Der schlimmste Mensch der Welt – Film (DVD)


„Der schlimmste Mensch der Welt“ ist ein norwegischer Film von Joachim Trier, der im Juni 2022 in die deutschen Kinos kam und seit einiger Zeit auch auf DVD und Blu-Ray fürs Heimkino verfügbar ist.

© plaion pictures

Der Film erzählt von Julie (Renate Reinsve), einer Frau Anfang 30, die in Oslo lebt. Nach einem abgebrochenen Studium der Psychologie ist sie nun Fotografin und jobbt nebenbei in einem Buchladen, später veröffentlicht sie als Journalistin und arbeitet an einem Filmset. Die Handlung erstreckt sich über mehrere Jahre und Julie probiert Vieles. Insgesamt liegt der Fokus der Handlung aber auf Julies Liebesbeziehungen und die Entscheidungen, die sie damit einhergehend für ihr Leben trifft. Der Film ist unterteilt in 12 Kapitel plus Prolog und Epilog, was sehr gut zum literarischen, ruhigen Erzählton passt.

Julie trifft den Comiczeichner Aksel (Anders Danielsen Lie) in einer Bar, die beiden verlieben sich und ziehen schon bald zusammen. Aksel ist zehn Jahre älter, woraufhin sich unweigerlich die Frage stellt: Wird das gutgehen? Das Thema Kinder schwebt über beiden, was für Julie aber kein Problem ist – sie hat es damit nicht eilig und genießt jede Minute mit Aksel, der mit seinem provokanten Comic immer erfolgreicher wird.
Bei einer Comic-Releaseparty mit Signierstunde langweilt sich Julie, während Aksel die Aufmerksamkeit genießt. Sie verabschiedet sich vorzeitig nach Hause und schleicht sich auf dem Heimweg neugierig in eine Hochzeitsfeier ein. Sie mischt sich unter die Unbekannten und kommt mit Eivind (Herbert Nordrum) ins Gespräch. Die beiden verbringen auf der Feier eine gemeinsame Nacht – ohne ihre jeweiligen Partner zu betrügen. Eine originelle Idee und zauberhaft umgesetzt! Die beiden trennen sich im Morgengrauen, ohne Kontaktdaten auszutauschen. Und dennoch wird ihre Begegnung Folgen haben …

Julie und Eivind (Herbert Nordrum) erleben eine magische Nacht. © plaion pictures

Was wäre, wenn …?
„Was wäre, wenn …?“ ist die zentrale Frage des Films. Julie wird täglich vor Entscheidungen gestellt und immer spukt parallel eine Version der Variante herum. Filmisch wird dies aber nicht schwer verdaulich als existenzielle Krise verdeutlicht, sondern als eine Vielzahl an Möglichkeiten und deren Entscheidungen dafür oder dagegen, die die quirlige Julie eben einfach für sich trifft. Sie liebt Aksel, liebt ihn aber auch nicht. Wird sie ihn also verlassen?

Julie und Aksel (Anders Danielsen Lie) © plaion pictures

Eine der eindrucksvollsten Szenen hat es auf das Cover der DVD geschafft: Julie steht mit Aksel morgens in der gemeinsamen Küche, er gießt ihr Kaffee ein und spricht mit ihr. Plötzlich steht die Zeit still – nur Julie nicht. Sie sprintet durch das malerische Oslo in der Morgensonne, während die Welt um sie eingefroren ist, hin zu Eivind. Erst als sie nach einem Kuss mit ihm wieder zurück in der Küche bei Aksel ist, läuft die Zeit weiter. Magischer kann man einen „Was wäre, wenn ..?“-Moment wohl nicht erzählen.

Der Film war 2022 für zwei Oscars nominiert: bester internationaler Film und bestes Originaldrehbuch. Der Hauptdarstellerin Renate Reinsve wurde 2022 bei den Filmfestspielen in Cannes der Preis als beste Schauspielerin verliehen – was für sie eine unbeschreibliche Ehre bedeutet, wie sie im Interview (DVD-Bonusmaterial) verrät. Tatsächlich klingt die Entstehungsgeschichte wie ein Märchen: Regisseur Joachim Trier schrieb ihr die Rolle auf den Leib und rief sie mit diesem Angebot in petto an, nachdem die Schauspielerin einen Tag vorher beschlossen hatte, ihren Beruf an den Nagel zu hängen. Der Grund? Sie bekam einfach zu wenige Angebote, die sie wirklich interessierten, eine Hauptrolle war bisher nie dabei.

Renate Reinsve als Julie © plaion pictures

Dass Renate Reinsve nicht nur eine mitreißende Schauspielerin ist, die jeder Szene eine mühelose Leichtigkeit schenkt und einen von Sekunde eins völlig in Bann zieht, beweist sie im Interview, das im DVD-Bonusmaterial zu finden ist: Bescheiden und glücklich erzählt sie von den Dreharbeiten und dass sie bei der Filmvorführung in Cannes befürchtete, mit ihrer Darbietung den Film verpfuscht zu haben. Ein ganzes Jahr bereitete sie sich auf ihre Rolle vor, in dem kein Tag ohne ein Blick ins Drehbuch verging, wie sie mit einem verschmitzten Lächeln gesteht. Eine talentierte und sympathische Person, von der wir hoffentlich noch viel mehr auf der Kinoleinwand zu sehen bekommen!

Der Film stellt viele Fragen, die der Titel auf den Punkt bringt: Ist Julie „Der schlimmste Mensch der Welt“, einfach weil sie ihre Entscheidungen trifft, wie sie sie eben trifft? Oder sogar, WEIL sie ihre Entscheidungen trifft und Konsequenzen in Kauf nimmt? Zumindest ist sie ein Mensch, der das Leben nicht einfach an sich vorbeiziehen lässt. Ist daran etwas falsch? Das alles sind Fragen, die der Film nicht explizit beantwortet, denn hier sind die Zuschauerinnen und Zuschauer gefragt. Nicht zuletzt dass keine Lösungen präsentiert werden, macht den Film kurzweilig, sodass die 128 Minuten ohne einen Blick auf die Uhr vergehen. Der Vergleich auf dem DVD-Cover mit dem Film „Der Rausch“ (mit Mads Mikkelsen, 2020) hinkt allerdings bis auf zwei Parallelen: Beide Filme sind sehenswert und beide kommen aus Skandinavien …

„Der schlimmste Mensch der Welt“ sei all jenen ans Herz gelegt, die ruhig erzählte Filme mit surrealen Exkursen mögen und authentische Dialoge in Beziehungsgeschichten schätzen. Und auch wenn Millenial-Frauen sich mit Julie wohl am ehesten identifizieren können, lädt der Film alle ein, mitzufühlen.

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    • Titel: Der schlimmste Mensch der Welt
    • Originaltitel: Verdens verste menneske
    • Produktionsland und -jahr: Norwegen, 2021
    • Genre: romantische Komödie
      Drama
    • Erschienen: 25.08.2022
    • Label: Plaion Pictures
    • Spielzeit: 128 Minuten
    • Darsteller: Renate Reinsve
      Anders Danielsen Lie

      Herbert Nordrum
      u.a.
    • Regie: Joachim Trier
    • Drehbuch: Joachim Trier
      Eskil Vogt
    • Kamera: Kasper Tuxen
    • Schnitt: Olivier Bugge Coutté
    • Musik: Ola Fløttum
    • FSK: 12
    • Technische Details (DVD): Sound System DTS-HD Master Audio 5.1, Region Code B, 1 x DVD
    • Video: Bildverhältnis 16:9
    • Audio: Deutsch, Norwegisch
    • Untertitel: Deutsch
    • Extras: Interview mit Renate Reinsve, Joachim Trier, Anders Danielsen Lie u. Renate Reinsve beim New York Film Festival, Cannes-Interviews, Trailer
    • Sonstige Informationen:
      Produktseite 


Wertung: 13/15 dpt


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