Psycho Goreman (Film)
Es ist eine altbekannte Geschichte: Weltraum-Rabauke wird in die Verbannung geschickt, landet in einem Erdverließ, im “hintersten Winkel des Universums”, und wird von unwissenden Menschlein befreit, um Chaos und Zerstörung übers Erdenrund zu bringen. Wenn ihm niemand Einhalt gebietet.
In diesem Fall sorgen die Geschwister Mimi und Luke für die Befreiung des plastisch an Jack Arnolds “Creature From The Black Lagoon”-angelegten Monsters. Nach einer Partie Crazyball (so eine Art Völkerball, mit Regeln, die nur Mimi und Luke verstehen) muss Verlierer Luke ein Riesenloch im Garten graben und setzt so einen funkelnden Edelstein und den Psycho Goreman frei.
Der mischt gleich drei Kleinganoven blutig auf, bevor sich herausstellt, dass Mimi das Wesen mittels des roten Steins steuern kann. Es beginnt ein wüstes Umerziehungsspiel, unterbrochen von Kämpfen gegen ehemalige Verbündete und die Templer, eine Art Erzfeind des Psycho Goremans. Stellvertretend für den illustren Templar-Rat versucht die schwertbewehrte Pandora das marodierende Monster zu bezwingen.
Doch sie hat die Rechnung ohne die dysfunktionale, aber loyale Familienbande aus Mimi, Luke und deren Eltern gemacht. Der Showdown ist ein Mix aus Crazyball-Fight und blutigem Schwerter-Duell zwischen Pandora und dem wieder fidelen Psycho Goreman. Der Kampf findet in einer Fabrikhalle statt, die, neben dem Familienhaus samt zugehörigen Garten, einem Hain und ein paar planetarischen Miniaturen, zu den Hauptschauplätzen des Films zählt.
Woran man bereits sieht, dass das Budget des Films sehr übersichtlich gewesen ist. Das meiste floß vermutlich ins liebe- und fantasievolle Creature-Design, die Prosthetics und Kostüme sowie die handgemachten Spezialeffekte. Die zwar explizit und blutig, aber von übermütiger Künstlichkeit sind, sodass die Altersfreigabe ab 16 trotz einiger zermatschter Köpfe völlig in Ordnung geht.
Regisseur Steven Kostanski, der bereits für den soliden “The Void” (mit satter Lovecraft-Atmosphäre) verantwortlich war, überzeugt immer dann, wenn er Körperhorror in den Vordergrund stellt, knuffigen Kreaturen wie den Templer-Rat oder dem zum Riesenhirn verwandelten Alasdair, einem Freund der Geschwister, Screentime verschafft. Durchwegs Spaß bereiten auch die beseelten Hommagen ans Troma-Kino der 80er und 90er, die “Masters Of The Universe”-Saga und die frühen Power Rangers (respektive “Kamen Riders”, hierzulande geschätzt als “Infras” ) samt Feinden. Ein wenig absurde Komik dazu (wie die Abkürzung PG für den Titelgeber, die nichts anderes als eine Verbalhornung des “Parental Guide”-Ratings ist), explizit durch die bunte Templarschau und fertig ist die große Sause, ungeachtet der Budgetbeschränkungen.
Leider nein, denn “Psycho Goreman” hat ein paar deftige Mankos. Etliche Dialoge, besonders beim redundanten Geplänkel zwischen Mimi und dem Psycho Goreman, leiden unter ihrer Geschwätzigkeit und sich wiederholenden Plattitüden. So wird der Film ein ums andere Mal ausgebremst. Der Familienpart, inklusive magerem Coming-Of-Age-Anteil, funktioniert auch nur partiell. Die Comedy-Einlagen von Vater Adam besitzen nur unzureichendes Timing, und die Wortgefechte zwischen ihm und seiner Frau sind so willkürlich wie fade.
Dann gibt es noch das Hauptproblem des Films: Mimi! Während der freundliche Luke unaufdringlich agiert, ist Mimi eine der unerträglichsten Kinderfiguren der letzten Kinojahre. Schon nach wenigen Sekunden wünscht man ihr alle Kinderkrankheiten gleichzeitig und einen raschen Filmtod an den Hals.
Der bedauerlicherweise nicht eintritt, denn Mimi ist die Hauptfigur des Films. Eine unsympathische, anmaßende Göre, die schlimmer nervt als Flöhe unterm Gips. Ihre dezente Wandlung zum mitfühlenderen Wesen während des Finales lässt deshalb völlig kalt und funktioniert überhaupt nicht. Nita-Josee Hannas “Schauspiel” ist ein einziges Entgleisen von Gesten und Gesichtszügen. Gegen sie wirkt Nicolas Cage wie ein distinguierter Burgschauspieler. Nicht der Oscargewinner Cage, sondern jener, der das Alphabet zuckend zelebriert (“Vampire’s Kiss”) und massiven Stress mit Bienen hat (“The Wicker Man”). Wobei Nicolas Cage in jedem überschäumenden Moment liebenswerter bleibt als Mimi. Die garstige Nervensäge mindert das Vergnügen an “Psycho Goreman” in ganz erheblichem Maße.
Ein Plus sind hingegen die Extras der Blu ray (und DVD). Die Begegnungen mit – teils kostümierten – Beteiligten, sind herzerwärmend, ebenso der Besuch in den Werkstätten der Designer und Modellbauer. Steven Kostanskis Audiokommentar verrät viel über die Tücken und Freuden des Filmemachens auf Sparflamme. Das ist alles rund und sehenswert. Der Film selbst nur in Teilen.
Fazit: “Psycho Goreman” überzeugt als freundliche und blutige Hommage an ein Kino, das finanzielle Beschränkungen durch Einfallsreichtum, Kenntnisse der Filmgeschichte und handwerkliches Können wett macht. Kameraarbeit und Soundtrack sind ordentlich, Set-Design und Kostümierung gefallen noch mehr. Spannend ist das zu keiner Sekunde, unterhaltsam hingegen schon.
Ein unausgegorenes, letztlich viel zu zahmes Drehbuch und die unerquickliche junge Protagonistin nehmen dem Film allerdings viel von seinem wohlvorhandenen Charme. Da wäre einiges mehr drin gewesen.
Cover, Fotos © Koch-Media
- Titel: Psycho Goreman
- Originaltitel: Psycho Goreman
- Produktionsland und -jahr: Kanada, 2020
- Genre: Horror, Science Fiction, Komödie
- Erschienen: 22.04.2021
- Label: Koch Media
- Spielzeit:
91 Minuten auf 1 DVD
95 Minuten auf 1 Blu-Ray - Darsteller:
Nita-Josee Hanna
Owen Myre
Matthew Ninaber
Steven Vlahos
Adam Brooks
Alexis Kara Hancey
Kristen MacCulloch
Scout Flint - Regie: Steven Kostanski
- Drehbuch: Steven Kostanski
- Kamera:Andrew Appelle
- Schnitt: Andrew Appelle
Steven Kostanski - Musik: Blitz/Berlin
- Extras: Audiokommentar des Regisseurs, Interview mit Steven Kostanski, Interviews mit Cast & Crew, Deleted Scene, Behind the Scenes, Bildergalerie u.v.m.
- Technische Details (DVD)
Video: 16:9, 2.40:1
Sprachen/Ton: D, GB, Dolby Digital 5.1 - Untertitel: D
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 16:9, 2.40:1
Sprachen/Ton: D, GB, DTS-HD Master Audio 5.1/ DVD:
Untertitel: D - FSK: 16
- Sonstige Informationen:
Produktseite
Wertung: 8/15 dpt
Tja, der Film ist nicht gerade ein Meisterwerk. Aber dieses durchgeknallte 80er-Jahre Trash-Setting mit vielen Retro-Anspielungen macht ihn dennoch sehenswert. Fast zum Geheimtipp.