Der ungelöste Fall der Agatha Christie


Der Literaturpodcast „Autorinnen im Porträt“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, in jeder Episode eine Schriftstellerin in den Fokus zu rücken. Dabei schauen wir auf das Leben der Autorin und auf ihr Werk. Wer wir sind? Mariann Gáborfi und Sarah Teicher aus Leipzig.
Wir sind auch Redakteurinnen bei Booknerds.de und haben deshalb beschlossen, zu dem im März 2022 gegründeten Podcast eine begleitende Kolumne zu schreiben. (Alle Folgen der Kolumne im Überblick.) Diesmal widmet sich Mariann der bekanntesten Krimiautorin des 20. Jahrhunderts und spekuliert, was es mit dem elftägigen Verschwinden der Agatha Christie auf sich haben könnte.

Nach der Arbeit schnell Wäsche waschen, irgendwas zu essen kochen, dann noch einmal flink an den Schreibtisch und die Mails beantworten, die heute noch raus müssen.

Die hier beschriebenen Aufgaben lassen sich, je nach den persönlichen Lebensumständen, abändern. Was sie eint, ist, dass man sich ihrer nicht entziehen kann, denn sie müssen eben erledigt werden. Ist der Gedanke da nicht reizvoll, sich einfach mal in Luft aufzulösen, auch wenn es nur für elf Tage ist, um diesem enervierenden Trott für eine kurze Zeit zu entgehen?

Die Autorin Agatha Christie war diese elf Tage verschwunden. Ob sie unliebsame Gedanken umkreisten, lässt sich nur vermuten. Möglich wäre es, denn es gibt genug Anzeichen, die daraufhin deuten, dass auch die erfolgreichste Krimiautorinn des 20. Jahrhunderts, im Jahr 1926 eine Auszeit brauchte. In diesem Jahr beichtet ihr damaliger Mann ihr seine Affäre. Christie ist zu diesem Zeitpunkt 36 Jahre alt und dabei ihren siebenten Roman “Der Mord an Roger Ackroyd” zu vollenden. Es ist das Werk, das ihr zum Durchbruch verhelfen sollte.

Ihr wollt mehr über die erfolgreichste Krimiautorin unserer Zeit erfahren? Hört hier die Podcastfolge vom 09.12. 2022

Auch Vermutungen, dass Christies Verschwinden als eine Art PR-Aktion initiiert war, ist nicht abwegig. Immerhin wurde ihr Auto, ein Morris Cowley, nahe eines Sees gefunden, in welchem sich ab und an verzweifelte junge Damen ertränken. Das verursachte einen riesigen Medienrummel. Als das Auto gefunden wird, brennen noch die Scheinwerfer und man beherbergt die Tasche Christies, sowie einen abgelaufenen Führerschein. Führt man sich diese Beschreibungen vor Augen, entspinnt sich sofort ein Tatort, der denen aus Christies Romanen entlehnt sein könnte. Eine Fahndung wird eingeleitet, denn ein Verbrechen ist nicht auszuschließen, nur um nach 11 Tagen festzustellen, dass Agatha Christie genauso plötzlich, wie sie verschwunden war, im 400 km weiter entfernten Kurort Harrogate, wieder auftaucht und sich bester Gesundheit erfreut.

Auch hier lässt sich eines ihrer Markenzeichen wiederfinden, der sogenannte „red herring“. Dieses Stilmittel ist prägend für Christies Krimis, da es die falsche Fährte bezeichnet, auf die die Autorin ihre Leserschaft zu gerne schickt. Warum diese Irreführung also nicht auch auf ihre eigene Geschichte anwenden? Auch dass sie danach angibt, an einer Art Amnesie zu leiden, die sie vergessen lässt, was sich in den elf Tagen zugetragen hat, unterstreicht die These, dass hier absichtlich ein Fall kreiert wurde, wo keiner war und so bleibt die Frage nach ihrem Verbleib offen. Christie hielt sich zu diesem Vorfall bis zu ihrem Tod 1976, bedeckt und so schafft es die „Dutches of Death“ bis heute, nicht nur in ihren 66 Kriminalromanen, die Spannung zu halten, sondern auch ihr eigenes Mysterium zu schaffen, über das man nur zu gerne spekuliert und so die eine oder andere To-do-Liste gerne beiseiteschiebt, um sich diesem ganz besonderen Fall zu widmen, der für die Nachwelt für immer ungeklärt bleiben wird.

In der nächsten Kolumne wird euch Sarah wieder von einer unserer Autorinnen und deren Schaffen berichten. Bis dahin wünsche ich euch wenig To-dos und viel Zeit für spannende Literatur!

Eure Mariann


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