Sherlock Holmes mittendrin
Dreizehn Romane umfasst die Inspector-Morse-Reihe, die Krimifans unbedingt kennen sollten. Hinzu kommen noch einige Kurzgeschichten von Colin Dexter, die im vorliegenden Buch enthalten sind. Elf Geschichten unter dem Buchtitel „Ihr Fall, Inspector Morse“, was insoweit ein wenig irreführend ist, da in gleich fünf der Erzählungen Inspector Morse gar nicht mitspielt. Ok, in einer davon sagt er immerhin einen Satz. Dafür gibt es einen weiteren Fall für den legendären Meisterdetektiv Sherlock Holmes, doch der Reihe nach.
In „So gut wie Geld“ geht den Ermittlern ein Terrorist in die Falle, doch dann werden Beweismittel verschlampt. Sehr zum Ärger von Inspector Morse will Detective Inspector Crawford, den Morse ohnehin für einen Trottel hält, die verlorenen Beweise wiederherstellen; natürlich mit höchst unlauteren Mitteln.
In „Das große Rätsel“ werden in einem Pub vierhundert Pfund für einen guten Zweck gesammelt, aber das Geld anschließend gestohlen. Morse weiß sich zu helfen, allerdings auf eine für ihn gänzlich untypische Art.
„Deutsch für Anfänger“ (ohne Inspector Morse) erzählt die Geschichte eines Manns namens Evans, der bereits dreimal aus einem Gefängnis fliehen konnte. Nun hat er fleißig die deutsche Sprache gelernt und will in Anwesenheit eines Geistlichen eine Prüfung in seiner Zelle ablegen. Die Gefängnisleitung ist alarmiert. Gelingt Evans erneut die Flucht?
„Der falsche Dodo“ erzählt, der Titel lässt es erahnen, von einer Verwechslung, die Jahrzehnte später aufgelöst werden will.
„Im Lulu-Bar-Motel“ (ohne Inspector Morse) will Zockerprofi Luke alte Leute abzocken und gerät dabei scheinbar an den falschen Gegenspieler. Die eigentliche Abzocke läuft dann allerdings völlig anders als geplant.
„Nachbarschaftshilfe“ ist eine prima Sache, denkt sich Inspector Morse, der seinen Nachbarn vor einem Einbruch schützen will. Was Morse nicht ahnt, er ist selber das Opfer.
„Eine falsche Identität“ erweckt den Meisterdetektiv Sherlock Holmes, dessen Bruder Mycroft und natürlich den Ich-Erzähler Dr. Watson im Jahr 188- zum Leben. Unmittelbar vor einer Hochzeit verschwindet unter denkwürdigen Umständen der Bräutigam. Sherlock hat eine wilde Theorie, die von Mycroft ebenso eindrucksvoll widerlegt wird. Da wundert es dann nicht mehr, dass ausgerechnet Dr. Watson das Rätsel auflöst.
„Eine Insidergeschichte“ erzählt von einer jungen Frau, die an einem Kurzgeschichtenwettbewerb teilgenommen hat, jetzt ermordet in ihrer Wohnung liegt und aus deren Beitrag Inspector Morse den Fall zu lösen hofft.
In „Montys Revolver“ (ohne Inspector Morse) kommt ein verheirateter Professor seiner verheirateten Sekretärin zu nahe, was zu unerwarteten Verwicklungen führt.
„Ein armes Schwein“ (ohne Inspector Morse) erzählt von einem Mann, der außerhalb des Gefängnisses nicht gut zurechtkommt. Gleichwohl macht es ihm Spaß, die Polizei zum Narren zu halten.
„Letzter Anruf“ für einen Geschäftsmann, der in seinem Hotelzimmer tot aufgefunden wird. Ein Herzinfarkt, der einen tödlichen Sturz zur Folge hat, lautet die Diagnose. Erst spät erkennt Morse, dass ein Verbrechen vorliegt.
Wie es bei Kurzgeschichten oft so ist, sie können nur selten die Wucht eines Romans entfalten. Gleichwohl gelingt es Colin Dexter im vorliegenden Fall durchaus, mit zahlreichen Pointen für Überraschungen bei den Auflösungen zu sorgen und in jenen sechs Geschichten, in denen der titelgebende Morse selber ermittelt, die bekannte Atmosphäre zu erzeugen; allerdings mit leicht reduziertem Alkoholkonsum. Die Kreuzworträtsel der Times dürfen dabei ebenso wenig fehlen, wie der beißende Spott, mit dem Morse nicht nur Sergeant Lewis drangsaliert. Alles in allem, nette Krimihäppchen für zwischendurch, wenngleich diese schon rund dreißig Jahre auf dem Buckel haben.
- Autor: Colin Dexter
- Titel: Ihr Fall, Inspector Morse
- Originaltitel: Morse’s Greatest Mystery and other Stories
- Verlag: Union
- Umfang: 251 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Juli 2021
- ISBN: 978-3-293-20845-2
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 11/15 dpt