Crawlers – Angriff der Killerwürmery (Film, DVD/BluRay)


Tier-Horror, gerne auch “Creature Feature” genannt, ist ein verlässlicher Begleiter durchs Kino-Jahrhundert. Ob in natürlicher Form oder als Mutationen, gerne werden Säugetiere, Arachnoiden, Fische, Amphibien, selbst Schnecken hervorgekramt, um ein gruselwilliges Publikum in Angst und Schrecken zu versetzen. Neuer Zuwachs ist ein Bär auf Koks.

Mitunter müssen es Würmer richten. “Squirm, Invasion der Bestien” (1976) ist ein früher Vertreter, seit 1990 verwüsten “Tremors” amerikanische Landstriche. Recht deutlich inspiriert von den Sandwürmern aus Frank Herberts “Dune”-Saga, sorgten die hierzulande “Raketenwürmer” genannten Wesen bereits siebenmal für Bevölkerungsschwund.

Die Helminthen aus “Crawlers – Angriff der Killerwürmer” (die eigentlich mehr Ähnlichkeit mit grob modellierten Raupen besitzen) sind entfernte Verwandte der Raketenwürmer. Nicht so groß, dafür mit Giftstachel versehen, sind sie ähnlich gefährlich. Und werden während diverser Erderschütterungen an die Oberfläche transportiert. Erst fingerlang, kommen bald ausgewachsene Exemplare von rund einem Meter angekrochen, um Unheil anzurichten.

Doch keine Stadtschlacht ist angesagt, nicht einmal eine gehobene Wüstenschlägerei, das Team von “Crawlers – Angriff der Killerwürmer” hat sich für ein Kammerspiel entschieden. Ein erfrischend anderer Ansatz, der aber aufgrund inszenatorischer, darstellerischer und inhaltlicher Ungeschicke, unter Wert verkauft wird. Das Design der Kreaturen lädt obendrein kaum zum Fürchten ein. Wenn sie nicht gerade Rumschleimen und viele Zahnreihen zeigen, sehen die “Killerwürmer” aus wie ungepflegte Bettwürste. Das ist keine Hommage an Rosa von Praunheim.

Der junge Polizist Danny (nur echt mit übergroßer Kassenbrille) ist gerade bei seinem versoffenen Onkel Bill (der größte Name im Portfolio: Michael Paré), als dieser nach einem Erdbeben von einem wurmähnlichen Getier fies gestochen wird. Nach einem ermüdenden Geplänkel mit On/Off-Freundin Gwen (scheint mit Danny, trotz Beziehungskrise, das Partner-Angebot, zwei Brillengestelle zum Preis von einem zu kaufen, begeistert angenommen zu haben), bringt diese den eingefangenen Wurm zur wissenschaftlichen Untersuchung, wo Doktorin Wu feststellt, dass das Gift des kleinen Krabblers erst böse Halluzinationen, dann schwere neurologische Schäden bis hin zum Tod verursacht, weswegen schnellstens ein Gegenmittel injiziert werden muss. Das ließe sich zügig herstellen, doch dummerweise fällt Frau Doktor dem mittlerweile deutlich gewachsenen Wurmfortsatz zum Opfer.

Irgendwie spielt dieser Handlungsstrang aber keine Rolle, denn später wird Danny nach diversen Bissen zwar milde halluzinieren, doch der Tod stellt sich auch nach Stunden nicht ein. Neurologisch war vorher schon einiges im Argen. Das Heilmittel muss schließlich nicht einmal hergestellt werden, es ist einfach da.

Gwen, Wurmbeobachterin.

Zuvor müssen die Beteiligten weitere Erdstöße über sich ergehen lassen. Keine gute Idee, sich während der seismischen Hyperaktivität in einer maroden Garage unter ein zu reparierendes Auto zu legen. Danny und Bill ist es egal. Der Wagen kracht von den Böcken, Dannys Beine werden eingeklemmt. Zwar zeigen die Kameraeinstellungen deutlich, dass ausreichend Platz zwischen Beinen und Bodenblech ist, aber wir nehmen den Kampf um Hilfsmittel, Zeit, Familienverhältnisse und gegen vereinzelt eindringende Killerwürmer mäßig aufgeregt zur Kenntnis.

Natürlich ist der Smartphone-Akku bei 3%, der Empfang schlecht und Nachrichten gehen auch nicht raus. Als dann doch der Sheriff vorbeikommt, fällt Danny passend in Ohnmacht. Was in “Crawlers” durchgängig sehr schnell passiert. Kopf stoßen mit zehn Zentimeter Abstand: Ohnmacht; Auto plumpst aufs Bein, naja fast: Ohnmacht. In dem krisengeschüttelten Wüstenkaff scheint Bewusstseinsverlust ein beliebter Sport zu sein.

Die Suchaktion des Sheriffs bleibt erfolglos. Wer käme auch auf die Idee, einen Blick in die blockierte Garage zu werfen, wenn ein kurzer Gang übers Gelände ausreichend scheint. Danny bleibt vorerst allein und muss sich bösartiger Wurmattacken erwehren, während er gleichzeitig versucht, seinem selbst gewählten Gefängnis zu entkommen. Glücklicherweise schaltet sich Gwen irgendwann in die Rettungsaktion ein. Ist nicht schwer zu erraten, wie das Filmchen ausgeht.

Wäre “Crawlers – Angriff der Killerwürmer” eine Schularbeit, bekäme diese das ungeliebte Fazit: Der Schüler hat sich bemüht. Schon zu Beginn läuft es verquer. Die krisseligen Eröffnungscredits verheißen Grindhouse-Atmosphäre, doch kommt der Film über sterile Fernsehästhetik nicht hinaus. Der Opener mit kleinem Schockeffekt, der sich alsbald als Traum Dannys entpuppt, steht in keinem Zusammenhang zum Rest des Films und verpufft wirkungslos. Die Dialoge sind zäh, geschwätzig und einfältig. Oder geradezu surrealistisch: “Was bedeutet das denn?” “Dass Du entscheiden musst, ob Du wirklich der Mensch sein willst, den Du im Spiegel siehst.” Gwen ist eine ganz Kluge. Und hat Probleme damit, dass Danny Polizist ist. In einem Wüstenkaff. Sie mag wahrscheinlich keine Gemütlichkeit. Die Ursache des Konflikts bleibt im Dunkel nebulöser Andeutungen verborgen.

Der leider nicht einsame Höhepunkt verbalen Austauschs: Danny erreicht endlich in höchster Bedrängnis seine Mutter, das Smartphone ist kurz vorm Erliegen, simultan zu Danny. Trotzdem müssen erst umständlich Beziehungsgeflechte entwirrt werden. Notrufe sehen anders aus, besonders wenn sie von eigentlich geschulten Menschen abgesetzt werden.

Doch Danny ist bloß geschult darin, sich nähernde Riesenwürmer zu übersehen. Die können zehn Zentimeter sabbernd über ihm hängen (wie kommen die eigentlich Wände hoch?), doch er guckt treu in der Weltgeschichte herum. Später gibt es einen Schusswaffen-Overkill, was ebenfalls keine smarte Idee ist, wenn man knapp an Munition ist.

Danny ist halt nicht der Hellste, auch wenn die große Brille anderes zu behaupten scheint. Trotzdem zieht sich Joseph Almani als narkoleptischer Antiheld darstellerisch noch halbwegs achtbar aus der Affäre. Michael Paré agiert im Schlafwandelmodus und wünscht sich vermutlich, er hätte so viel intus wie seine Figur Bill. Schwer erträglich ist Karlee Andersen als schmolllippige Gwen, die chargierend selbst Maria “Godzilla” Pitillo auf die Plätze verweist. Und das will was heißen. Off Topic: Pitillo hat die Showbühne wohlweislich vor Jahren verlassen.

Die restliche Darstellerriege ist anwesend und weiß zumindest lebendiger auszusehen als die vergleichbare Dorfbevölkerung in Bill Rebane-Filmen. Der Hund aus “Das Grauen um Ludlow” am Rande eines lokalen Tanz-Events schauspielert allerdings besser.

Trotz – vielleicht auch wegen – aller Mankos besitzt “Crawlers” bescheidenen Unterhaltungswert. Gönnt man sich für jeden Fehler und Unfug einen Mescal, könnte sogar ein feuchtfröhlicher Abend draus werden. Zumindest ein Teil davon, denn der Horror um Kassengestelle und madige Würmer dauert ohne Vor- und Abspann nur knapp achtzig Minuten. Erwartet man aber Spannung, Blut und Humor ist man bei “Crawlers – Angriff der Killerwürmer” eher in Godots Dimension gefangen.

Ausgeschleimt

Cover+ Bilder  © Plaion Pictures

  • Titel: Crawlers – Angriff der Killerwürmer
  • Originaltitel: They Crawl Beneath
  • Produktionsland und -jahr: USA, 2022
  • Genre: Tier-Horror, Creature Feature
  • Erschienen: 27.04.23
  • Label: Plaion
  • Spielzeit:
    84 Minuten auf 1 DVD
    87 Minuten auf 1 Blu-Ray
  • Darsteller: Joseph Almani
    Karlee Eldridge
    Michael Paré
    Brian DeRozan
    Natalia Bilbao
  • Regie: Dale Fabrigar
  • Drehbuch: Tricia Aurand
  • Kamera: John Lazear
    Mariscela Beatriz Mendez
  • Schnitt: Jeremy M. Inman
  • Musik: Oliver Goodwill
  • Extras Trailer
  • Technische Details (DVD)
    Video:
    2.39:1 (16:9)
    Sprachen/Ton:
    Deutsch, Englisch, Dolby-Digital 5.1
    Untertitel:
    Deutsch
  • Technische Details (Blu-Ray)
    Video:
    2.39:1 (16:9)
    Sprachen/Ton:
    Deutsch, Englisch, DTS-HD Master Audio 5.1
  • Untertitel: Deutsch
  • FSK: 16
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeit


Wertung: 6/15 dpt

 


1 Kommentar
  1. Hallo Jochen, vielen Dank für diese wunderbare,ironische und doch fundierte Kritik. Ich lese schon länger mit großer Begeisterung die Beiträge auf booknerds, bin aber etwas schreibfaul 😉 Deine Kritik zu Crawlers- Angriff der Killerwürmer hat mich echt zum Schmunzeln gebracht. Auch ich bin ein Fan von Creature Feature und kann dabei herrlich entspannen. Ebenso bin ich ein großer Fan der SchleFaZ Reihe von Oliver Kalkofe und Peter Rütten im TV. Du könntest locker neben den Beiden Platz nehmen. Kompliment👍 Weiter so und ich freue mich auf die nächste Rezension. Grüße aus dem Saarland. Winfried

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