Frank Rudkoffsky – Fake
Klug komponierter Pageturner
Sophia und Jan sind ein junges modernes Paar. Beide träumen davon, Karriere zu machen und die Welt zu bereisen. Die Geburt ihres Sohnes Max wirbelt diese Pläne durcheinander. Sophia hadert mit ihrer Rolle als Mutter, die sie in Konkurrenz zu ihren beruflichen Plänen in der Chefetage eines Automobilkonzerns empfindet. Jan kämpft darum als freiberuflicher Journalist Fuß zu fassen, wobei ihm die familiären Pflichten immer wieder im Weg stehen. Beide sind latent unzufrieden, da sie sowohl ihre privaten als auch beruflichen Ansprüche nicht mehr in Einklang bringen können.
Sophia entlädt ihren Frust ins Netz. Sie findet ein Ventil darin, sich Fake-Accounts einzurichten und als Troll die unterschiedlichsten Foren aufzumischen. Auch Jan nutzt die Anonymität des Netzes, allerdings für seine journalistische Recherche im Pegida-Umfeld. Hier wittert er die große Story, die ihn voran bringen soll. Wie schnell Fake zur realen Gefahr werden kann, ahnen sie anfangs beide nicht.
Rudkoffsky lässt seine Protagonisten schmerzhaft erfahren, wie durchlässig die Grenzen zwischen realer und digitaler Welt längst geworden sind. Geschickt verknüpft er die Beziehungsgeschichte mit den Auswirkungen von Social Media. Je riskanter die Verflechtungen im Netz werden, desto intensiver entwickelt sich die private Krise zwischen den beiden.
Mit alternierender Ich-Erzählstimme, mal aus der Perspektive von Sophia, mal aus der von Jan, lässt uns der Autor an den Ereignissen teilhaben. Scheinbar mühelos wechselt er zwischen weiblicher und männlicher Sicht. Besonders wie er dabei seiner Protagonistin Sophia Leben einhaucht, ist schlicht brillant. Rudkoffky macht sich die weibliche Gefühlswelt der jungen Mutter so intensiv zu Eigen, dass man kaum glauben mag, dass diese Zeilen von einem Mann geschrieben wurden.
Die Gefahren, die von der Digitalisierung ausgehen, sind nur eines der zahlreichen Themen, die er behandelt. Rudkoffksy legt den Finger tief in die Wunden unserer Zeit. Authentisch zeichnet er die ausbeuterischen Mechanismen der modernen Arbeitswelt und die strukturelle Benachteiligung von Frauen und Eltern nach. Das alles greift bei ihm so nahtlos ineinander, dass es sich völlig leicht wegliest. Überhaupt entwickelt der Roman einen starken Sog, der ihn zum Pageturner macht.
Nur das abrupte Ende fühlte sich nicht ganz richtig an. Den einen und anderen Handlungsfaden hätte ich gerne noch aufgelöst gefunden. Trotzdem: Ein ebenso unterhaltsamer wie aktueller und klug komponierter Roman. Absolute Leseempfehlung!
- Autor: Frank Rudkoffsky
- Titel: Fake
- Verlag: Voland & Quist
- Erschienen: August 2019
- Einband: Gebundene Ausgabe
- Seiten: 240 Seiten
- ISBN: 978-3863912437
Wertung: 13/15 dpt