Der Literaturpodcast „Autorinnen im Porträt“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, in jeder Episode eine Schriftstellerin in den Fokus zu rücken. Dabei schauen wir auf das Leben der Autorin und auf ihr Werk. Wer wir sind? Mariann Gáborfi und Sarah Teicher aus Leipzig.
Wir sind auch Redakteurinnen bei Booknerds.de und haben deshalb beschlossen, zu dem im März 2022 gegründeten Podcast eine begleitende Kolumne zu schreiben. (Alle Folgen der Kolumne im Überblick.) In diesem Beitrag geht es um die mitreißende Lyrik der Ingeborg Bachmann.
Es gibt Lyrik, die so kraftvoll ist, die so voller Klang steckt, dass man sich ihrer schwer entziehen kann. Immer wieder ist es für mich ein Genuss mich dieser Rätselhaftigkeit hinzugeben, die viele Gedichte in sich tragen. Es ist spannend sich zu fragen, warum manche Verse einen direkt ins Mark treffen, während einige über ihr Ziel hinausschießen oder den Spannungsbogen nicht halten können. Lyrik, deren sprachlicher Bogen mehr als kraftvoll und poetisch gespannt wird, ist in den Werken von Ingeborg Bachmann zu finden. Symphonisch lässt sie zwischen den einzelnen Versen tief blicken und nimmt ihre Leserschaft mit in ihre literarische Welt, die sie in ihrem kurzen Leben erschuf.
Im Sommer 1926 in Klagenfurt geboren, sind die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs für Ingeborg Bachmann noch deutlich spürbar. Den Einmarsch von Hitlers Truppen in Klagenfurt bezeichnete Bachmann einmal in ihrem Werk als einen erschütternden Moment. Zeitlebens kämpfte die Autorin engagiert für Gerechtigkeit und Freiheit. Ihr literarisches Erbe umfasst dabei Gedichte, Romane, Hörspiele sowie politische Reden.
In unserer aktuellen Folge gehen wir, neben ihrem Roman „Malina“ vor allem auf die Poesie Bachmanns ein. Bekannt wurde die Autorin auch durch ihre einzigartige Vortragsweise, die ich wärmstens empfehle, sich zu Gemüte zu führen. Literarische Wegbegleiter, wie Martin Walser, der Gruppe 47 beschreiben sie dabei in ihrer Vortragsweise als eine Stimme, „die Höhen und Tiefen hat, die für sich alleinstehen aber nicht zueinander finden“.
Zwar ist eines ihrer bekanntesten Werke „Die gestundete Zeit“, doch bei der Recherche ist mir vor allem ihr Werk „Alle Tage“ in Erinnerung geblieben, das mich voller Gedanken zurückgelassen hat. Es ist die Aktualität, mit welcher dieses,1952 veröffentlichte Gedicht, aufwartet, die mich auch nach mehrmaligen Lesen innehalten lässt. Einmal mehr versteht es Bachmann komplexen Themen, wie denen des Krieges und menschlichen Daseins, eine klare und bildhafte Sprache zuzuordnen, die den Lesenden direkt anspricht und bewegt. Zwar sind ihre Werke von einer großen Melancholie geprägt, doch ist es dann dieser leise Hoffnungsschimmer, der diese Melancholie umgarnt und sich in seinem dünnen Strahl sensibel unter jeden Vers schmiegt.
So macht es Spaß sich auf die poetische Reise dieser Autorin zu begeben, die man sich nicht nur wegen des jährlich stattfindenden Bachmann-Preises immer wieder in Erinnerung ruft, sondern vor allem wegen ihrer Poesie, die sich durch einmalige sprachliche Raffinesse auszeichnet. Es ist ihre wunderbar nahe Sprache, die nie abstrakt daherkommt, sondern immer am Alltag ihrer lyrischen Figuren haften bleibt ohne in Sentimentalitäten abzuschweifen. Das ist für mich nur einer der Gründe, warum die Lyrik Bachmanns auch fünfzig Jahre nach ihrem Tod so bedeutsam ist, denn ihre Stimme ist nach wie vor da und sie klingt und halt stärker nach denn je.
Im Februar gibt es direkt die nächste Kuolumne zu lesen und ihr dürft gespannt sein um welche Autorin es dann gehen wird. Um die Wartezeit so kurz wie möglich zu halten, könnt ihr gerne den bisher erschienen Folgen lauschen!
Eure Mariann
Immerhin 10 Originallesungen von ihr gibt es ja auch kostenfrei auf Lyrikline. Wobei ich den Vortragsstil dort eher monoton finde.