Fee Brembeck – Jetzt halt doch mal die Klappe, Mann! (Buch)

Jetzt halt doch mal die Klappe Mann von Fee Brembeck (Cover © Sophie Wanninger)
Cover © Sophie Wanninger

Warum wir auf Mansplaining keinen Bock mehr haben

Mansplaining1. Noch so ein englisches Modewort, aber endlich ein Begriff der benennt, was viele Frauen und weiblich gelesene Personen kennen. Ein Mann erklärt ungefragt und unerwünscht die Welt, meist in einem herablassenden Tonfall.
Das Phänomen ist weit verbreitet und auf sozialen Medien haben sich viele Menschen bereits dazu geäußert und von ihren eigenen Erlebnissen berichtet. Unter bestimmten Schlagworten kann man haufenweise Geschichten durchsehen, auch die Autorin wartet mit eigenen Anekdoten auf. So zum Beispiel ein Mann, der ihr erklärte wie man jemanden anrufen kann. Am Telefon. Nachdem sie ihn angerufen hat. 

Ob im Büro, im Bus oder zu Hause, Männer erklären weiblich gelesenen Personen gerne ungefragt ihren Job, ihre Emotionen, ihren Körper, eben ihre ganze Welt – und das oft ohne jegliche Kompetenz. Dafür mit reichlich Arroganz und unabhängig davon, ob ihr Gegenüber ausgewiesenermaßen Expert*in ist.

Manche der Erlebnisse mögen irritierend oder lustig erscheinen, hinterher lacht man darüber und erzählt Freundinnen davon. Doch Fee Brembeck sieht das systematische Problem dahinter. 
In neun Kapiteln behandelt sie Themen wie unter anderem die Privilegien von weißen Männern, sexuelle Gewalt, Schuldgefühle oder die (Un)Glaubwürdigkeit, die besonders weiblich gelesenen Personen in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft entgegnet wird. Indem Männer weiblich gelesenen Personen ungefragt ihre Welt erklären und sie unterbrechen, nehmen sie ihnen die Mündigkeit, die Sprache und die Stimme, so Brembeck. Letztendlich werden weiblich gelesenen Personen der Raum genommen und sie werden zur Seite gedrängt. Doch sie macht nicht nur auf das Phänomen aufmerksam und fügt es in Zusammenhänge von weiteren Diskriminierungen ein, sie gibt auch einige praktische Tipps, wie man selbst auf Mansplaining reagieren kann.

Ein solches Machtgefälle kann keine Grundlage für ein Gespräch auf Augenhöhe sein. Es ist viel eher das Ergebnis einer gewollten und absoluten Privilegienblindheit. Ist eine aggressive Sprache nun also notwendig, um die Gleichberechtigung voranzutreiben?

Trotz des etwas harsch wirkenden Titels, sucht Brembeck eigentlich die Kommunikation. Männer sollen die Klappe halten um zuzuhören, nachzudenken und zu reflektieren – damit Kommunikation und Dialoge überhaupt erst möglich sind. Somit ist das Buch auch kein Angriff auf das männliche Geschlecht, soll auch kein schlechtes Gewissen machen oder mit dem bösen Finger auf Männer zeigen, sondern zum Nachdenken anregen und einen neuen Blickwinkel ermöglichen.
Obwohl das Werk als Sachbuch deklariert ist, ist es erstaunlich spannend und unterhaltsam. Als Beispiele bezieht sie namhafte Fälle aus sozialen Medien, von Berühmtheiten oder Schlagzeilen mit ein. 
Eindrücklich erläutert die Feministin ihre Ausführungen detailliert, immer mit Bezug auf belegte Studien oder weiterführende Werke, welche man in der umfangreichen Bibliographie nachschlagen kann. Sie bringt ihre Thesen klar strukturiert vor und verwebt sie nachvollziehbar mit Mansplaining und mit der weiteren Diskriminierung von weiblich gelesenen Personen.
Brembeck nimmt sich selbst und andere gerne auf die Schippe, schlägt aber auch ernste Töne an. So entsteht ein eingependeltes Gleichgewicht zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, was Spaß am Lesen bietet, zugleich jedoch die Wichtigkeit nicht außer Acht lässt.
Wer Englisch nicht oder nur dürftig beherrscht, könnte hier öfter mal ins Straucheln geraten. Kaum eine Passage kommt ohne englische Ausrufe oder Begriffe aus. Das mag jedoch daran liegen, dass die meisten Termini welche Missstände benennen aus dem englischsprachigen Raum stammen, durch die sozialen Medien verbreitet werden und sich dann im Deutschen festsetzen – oder sich übersetzt einfach seltsam anhören2.

Ein sehr lohnenswertes und großartiges Buch, mit dem man einen neuen (oder erweiterten) Blick auf die Gesellschaft gewinnen kann, und sich eventuell den eigenen Marotten bewusst wird. Auch für Menschen, die sich bereits mit der Thematik auseinandergesetzt haben, dürfte dieses Werk Mehrwert bringen, wird doch mehr als nur reines Mansplaining behandelt.


Wertung: 14/15 dpt

  • Autorin: Fee Brembeck
  • Titel: Jetzt halt doch mal die Klappe, Mann!
  • Verlag: Goldmann
  • Erschienen: 10/2021
  • Einband: Paperback
  • Seiten: 256
  • ISBN: 978-3-442-31638-0
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeiten

 

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  1. Eine Kontraktion von man [dt. Mann] und explaining [dt. erklären] []
  2. Das deutsche Pendant ‘Herrklären’ hat sich (zum Glück) nicht durchgesetzt []
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