamika Freundinnen und kommen sich immer näher. Bis zuerst die Skrae und schließlich auch der Ripper ihre Leben und ihr gerade entdecktes Glück bedrohen.

Spannende Mischung aus Thriller und Fantasy

Es ärgerte ihn maßlos, dass er diese niederträchtige Verräterin nicht sofort töten konnte. Keine hatte es mehr verdient als sie. Und warum wandte sich die Magie der Winde nicht von ihr ab? Jack konnte nur annehmen, dass die Quelle einen Plan verfolgte. Vielleicht war er dieser Plan. S. 175

Die Geschichten von Sameena Jehanzeb lassen sich zwar in das phantastische Genre, jedoch nur schwer in weitere Kategorien einordnen. Oder vereinen gleich mehrere Sub-Genres. „Frozen, Ghosted, Dead“ lässt sich als Mix aus Cyberpunk, Thriller und Romance beschreiben, „Brïn“ hingegen eher als eine Mischung aus Space-Fantasy, Krimi und Romance. Der Weltenbau von Brïn entspricht dem einer magisch aufgewerteten Erde. Sein Magiesystem geht aus den Elementen Feuer, Erde, Wind und Wasser hervor, was die Autorin anschaulich und ideenreich beschreibt. Für den Thriller-Plot dient die Historie um „Jack the Ripper“ als Grundlage. Jedoch kreierte Sameena Jehanzeb ihre ganz eigene Variante dieses Serienmörders und beschreibt seine Taten in gruseligen und blutigen Szenen. Nichts für schwache Nerven und mit einer Wendung, die es wirklich in sich hat.

Die Beziehung zweier starker Frauen glaubwürdig entwickelt

Dazu dachte sich die Autorin wieder eine faszinierende Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen aus. Juno und Kamika müssen zunächst innere Barrieren aus schlechten Erfahrungen überwinden, bevor sie endlich zueinander finden. Kamika gilt als umtriebige Frau mit einer Vorliebe für schnelllebige Beziehungen. Juno hingegen sucht eine beständige Partnerin, der sie auf Augenhöhe begegnet. Sameena Jehanzeb beschreibt die Liebe der beiden Protagonistinnen als glaubwürdige Beziehungsentwicklung mit Hindernissen.

Einerseits vorhersehbar, andererseits überraschend

Die Geschichte dreht sich um zwei interessante Rätsel. Erstens: Wer tötete Edana Zolana und übernahm ihre für Brïn existenzielle Magie? Zweitens: Wer ist der Serienmörder Jack? Die Ausgangssituation um die Edana zu Beginn der Geschichte war nicht gerade plausibel. Denn eine Person, die eine Magie wirkt, die für einen ganzen Planeten überlebenswichtig ist, sollte besser geschützt sein. Oder zumindest ein Backup-System für diese Magie zur Verfügung haben. Zwar wird um den Tod der Edana eine böse Überraschung aufgedeckt, trotzdem überzeugt die Auflösung dieses Handlungsstrangs nicht vollständig. Ein anderer Aspekt, der die zukünftige Edana betrifft, entwickelt sich zwar vorhersehbar, wird jedoch ansprechend und schlüssig gelöst. Eine krasse Überraschung erwartet Lesende bezüglich der Identität des Serienkillers. Hier ist Sameena Jehanzeb ein aufregendes Finale gelungen, dass dem eines hochwertigen Krimis in nichts nachsteht.

Fazit:

Die Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven erzählt, was ihr Dynamik verleiht. Überwiegend sind es personale Erzähler, vereinzelt Jack aus der Ich-Perspektive. Vor allem die Szenen der Ich-Erzählung sorgen für atmosphärisch dichte, gruselige Momente. Nach dem Finale folgt eine Nachbetrachtung der Ereignisse, womit die Autorin an die Szene aus dem Prolog anknüpft. Es wirkt so, als sollte dieser Teil unbedingt abgeschlossen werden, was eigentlich nicht nötig gewesen wäre.

Insgesamt verbindet der Roman „Brïn“ eine prickelnde Beziehungsgeschichte mit einem originellen, historischen Krimi-Plot, eingerahmt in einen faszinierend magischen Weltenbau. Das knapp 500 Seiten umfassende Buch liest sich trotz der Länge kurzweilig und spannend. Mit dem stilvoll gestalteten Cover, passenden Illustrationen im Inneren und hübschen Verzierungen auf den Seiten ist es einfach eine überzeugende Werbung für Bücher aus dem Selfpublishing.

  • Autorin: Sameena Jehanzeb
  • Titel: Brïn
  • Verlag: Selfpublishing/Nova MD
  • Erschienen: 01/2021
  • Einband: Klappenbroschur
  • Seiten: 492
  • ISBN: 978-3-96966-449-0
  • Sonstige Informationen:
  • Produktseite auf Sameena Jehanzebs Homepage

Wertung: 11/15 dpt


Schreibe einen Kommentar

Hinweis: Mit dem Absenden deines Kommentars werden Benutzername, E-Mail-Adresse sowie zur Vermeidung von Missbrauch für 7 Tage die dazugehörige IP-Adresse, die deinem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, in unserer Datenbank gespeichert. E-Mail-Adresse und die IP-Adresse werden selbstverständlich nicht veröffentlicht oder an Dritte weitergegeben. Du hast die Option, Kommentare für diesen Beitrag per E-Mail zu abonnieren - in diesem Fall erhältst du eine E-Mail, in der du das Abonnement bestätigen kannst. Mehr Informationen finden sich in unserer Datenschutzerklärung.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Beiträge

Du möchtest nichts mehr verpassen?
Abonniere unseren Newsletter!

Total
0
Share