Unternehmen Petticoat (Remastered) (Spielfilm, DVD/Blu-ray)

Zwei Weltstars für eine Komödie. Für Regisseur Blake Edwards war das ein absoluter Glücksfall, denn ohne Cary Grant und Tony Curtis wäre „Unternehmen Petticoat“ zumindest in dieser aufwändigen Form vermutlich nicht zustande gekommen. Der Film profitiert schließlich von seinen handgemachten Effekten und Sets, die ein Gefühl der Authentizität vermittelten. Für die Geschichte des U-Boots MSS Sea Tiger ist das essenziell, geht es doch um den feinen Balanceakt zwischen Humor und Drama in einer Kriegs-Satire, die teilweise auf (zurechtgerückten) realen Begebenheiten beruht. Durchweg meisterhaft gelingt das auch aufgrund des episodenhaften Drehbuchs nicht, aber immerhin zielte der Film 1959 darauf ab, einer breiteren Masse auf geschickte Weise einige seinerzeit progressive Gedanken vorzustellen. Willkommen an Bord des berühmten pinken U-Boots!

Der Zweite Krieg ist seit Jahren vorbei, als Admiral Matt Sherman (Cary Grant) der USS Sea Tiger einen Besuch abstattet, bevor diese ihre letzte Reise gen Verschrottung antreten wird. Das Logbuch führt ihn zurück zur Jahreswende 1941/1942, als er mit diesem besonderen U-Boot eine außergewöhnliche Episode in seiner bewegten Dienstzeit erlebte. Schwer beschädigt durch einen Luftangriff der Japaner versucht der Admiral alles in Bewegung zu setzen, um sein Unterwasserschiff in einem philippinischen Hafen wieder fahrtauglich zu machen. Lieutenant Nick Holden (Tony Curtis) wird der Mission zugeteilt, doch der Mann in weißer Uniform will nicht zur Crew passen, weder in seinem Auftreten als Schönling und Lebemann noch in seinen Erfahrungen, die sich bislang auf die eher weicheren Aufgabengebiete der Army konzentrierten. Stichwort: Entertainment.

Doch schnell weiß sich Holden einen Namen zu machen, als er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die so wichtigen Ersatzteile organisiert. Der alte Hase Sherman kommt schnell dahinter: Der Mann ist ein windiger Betrüger, der sich auch seine Uniform erschlichen hat. Doch beide vereint in diesem Moment der Kampf gegen die schleppende Bürokratie an der Front, es geht einzig um die eigene Opportunität. Aneinander geraten die beiden Soldaten aber dennoch häufig, vor allem nachdem die Mannschaft einige gestrandete Soldatinnen aufnimmt. Der konservative, an Regeln und Abläufe festhaltende Sherman fühlt sich berufen, die durch einen wenig männlichen Mann und ein halbes Dutzend Frauen entstandene Unordnung wieder auf Linie zu bringen.

In einer ausschließlich männlich geprägten Domäne wie im Innern eines U-Boots ist das eine Aufgabe, die vor dem Hintergrund der massiven Schäden am Gerät eigentlich zum Scheitern verurteilt ist. Statt zur Erreichung des größeren Zwecks zusammenzuarbeiten, beäugen sich die Alten und Neuen erst einmal skeptisch oder wahlweise lüstern und schaffen so noch mehr Probleme. Dabei zeigen sich die alteingesessenen Männer wenig integrativ, versteifen sich auf ihr Fachchinesisch, ihre Technik, ihren Dreck und ihren Chauvinismus. Erst durch Holden öffnet sich ein integratives Moment durch Herausforderung und durch den Hinweis auf gemeinsamen Grund, auf dem die Menschen stehen.

Zunehmend werden die Frauen als fähige Mitarbeiterinnen angesehen und irgendwann als „mehr“ akzeptiert, nämlich unter anderem als „Mechaniker“. Frauen im Militär waren 1959 zwar keine vollkommen neue Erscheinung, sie auf Augenhöhe mit Männern zu zeigen, dürfte aber im Kino Ende der 1950er-Jahre ein starkes Stück gewesen sein. Regisseur Blake Edwards fällt für seine Zeit nachvollziehbare, aus heutiger Sicht jedoch zum Teil unglückliche Entscheidungen, die den progressiven Wert durch den Vorzug für kommerzielle Interessen schmälert. „Unternehmen Petticoat“ ist aus Sicht der beiden männlichen Weltstars erzählt und lässt so die Chance liegen, die weibliche Perspektive miteinzubeziehen. Das hätte wahrscheinlich verhindert, dass die Frauenfiguren größtenteils naiv gezeichnet werden und eindimensional bleiben. Die angegriffenen Klischees bleiben für den Massengeschmack Klischee genug. Immerhin aber weiß der Film etwas Kluges zu zeigen: Das Problem sind nicht die Frauen, sondern der Umgang mit ihnen.

Regisseur Blake Edwards gelingt es, sein Anliegen gekonnt und mit Liebe zum Detail darzustellen. Xenophobie, Frauenfeindlichkeit, Tribalismus, all das wird im Moment der Begegnung zumindest abgemildert und es werden Grenzen wie Vorurteile abgebaut. Alles, was in den Bauch der MSS Sea Tiger vordringt und dort zum Bleiben eingeladen wird, verändert die Zusammensetzung der Atmosphäre, der Ansichten und schließlich auch des Erscheinungsbilds der Kriegsgefährts. Wenn man so will, geht das U-Boot als verortetes Symbol mit gewissen Ideen schwanger, verändert sich und muss nach der Verwandlung damit rechnen, von anderen, die es noch nicht besser wissen, missverstanden und als Feinde identifiziert zu werden, eben weil beide Seiten noch keine angemessene Ausdrucksform entwickelt haben. Eine Metapher, die auch heute leider noch immer ihre weitreichende Berechtigung hat – genau wie das Phallus-Symbol in Zart-Pink.

Vor allem aber ist „Unternehmen Petticoat“ eine vielschichtige Moral-Übung, gerade auch für das Massenpublikum gedacht. Wenn Holden klaut und betrügt, befinden sich Sherman und auch die Zuschauenden in einer stetigen Abwägung zwischen moralischen Idealen und pragmatischen Überlegungen im rechtsfreien Spezialfall des Kriegs. Mal sei es Holden verziehen, schafft er es doch die Aufgabe voranzubringen, die einzig durch bürokratischen Nonsens aufgehalten wird, ohne größeren Schaden anzurichten. Ein Andermal muss jedoch eine Strafe her und so wird es als ausgleichende Gerechtigkeit angesehen, wenn der Schönling um seine materiellen Luxus-Güter wie Tennisschläger und Massage-Geräte gebracht wird, um den Akt des Entwendens eines prächtig gewachsenen Schweins auf dem Moralkonto auszugleichen. Auch wenn diese Aspekte gerne noch hätten vertieft werden können (ob der gepflegte Klau nicht an anderen Stellen der Armee zu weitaus schwerwiegenderen Probleme geführt hat, ist wohl eine Frage des (heutigen) Komplexitätsbewusstseins, das den Film übersteigt), wird das Publikum in Grundzügen mit philosophischen Überlegungen und dem eigenen Bauchgefühl vertraut gemacht, wenn es um die schwierige, aber essenzielle, weil alltägliche Frage der Gerechtigkeit geht, eine in höchstem Maße demokratische.

Dass „Unternehmen Petticoat“ nicht in eine Ulk-Satire mit Anleihen aus schnulzigen Liebesstreifen abdriftet, verdankt er seinem Budget und den handgemachten Effekten. Nicht nur sind die Luftangriffe der Japaner mit echten Flugzeugen auf realistische und deswegen furchterregende Weise nachgestellt worden, auch die Gags und Slapstick-Einlagen sind ganz in der Tradition von Buster Keaton ohne fantastische Effekte realisiert worden. Wenn das gestohlene Schwein auf dem Vordersitz Platz nimmt, dann könnte die Szene als Entlehnung aus dem Cartoon bemüht wirken, hier aber überwiegt eher das Staunen, wie es die Macher umgesetzt haben – oder eben der Witz selbst.

„Unternehmen Petticoat“ schlägt die richtigen Saiten an, wenn es um die Aufarbeitung des Kriegsgeschehens in komödiantischer Form mit ernsten und melancholischen Untertönen geht. So verrückt die Ausgangssituation auch wirken mag, beruft sie sich doch auf einen wahren Kern aus den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs. Verschiedene Episoden des Films sind realen Geschehnissen entlehnt, auch wenn diese dramatisch zugespitzt wurden. Außerdem bietet der Film ganz pragmatisch durch das Zeigen von Abläufen, Funktionen und dem Aufbau von U-Booten einen Einblick in den Kriegsalltag, in dem die Gefahr allgegenwärtig war und es wohl auch in der Realität komödiantische Momente der Entlastung brauchte. Satire beweist sich auch hier als das beste Mittel, um die Absurdität von realen Zusammenhängen aufzuzeigen, auch wenn in diesem Film etwas mehr Stringenz wünschenswert gewesen wäre. So wirkt „Unternehmen Petticoat“ wie eine Aneinanderreihung von cartoonesken Episoden, die nur notdürftig von einer zusammenhängenden Story zusammengehalten wird.

Das ändert jedoch nichts am unzweifelhaften Status des Films als Kassenschlager und Karrieresprungbrett. Blake Edwards wird in der Folge unter anderem mit „Frühstück bei Tiffany“, „Der rosarote Panther“ und „Inspector Clouseau“ noch weitaus bekanntere Comedy-Klassiker drehen, die ihren Platz in der Hall Of Fame verdient haben. Der „Petticoat“-Stoff selbst wurde in Serienform als „Operation Petticoat“ Ende der 1970er-Jahre ein weiteres Mal aufgelegt, konnte aber auch aufgrund der fast vollständig ausgetauschten Crew (unter anderem Tony Curtis Tochter Jamie Lee als Lt. Duran) nicht überzeugen und wurde nach zwei Staffeln abgesetzt. „Unternehmen Petticoat“ aber bleibt und darf hier in einer weitaus besseren Qualität geschaut werden, als es die Szenebilder vermuten lassen. Nicht alle Schäden konnten beseitigt werden, doch das Ergebnis des Remaster-Prozesses ist 60 Jahre nach Erscheinen des Originals in jedem Fall sehenswert.

Fazit: Für eine massenkompatible Komödie aus dem Jahr 1959 kann sich „Unternehmen Petticoat“ als progressive Satire sehen lassen, die von ihrem feinen Gespür für Stimmungen und moralische Fragen sowie ihren handgemachten Style profitiert. Schwächen in der Dramaturgie lassen sich nicht leugnen und auch die Besetzung mit einer Hauptdarstellerin als Gegengewicht zu der männlichen Perspektive des Films wäre wünschenswert gewesen. Dennoch ist in „Unternehmen Petticoat“ einiges angelegt, was die damaligen Verhältnisse mit Fingerspitzengefühl aufarbeiten konnte, aber auch anderes, was auf die heutige gesellschaftliche Lage zutrifft und in seiner Symbolik (leider) weiterhin Anwendung finden kann.

Cover und Szenebilder © Arthaus

  • Titel: Unternehmen Petticoat
  • Originaltitel: Operation Petticoat
  • Produktionsland und -jahr: USA, 1959
  • Genre:
    Comedy
    Kriegsfilm
  • Erschienen: 18.04.2019
  • Label: Arthaus
  • Spielzeit:
    ca. 116 Minuten auf 1 DVD
    ca. 116 Minuten auf 1 Blu-Ray
  • Darsteller:
    Cary Grant
    Tony Curtis
    Joan O’Brian
    Dina Merrill
  • Regie: Blake Edwards
  • Drehbuch
    Stanley Shapiro
    Maurice Richlin
    Paul King & Joseph Stone (Story by)
  • Kamera: Russell Harlan
  • Schnitt:
    Frank Gross
    Ted J. Kent
  • Musik:
    David Rose
    Henry
    Mancini (uncredited)
  • Extras:
    Deutsche Kinofassung; Trailer
  • Technische Details (DVD)
    Video:
    1,78:1
    Sprachen/Ton
    :
    D, GB
    Untertitel:
    D
  • Technische Details (Blu-Ray)
    Video:
    1,78:1 (anamorph)
    Sprachen/Ton
    :
    D, GB
    Untertitel:
    D
  • FSK: 6
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
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