Susanne Kristek – Die nächste Depperte (Buch)


Charmante Insiderplaudereien aus dem Literaturbetrieb

Ich gebe zu: Mich verführte der Covertitel zur Lektüre: „Die nächste Depperte. Von einer, die auszog, um Autorin zu werden.“

Als Autorin fühlte ich mich sofort angesprochen und erwartete, dass mir Susanne Kristek mit ihrer autofiktionalen Erzählung einen Spiegel zum eigenen Erleben vorhalten würde. Fazit vorab: Genau dieses Versprechen löst sie ein.

Im charmanten Plauderton berichtet Kristek von ihren Erfahrungen als Neuling im Literaturbetrieb. Gleich zu Beginn räumt sie mit dem vermutlich häufigsten Anfängerirrtum auf, die größte Schwierigkeit läge darin, einen Verlag für das eigene Buch zu finden. Diese Hürde hat Kristek erfolgreich genommen, um anschließend festzustellen, damit eigentlich noch gar nichts gewonnen zu haben.

Eine Autorin zu werden ist nichts im Vergleich dazu eine Autorin zu sein, Sichtbarkeit zu erlangen, bei über 69.000 Neuerscheinungen, die in jedem Jahr hinzukommen.

Susanne Kristek ist zu jeder Zeit eine ebenso sympathische wie nahbare Protagonistin. Völlig uneitel und zugleich auch sehr humorvoll schildert sie ihre Erlebnisse, die größtenteils eine Aneinanderreihung von Fehlschlägen und Desillusionierungen darstellen.

Kristek bleibt stets ihrem Alltag verhaftet. Sie beschwört weder das Klischee vom einsamen Genie noch entwirft sie das Ideal vom unverstandenen Künstler im Elfenbeinturm. Auf Augenhöhe mit ihren Leidens- bzw. Erlebnisgenoss:innen beschreibt sie ihre meist vergeblichen Versuche, das eigene Buch unters Lesevolk zu bringen.  Dabei setzt sie auf Marketing und originelle Ideen. Auf persönliches Engagement. Auch die Familie muss für ihren Traum vom Erfolg herhalten. Neben der Zeit, die Kristek investiert, ist auch der finanzielle Rückhalt durch ihren Partner nicht unwesentlich. Ein Buch zu schreiben und zu promoten ist in den meisten Fällen ein absolut ineffektives Verlustgeschäft.

Neulinge im Literaturbetrieb werden ihre ungeschönten Schilderungen  als Augenöffner empfinden, ältere Hasen werden sich bestätigt fühlen. Aber egal, ob man von außen auf die Literatur-Szene blickt oder ein Teil derselben ist, Kristek beschert allen Leser:innen gleichermaßen kurzweilige Unterhaltung.

Über die Satire hinaus zeigt sie jedoch auch worauf es ankommt, wie wichtig es ist, Beziehungen zu knüpfen, sich zu vernetzen, sich gegenseitig Mut zuzusprechen, um die Motivation nicht zu verlieren.

Fun Fact: Viele der im Buch auftretenden prominenten Protagonisten (z.B. Elke Heidenreich, Martina Parker, Petra Hartlieb) haben tatsächlich zu Kristeks Werdegang beigetragen und kommen auf dem Klappentext selbst zu Wort.

Bei aller selbstironischen Munterkeit, die das Buch verbreitet, hätte ich mir allerdings noch ein wenig mehr informative Details über die negativen Seiten des Geschäfts gewünscht.

Zum Beispiel etwas über die Risiken, die in Form von Druckkostenverlagen auf naive Anfänger lauern. Über die zweifelhaften Methoden beim Rezensionshandel. Über die unsägliche Praxis im Veranstaltungsmarkt, unbezahlte Lesungen von Autor:innen zu fordern. Über die Altersdiskriminierung bei den Ausschreibungen von Literaturwettbewerben und Stipendien.

Aber: Kristeks Buch ist vor allem ein Unterhaltungsroman und kein Sachbuch und damit ist der Hinweis auf ausgelassene Inhalte nur eine persönliche Randnotiz.

Alles in allem: Die Lektüre bereitet großen Spaß! Probiert es aus!

  • Autorin: Susanne Kristek
  • Titel:  Die nächste Depperte
  • Verlag:  Gmeiner Verlag
  • Erschienen:  Januar 2023
  • Einband:  Paperback
  • Seiten: 300 Seiten
  • ISBN:  978-3839204047


Wertung: 11/15 dpt


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