Halloween Ends (Film, Blu-Ray)


Das soll es also gewesen sein mit der langwährenden Saga um die wehrhafte Ex-Babysitterin Laurie Strode und ihren ewigen Widersacher Michael Myers aka “The Shape”?

Die Chancen standen nicht schlecht, dass David Robson Green nach dem brutal verkorksten “Halloween Kills” an den gediegenen (und sehr erfolgreichen) Auftakt der Trilogie “Halloween” (2018) anschließen würde. Denn dieses “ein Mob sieht rot und macht Jagd auf Michael Myers”-Debakel konnte schwerlich unterboten werden (man drückte Michael die Daumen, dass er die hysterischen Wutbürger zumindest stark dezimieren würde. Okay, check). Doch Robson Green, der sich in den Extras zur vorliegenden Blu Ray enthusiastisch als Halloween-Aficionado darstellt, gelingt es, mit drei Co-Autoren, ein deprimierendes Fiasko zu fabrizieren. Zu dem Vater und Sohn Carpenter immerhin den stimmigen Soundtrack beisteuern.

“Halloween Ends” bietet an entscheidenden Stellen zu wenig und an anderen zu viel. Der Festtag des großen Kürbis, das Trick or Treat spielen bis auf die Eingangssequenz kaum eine Rolle. Laurie ist eine exponierte Nebenfigur, die aus dem Off Binsenweisheiten über die Natur des Bösen von sich geben darf. Die flauen Aussagen entstammen einem Manuskript, in dem sie ihre Historie aufarbeitet. Nietzsche und sein zurückblickender Abgrund stehen bei Fuß. Michael selbst bekommt erst in der Schlussphase etwas zu tun. Und selbst da ist “The Shape” nur ein müder Schatten seiner selbst.

Dafür rückt mit Corey ein neuer Protagonist in den Focus, der sowohl Lauries Enkelin Allyson wie Michael Myers ins Auge fällt. “Halloween Ends” ist weit über die Hälfte seiner Laufzeit eine solide gefilmte Mixtur aus Psychodrama, dysfunktionaler Beziehungsgeschichte und oberflächlicher Reflexion über das Böse, inklusive befremdlichem Mobbing-Part. Wobei Haddonfield nicht Twin Peaks ist. Nicht einmal ein Vorort.

Im Folgenden wird es einige Spoiler geben, was ziemlich egal ist, da “Halloween Ends” wie vom Reißbrett entwickelt wirkt. Überraschungen und Schreckensmomente sind Mangelware.

Der introvertierte Corey verdingt sich 2019 als Babysitter (netter Verweis aufs Original) und wird das Opfer eines Halloween-Streichs. Die kleine Nervensäge Jeremy, auf die er aufpassen soll, sperrt ihn auf dem Speicher ein, Corey gerät in Panik (warum auch immer, er hat Licht und der Raum ist groß) und bricht die Tür auf. Gleichzeitig kehren Jeremys Eltern zurück und müssen mit ansehen, wie der Junge durchs Treppenhaus in den Tod stürzt. Corey kommt derweil mit einem Messer in der Hand ins Bild. Ihr merkt schon: Hier werden kommende Ereignisse vorbereitet.

Geschickt bleibt offen, ob Jeremy durch Coreys Ungeschick, mit Absicht oder ganz ohne Zutun seines Babysitters das Zeitliche gesegnet hat. Corey kommt vor Gericht und wird freigesprochen, gilt aber, wie sollte es anders sein, in Haddonfield als Kindermörder.

Knapp drei Jahre später steht Laurie Strode ihm bei, als er von vier Jugendlichen bedrängt wird. Sie findet den schüchternen Jungen sympathisch und hat Mitleid mit ihm, da sie seine Rolle als Geächteter nachvollziehen kann. Seltsamerweise steht Laurie selbst auf der schwarzen Liste des Ortes, wird ihre bloße Existenz doch als Anlass für Michael Myers Erscheinen gedeutet. Klassische Opfer-Täter-Umkehr, die sich allerdings in Coreys Fall bestätigen wird. Um die Darbietung schaler Vorurteile ist David Robson Greens Trilogie nie verlegen.

Zunächst klappt es mit der Annäherung zwischen Allyson und Corey. Wobei die Anziehungskraft der beiden verlorenen Seelen eher behauptet als spürbar gemacht wird. Doch bald wird Laurie klar, dass mit Corey etwas nicht stimmt. Sie erkennt das Glimmen des Abgrunds in seinen Augen. Als angehende Fachbuchautorin ist Laurie mitten in ihrem Metier. Heißt, sie schreibt ihre Memoiren nieder und macht sich Gedanken über “das Böse”, das wie ein Virus um sich greift. Soll tiefgründig wirken, bleibt aber banal.

Laurie hat Corey im zweiten Anlauf korrekt eingeschätzt. Nach einer weiteren Attacke seiner Bullies, die ihn kopfüber über ein Brückengeländer schicken (kleiner Bogen zum Anfang des Films) wird Corey vom entkräfteten Michael Myers in die Kanalisation gezogen. Dort hat der gebeutelte Maskenmann die letzten vier Jahre, nach seinem Entkommen vor der tobenden Meute, verbracht und sich ab und an Opfer ins feuchte Verließ gezogen. In Corey erkennt Michael jedoch einen Gleichgesinnten, spielt “it’s looking at you kid” mit ihm und entlässt ihn in die düstere Gegenwart. Kurz darauf rührt Corey die Blutsuppe an.

Nach einigen Opfern am Wegesrand nähert er sich Laurie. Allyson erkennt derweil, dass sie falsch lag mit ihren aufgewühlten Gefühlen und schlägt sich auf die Seite ihrer Großmutter. Das bekommt dem jungen Liebhaber und Killer nicht, zudem Michael Myers auch wieder mitmischt. Zwar ein wenig durchs Morden und Coreys Engagement aufgepäppelt, aber immer noch nicht ganz bei Kräften, metzelt er sich zum Showdown mit seiner alten Widersacherin Laurie voran. Wer das letzte Rumgebalge gewinnt, wird nicht verraten.

“Halloween Ends” hätte ein furioses Finale werden können, stattdessen bekommen wir den unausgegorenen Auftakt einer möglichen Staffelübergabe präsentiert, die aber auf ruppige wie beiläufige Art scheitert.

Viel zu oft wirkt der Film, als basiere er auf einem Drehbuch, in dem der Halloween-Background überhaupt keine Rolle spielt und nachträglich übergestülpt wurde. Zu lange dreht sich alles um Coreys Leidensweg, die verzweifelte Liebesgeschichte mit Allyson, die mit einem Antiklimax endet und seinem Sündenfall. Das hätte für ein eigenes Melodram mit Horror-Anteil gereicht. Als “Halloween”-Resümee scheitert es.

Trademarks werden achtlos beiseite gewischt. Coreys Morden folgt einer mageren “Death Wish”-Philosophie. Der mythische Mr. Myers mordete ohne besondere Vorlieben und -gaben. Diese Willkürlichkeit machte ihn so unberechenbar und bedrohlich.

Dieselbe Laurie Strode, die sich 2018 bis ins Wahnhafte 40 Jahre lang auf Michaels Rückkehr vorbereite hatet, während dieser überprüfbar in Sicherheitsverwahrung saß, arbeitet jetzt entspannt im häuslichen Büro, kümmert sich sorgenvoll um Enkelin Allyson und muss nur mit den Anfeindungen ihrer Mitbürger klarkommen. Während Michael wenige Straßen entfernt in den Eingeweiden Haddonfields haust. Nicht im tiefen Untergrund, sondern ein paar Meter unter der durchlässigen Oberfläche.

Eine bedrohliche Atmosphäre kommt selten auf, meistens dann, wenn der Regisseur den Halloween-Urheber John Carpenter zitiert. Corey wirkt eher mitleiderregend als erschreckend, Michael Myers ist angeschlagen und weit von seinen besten Killer-Tagen entfernt. Die Morde sind war stellenweise recht heftig geraten, hangeln sich aber am Rand zur Parodie entlang. Ähnlich geraten die Mobbing-Szenen. Zwei Hänflinge und ihre vorlauten Freundinnen wirken blässlich gegenüber dem wesentlich kräftigeren Corey. Völlig abstrus, dass der spillerige Anführer Corey über ein Geländer wuchten kann. Ein weiteres marodes Zahnrädchen in einem inhaltlich missratenen und müden Abgesang auf eine dunkle Ikone der Popkultur.

Positiv können die ordentlichen Schauspielleistungen vermerkt werden, Jamie Lee Curtis beweist auch Charisma, wenn sie bloß an der Schreibmaschine sitzt. Rohan Campbell (Corey) kann allerdings kaum Sympathiepunkte verbuchen, Andi Matichak als Allyson gelingt das besser. Kurz und seltsam unnötig schaut Schauspielurgestein Will Patton vorbei. Schön ist, dass Nick Castle, der erste Michael Myers, eine kleine Rolle innehat.

Es gibt keine unscharfen Bilder und der Carpenter-Soundtrack ist gewohnt atmosphärisch. Mehr Meriten weist dieses enttäuschende Filmchen nicht auf.

Goodbye, Scream Queen, hello ultimate Final Girl!

Cover & Szenenfotos  © Universal Pictures

  • Titel: Halloween Ends
  • Originaltitel: Halloween Ends
  • Produktionsland und -jahr: USA, 2022
  • Genre: Horror, Slasher
  • Erschienen: 29.12.2022
  • Label: Universal Pictures
  • Spielzeit:
    107 Minuten auf 1 DVD
    111 Minuten auf 1 Blu-Ray
  • Darsteller: Jamie Lee Curtis
    Andi Matichak
    James Jude Courtney
    Will Patton
    Rohan Campbell
    Kyle Richards
  • Regie: David Robson Green
  • Drehbuch: Paul Brad Logan
    Chris Bernier
    Danny McBride
    David Gordon Green
  • Kamera: Michael Simmonds
  • Musik: Cody Carpenter
    John Carpenter
    Daniel A. Davies
  • Extras: Filmkommentar mit Regisseur und Crew, Unveröffentlichte und erweiterte Szenen,
    – Michael macht es anders
    – Joan zerschmettert den Hasen
    – Corey denkt über sich nach
    – Ronald hängt bei der Arbeit fest
    – Margo wird ausgeschaltet
    -Final Girl
    Kein Ort wie Haddonfield, Gag Reel, Das Ende von Halloween,
    Eine andere Bedrohung,Visionen des Terrors, Seltsame Todesfälle
  • Technische Details (DVD)
    Video: ‎
    16:9 (2:39:1)
    Sprachen/Ton:
    ‎ Italienisch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1), Deutsch (Dolby Digital 5.1), Französisch (Dolby Digital 5.1), DD 5.1
    Untertitel:
    ‎ Englisch, Niederländisch, Französisch, Italienisch, Deutsch
  • Technische Details (Blu-Ray)
    Video:
    16:9 (2,39:1)
    Sprachen/Ton:
    Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch (4K), Dolby Atmos (De, En), Dolby Digital Plus 7.1 (Fr, It)
    Untertitel:
    Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Spanisch (4K), Dänisch (4K), Finnisch (4K), Schwedisch (4K), Norwegisch (4K), Mandarin (4K)
  • FSK: 18
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeiten




Wertung: 5/15 dpt

 


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