Kay Jacobs – Kieler Schein (Buch)
Vertrackter Mord in Kiel
November 1923. Aus der Inflation wird eine Hyperinflation, die Lage ist für immer mehr Menschen katastrophal. Carl Fuffziger nimmt die Geschehnisse jedoch mit scheinbar stoischer Gelassenheit, denn er stellt sich Kommissar Josef Rosenbaum und Kriminalassistent Klaus Gerlach und gesteht, seine Frau Franziska in der Küche erschlagen zu haben. Ein Streit um Geld ging dem Ereignis voraus. Danach sagt er kaum noch etwas.
Rosenbaum und Gerlach sehen sich einem vermeintlich einfachen Fall gegenüber, gleichwohl gilt es zu ermitteln. War es Vorsatz oder Affekt, erwartet den Täter Gefängnis oder die Todesstrafe? Und wo soll eigentlich die sechzehnjährige Tochter Luise unterkommen? Verwandte in Kiel hat sie nicht, lediglich eine Großmutter in Bochum. Bis das Jugendamt eine Lösung findet, wohnt sie zunächst bei Rosenbaum und seiner Frau Hedi. Sie beschreibt ihren Vater als lieben Menschen, der die Mutter nie geschlagen habe. Carls Mutter beschreibt ihn hingegen als von Kindheit an schwierigen Fall, der zudem zu Jähzorn und Gewalt neigte. Ganz anders als Franzi, die ihrem Mann sehr devot begegnete und für jedes Missgeschick die Schuld auf sich nahm.
Rechtsanwalt Wilhelm Spiegel übernimmt die Verteidigung, doch auch ihm gegenüber äußert sich Fuffziger nicht. Dann überrascht Luise die Beteiligten mit einem Brief ihrer Mutter. Dieser war adressiert an einen Liebhaber, wurde aber nicht abgeschickt und von Carl am Tag der Tat entdeckt. Ein Mord im Affekt also oder will die Tochter nur das Schlimmste verhindern?
Überraschende Neuigkeiten von Kommissar Rosenbaum
Die Josef-Rosenbaum-Reihe geht bereits in ihre sechste Runde und wer diese lesenswerte Serie verfolgt hat, wird sich im einleitenden Text die Augen gerieben haben. Rosenbaum verheiratet mit Hedi? David, der Sohn, wäre ebenfalls noch zu erwähnen. Aber wie ist diese Entwicklung möglich, zumal Hedi immer noch „Chef“ zu Rosenbaum sagt; per Sie ist man obendrein. Und was ist mit Charlotte, Rosenbaums bisheriger Frau in Berlin, mit der er zwei Kinder hatte? Das Hedi ihren Chef schon von Beginn der Serie an angehimmelt hat ist bekannt, dass Rosenbaum ein – sagen wir – differenziertes Verhältnis zu Frauen hat ebenfalls.
Nun mag das Privatleben des Protagonisten in einem Krimi nicht alle interessieren. Gleichwohl hat Autor Kay Jacobs hier einige überraschende Wendungen eingebaut. Und was taugt der Krimi selbst? Dieser erscheint zunächst recht überschaubar, da ja Opfer und Täter bekannt sind. Doch es wird sich zeigen, dass es auch hier entscheidende Entwicklungen geben wird, die man so zumindest noch nicht allzu oft gelesen hat. Was allerdings unangenehm aufstößt, ist der Umstand, dass Rosenbaum und Spiegel, also Ermittler und Anwalt, über weite Strecken quasi gemeinsam an dem Fall arbeiten. Dies ist wegen offensichtlicher Interessenkonflikte eigentlich undenkbar und sollte es schon 1923 gewesen sein.
Ansonsten glänzt die Stadt Kiel wieder als bildgewaltige Hintergrundkulisse. Zudem werden die politischen Ereignisse des November 1923 eingeflochten, so dass man einmal mehr eine kleine Geschichtsstunde spendiert bekommt. Die Hyperinflation ist zunächst das treibende Thema, später kommen noch Unruhen aus dem fernen Bayern hinzu, die von einem gewissen Adolf Hitler angezettelt werden. Die Fa. Krupp scheint eine Rolle zu spielen, welche sich aber voraussichtlich erst im nächsten Band aufklären wird. Ach ja, um Geldwäsche geht es auch noch und für diese ist Iago Schulz, Leiter der Centralen Staatspolizei, zuständig, womit Rosenbaums ewiger Widersacher erneut mit von der Partie ist.
„Kieler Schein“ ist wie die Vorgänger ein guter Mix aus Krimi und Zeitgeschichte mit einem sympathischen Protagonisten. Band 7 kann also gerne folgen.
Die Josef-Rosenbaum-Reihe rezensiert:
- Autor: Kay Jacobs
- Titel: Kieler Schein
- Verlag: Gmeiner
- Umfang: 288 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: August 2022
- ISBN: 978-3-8392-0271-5
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Wertung: 12/15 dpt