Hansjörg Schertenleib – Die Hummerzange (Buch)


Hansjörg Schertenleib – Die Hummerzange

Private Probleme beherrschen den Plot

Die Hummerzange
© Kampa

An der Ostküste des Atlantiks, genauer auf Spruce Head Island in Maine, hatten sich Corinna und Michael Holder ein Haus gekauft, um hier ihren Lebensabend zu verbringen. Es kam für die 57-jährige ehemalige Kriminalpolizistin aus der Schweiz jedoch anders, denn nach einem Streit setzte sich ihr Mann ins Auto und starb nach einem Verkehrsunfall. Neun Monate ist dies nun her, aber noch immer ist Corinna ständig in Gedanken bei ihrem Mann. Ihre Alkoholsucht ist überwunden, doch nur der regelmäßige Griff zu Xanax-Tabletten erleichtert ihr den Tag.

Als Corinna eines Tages an einem Privatstrand schwimmen geht, stößt sie dort auf eine männliche Leiche, bei der es sich um Norman Dunbar handelt. Eine durch die Augen ins Hirn gerammte Hummerzange lässt wenig Zweifel an der Todesursache aufkommen. Fast zwangsläufig fragt sich die frühere Polizistin, wer wohl ein Motiv gehabt haben könnte, Dunbar zu ermorden. Nicht wenige, so viel steht fest, denn der einflussreiche Investor machte sich viele Feinde. Beispielsweise seinen Haushälter Chad mit dessen Frau Sky er ein Verhältnis hatte. Auch die betrogene Gattin Tracy, Corinnas Freundin, könnte aus Eifersucht getötet haben oder viele andere Menschen, die durch seine Arbeit ihren Job verloren. Nicht zuletzt kommt auch Ray Marling als Täter in Frage, Corinnas vorbestrafter Dealer, der von Dunbar erpresst wurde.

Tolle Landschaftsbeschreibungen, überschaubare Spannung

Fangen wir mit den positiven Punkten an. Die Landschafts- und Ortsbeschreibungen sind Hansjörg Schertenleib, der in der Schweiz und eben in Spruce Head Island lebt, besonders gelungen, so dass man sich gut in die Gegend hineinversetzen kann. Auch die Charakterisierung seiner Protagonistin ist eigentlich sehr gut, allerdings ein wenig zu viel des Guten. Besser gesagt des Schlechten, denn die Drogenprobleme und die Verarbeitung von Michaels Tod nagen an Corinna heftig. Dies führt dazu, dass sich Corinna bei fast jedem Ort oder Restaurantbesuch daran erinnert, wie sie mit Michael einst hier war, was er damals gedacht und empfunden oder gegessen hatte. Dies ist zu Beginn des Romans verständlich, da sich so ihr aktueller Gemütszustand erklärt, mit zunehmender Buchlänge jedoch irgendwann nervend. Denn es ist weder von inhaltlichem Belang noch von Interesse, warum Michael in Restaurant X besonders gerne am Fenster oder auf der Terrasse oder sonst wo saß und was er gespeist hat.

Auch der Krimiplot leidet unter den überbordenden Problemen der Protagonistin und wird immer wieder in den Hintergrund gerückt. Teilweise bis zur Unkenntlichkeit, denn die zuständigen Polizisten treten nur in wenigen Gastauftritten in Erscheinung. Selbst Corinna, die von Ray gebeten wird, den wahren Mörder zu finden, da die Polizei neben Chad auch ihn verdächtigt, ermittelt nicht wirklich. Verständlich, denn was geht sie der Fall eigentlich an? Für leidlich Spannung sorgt am Rande das Geschehen um das verschwundene Haushälterpaar Chad uns Sky, denn Chad ist ein gewalttätiger Psychopath, der sich nun an seiner Frau für deren Fremdgehen rächen will.

Die schönen Landschaftsbeschreibungen und die Beschreibung des Lebens in Maine können den schwachen Krimiplot leider nicht in Gänze retten. Kaum Ermittlungen, noch weniger Verdächtige und ein – sagen wir – „interessantes“ Ende, sorgt im Ergebnis nicht für große, spannende Unterhaltung. Wer jedoch „skandinavische Krimis“ mag, in denen ja gerne die Hauptfiguren alle möglichen Probleme mit sich herumschleppen, der kann womöglich seine Freude an dem Buch finden. Ein Serienauftakt mit viel Luft nach oben.

 

  • Autor: Hansjörg Schertenleib
  • Titel: Die Hummerzange
  • Verlag: Kampa
  • Umfang: 265 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Mai 2019
  • ISBN: 978-3-311-12004-9
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite 

 

Wertung:  7/15 dpt 

 

 

 

 


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