Emi Yagi – Frau Shibatas geniale Idee (Buch)

Emi Yagi – Frau Shibatas geniale Idee

(c) Atlantik Verlag

Feminismus made in Japan

Am Anfang ist die Idee nur spontan. Doch dann entpuppt sich Frau Shibatas Einfall als ziemlich genial.

Genervt vom respektlosen Verhalten  ihrer männlichen Kollegen, die grundsätzlich alle ungeliebten Care-Aufgaben an sie, die Frau im Team, abwälzen, gibt Frau Shibata vor, schwanger zu sein. Auf einen Schlag verändert sich ihr Leben.

Plötzlich nehmen alle Rücksicht. Niemand erwartet noch unbezahlte Überstunden von ihr. Frau Shibata hat auf einmal Zeit für sich. Sie geht achtsamer mit sich selbst um, ernährt sich bewusster, macht Sport und hinterfragt ihr Leben.

Emi Yagi wirft mit ihrem Romandebüt einen ebenso klugen wie kritischen Blick auf die moderne japanische Gesellschaft, in der die traditionellen patriarchalischen Strukturen die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern noch immer fest dominieren.

Als kinderlose Single-Frau steht Frau Shibata zunächst deutlich am unteren Ende der Hierarchie. Durch ihren Trick rückt sie auf. Zugleich erfährt sie jedoch auch welche klassischen Erwartungen und Ansprüche man an sie als Mutter heranträgt.

Yagi zeigt eine Frau, die sich durch eine kleine Lüge ein großes Stück Freiheit erkauft, in dem sie  das bestehende System austickst.

Die feministische Kritik, die in vielen Punkten die japanische Gesellschaft adressiert, lässt sich mühelos universell lesen.

Denn nicht nur in Japan herrschen klare Vorstellungen darüber, wie eine Frau im Idealfall zu sein hat.

Emi Yagi thematisiert Themen wie Care-Arbeit, Mansplaining, Mental Load, fehlende Kinderbetreuung, Benachteiligung im Arbeitsleben u.v.m.

Dass sie dabei in ihrem Plot ein extrem unrealistisches Element zulässt, um ihrer Handlung einen störungsfreien Verlauf zu garantieren, empfand ich als typisch westeuropäische Leserin stellenweise jedoch als recht bizarr. Befremdlich. Vielleicht verbuchen japanische Leser:innen einen solchen Kniff als magischen Realismus?

Doch ungeachtet von dieser logischen Ungereimtheit ist Yagis Roman ein kurzweiliges Lesevergnügen mit einer wundervoll unangepassten Heldin, die sich sehr unkonventionell ihren eigen Weg bahnt. Feminismus made in Japan.

Ein charmantes und alles andere als oberflächiges Lesevergnügen.


  • Autor: Emi Yagi
  • Titel:  Frau Shibatas geniale Idee
  • Originaltitel: Kushin Techo (空芯手帳)
  • Übersetzer: Luise Steggewentz
  • Verlag:  Atlantik Verlag
  • Erschienen:  Oktober 2021
  • Einband:  Gebundene Ausgabe
  • Seiten:  208 Seiten
  • ISBN:  978-3455012590


Wertung: 12/15 dpt

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