Franz Preitler – Mord in der Waldheimat (Buch)
Die bürgerliche Fassade bröckelt gewaltig
Mürzzuschlag ist ein Ort am Fuß des Semmering in der Steiermark, der zahlreiche Touristen anzieht, aber auch über eine prosperierende Stahlindustrie verfügt. Seit einigen Monaten gibt es sogar einen Bezirkshauptmann, eine Stelle die Baron Franz Hervay von Kirchberg übertragen wurde, der wiederum mit seiner Frau Tamara verheiratet ist. Allein, die Sache hat einen kleinen Haken, denn bei der Hochzeit wurde der Pfarrer bestochen, da Tamara wichtige Dokumente nicht vorlegen konnte. Bis heute wurden diese nicht nachgereicht und so zerreißen sich die Mürzzuschlager den Mund als Tamara am 21. Juni des Jahres 1904 als Betrügerin verhaftet wird. Es kommt zu Handgreiflichkeiten mit einem aufgebrachten Mob, während ihr Mann in Wien weilt. Dort teilt man ihm seine Suspendierung mit, da er sein Amt missbraucht habe. Die vermeintliche Ehe ist dahin, der Arbeitsplatz weg und der Ruf ruiniert. Es bleibt nur noch eine ehrenhafte Handlung; der Freitod.
Am 24. Juni 1904 reagieren die Einwohner bestürzt als sie erfahren, dass sich der Baron mit seiner Dienstpistole erschossen hat. Man hat das alles bestimmende Gesprächsthema für die kommenden Tage gefunden, wobei fast übersehen wird, dass am gleichen Tag – nur wenige Stunden später – ein grausamer Meuchelmord geschieht. Oberhalb von Mürzzuschlag liegt die Pretulalpe auf der ein Schutzhaus eine Verschnaufpause oder bei schlechtem Wetter einen Unterstand ermöglicht. Diese wurde von dem beliebten Hüttenwirt Peter „Almpeterl“ Bergner betrieben, der nun mit einer Axt erschlagen in seinem Vorratskeller liegt.
Für den Wirt Erwin Pfandl, ein enger Freund des Ermordeten, ist die Lage schnell klar, denn laut Hüttenbuch war der geistig zurückgebliebene Sohn des Tischlers der letzte Gast auf der Alpe. Dieser saß schon einmal im Zuchthaus und wird verhaftet, während zugleich zwei Ermittler aus Graz, Kommissär Gartler und Gendarm Ulbrich, die Ermittlungen übernehmen, da der örtliche Gendarm Fladinger völlig überfordert ist.
Der Roman basiert auf wahren Begebenheiten
Ein in der Steiermark gelegenes Gebiet in den Fischbacher Alpen, zu dessen Mittelpunkt der Hochwaldrücken des Teufelsteins gehört, verdankt seinen Namen „Waldheimat“ dem steirischen Dichter Peter Rosegger, der die Gegend in seinem Werk verewigt hat („Waldheimat. Erzählungen aus der Jugendzeit“; vier Bände). In persönlicher Abwesenheit kommt er immer wieder im Roman vor, denn nicht nur der bereits erwähnte Wirt Pfandl will mit seinem Namen Touristen anlocken. Angelockt wird auch ein prominenter Berliner Journalist, der sich für Anfang Juli ankündigt. So steigt der Druck, denn man will sich von seiner besten Seite zeigen; wahlweise mit zahlreichen Arbeitsplätzen in der Industrie oder eben als Tourismusort. Hier streiten der Bürgermeister und der Wirt.
Der Selbstmord sowie der Meuchelmord in der Schutzhütte fanden tatsächlich am 24. Juni 1904 statt und so basiert die Handlung auf wahren Begebenheiten und einige der handelnden Figuren haben reale Vorbilder. Autor Franz Preitler ist ein durchaus spannender historischer Kriminalroman gelungen, obwohl man recht früh erfährt, wer der Mörder vom Almpeterl ist. Man ist der Gendarmerie voraus, derweil sich der Mörder noch Gedanken über seine nächsten Schritte machen kann. Denn dieser will unbedingt seine Liebste ehelichen, allein er hat keine Arbeit und somit kein dauerhaftes Einkommen, womit er für den vermeintlichen Schwiegervater als Ehemann nicht in Frage kommt. Allerdings weiß dieser noch nichts von seinem „Glück“.
Gekonnter Clou zum Abschluss
Der Roman besticht von der Beschreibung des Ortes Mürzzuschlag, den sogar Kaiser Franz Josef I. gern zur Jagd bereiste, und blickt gekonnt hinter die gutbürgerlichen Fassaden, die recht auffällige Risse zeigen. Da ist der eifrige Amtsdiener Glück, der zumindest dann Tatendrang an den Tag legt, wenn es um eine Intrige gegen seinen Chef geht. Dass dieser sich gleich umbringen musste, konnte ja niemand ahnen. Dabei ist der Name Glück eher unpassend, denn dessen Ehe liegt seit Jahren in Trümmern und beruflich kam er auch nie weiter. Ein duckmäuserischer Kriecher und Versager, der im Ort als ebensolcher kaum Ansehen genießt. Glücks Tochter Eva ist derweil schwer verliebt in Rudi, den gleich mehr Geheimnisse umgeben, nicht zuletzt jenes über seine wahren Eltern.
Die Polizisten aus Graz ermitteln den damaligen Umständen entsprechend etwas langsam (Gendarm Fladinger unterlaufen – aus heutiger Sicht – hanebüchene Fehler beziehungsweise Unterlassungen), wobei sich deren Arbeit mit dem weiteren Verbleib des Mörders erzählerisch abwechselt. Wenngleich dessen Identität – wie erwähnt – früh feststeht, bietet der Roman einen durchgehend ordentlichen Spannungsbogen und für das Finale hat sich der Autor dennoch einen gekonnten Clou einfallen lassen.
- Autor: Franz Preitler
- Titel: Mord in der Waldheimat
- Verlag: Gmeiner
- Umfang: 345 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Februar 2022
- ISBN: 978-3-8392-0177-0
- Produktseite
Wertung: 12/15 dpt
Sehr spannender historischer Krimi! Reise in die Vergangenheit doch trotzdem aktueller denn je: Idylle versus Gier, Rache und bösen Machenschaften… Lesenswert!
Ein sehr spannender Krimi!
Ich konnte nicht aufhören, zu lesen!
Tausend Dank! Ich bin begeistert. Liebe Grüße Franz Preitler