Duell am Missouri (Spielfilm, Blu-ray)


Nicholson und Brando: In „Duell am Missouri“ trafen sie zum ersten und zum letzten Mal auf der Leinwand aufeinander. Auch in anderen Belangen schrieb „Bonnie & Clyde“-Regisseur Arthur Penn 1976 mit seinem Western im New Hollywood-Gewand Filmgeschichte, leider aber weniger in qualitativer Hinsicht. Der Flop, der nun in der Blu-ray Amaray Reihe von FilmConfect erscheint, erzählt die Geschichte von Outlaws und Rechtsschaffenden, die munter die Rollen tauschen. Ein Abgesang auf den romantischen Western, für den Pferde sterben mussten.

Arthur Penns Idee war seinerzeit simpel wie nachvollziehbar: Mit dem Western als Symbol für das alte, in der Krise befindliche Hollywood abrechnen. Schon mit „Little Big Man“ legte Penn den Grundstein für den „Anti-Western“, dessen Erfolg er sechs Jahre später mit „Duell am Missouri“ noch einmal toppen wollte. Mit den Verpflichtungen von Jack Nicholson und Marlon Brando, die sich für ihre Auftritte fürstlich entlohnen ließen, sorgte Penn für Aufsehen und schürte kaum zu erfüllende Erwartungen. Während Nicholson als gefragter Star die Hauptrolle ausfüllte, bekam der nach seinen legendären Auftritten in „Last Tango in Paris“ und „Der Pate“ für sein Benehmen kritisierte und strauchelnde Brando die Chance, sich mal wieder als herausragender Schauspieler zu beweisen.

Er sollte tatsächlich mit einem Knall zurückkehren und eine höchst exzentrische wie gewöhnungsbedürftige Performance hinlegen. Sie ging auch deswegen in die Filmgeschichte ein, weil in ihr neben der eher durch seine schlicht überwältigende Verkörperung einer Erscheinung in „Apocalypse Now“ zum letzten Mal das schauspielerische Ausnahmetalent Brandos nicht bloß aufblitzte. Der brutale Anarchist im Gewand des Rechts ist ein völlig überzogener Charakter, mit dem Brando schockierte und spaltete.

Hinter den Kulissen soll es wiederum chaotisch zugegangen sein, im Gegensatz zum Ansatz des Films geradezu klischeehaft im Stile einer Hollywood-Produktion. Leider verfügt die vorliegende Version über keinerlei Bonus Material, das die eigentlich interessante Einbettung in den filmgeschichtlichen Kontext hätte leisten können. Geschichten über das (angebliche) Verhältnis zwischen den Hauptdarstellern, den Verhältnissen hinter der Kamera sowie Fakten über verletzte und ertrunkene Pferde generierten typische Hollywood-Mythen, wie sie Arthur Penn sicher gerne vermieden hätte.

In „Duell am Missouri“ ging es dem Filmemacher nämlich um einen neuen Hollywood-Stil, bei dem es endlich wieder um den Film an sich gehen sollte. Scorsese, Altman, Mike Nichols, Woody Allen und nicht zuletzt mit „Bonnie & Clyde“ Pen selbst gelang es tatsächlich Hollywood zu modernisieren, indem sie sich vom Kitsch und Staub der Vorgänger verabschiedeten und durch Style, Ironisierung und extremen Maßnahmen weiterentwickelten. „Duell am Missouri“ zeigt unter anderem unehrenhafte Brutalität, ironische Brechung, Slapstick-Humor, umgedrehte Rollenbilder und viele Weiteres, was den geneigten Western-Gucker vor den Kopf stoßen sollte.

Tom Logan (Jack Nicholson) und seine Gangster-Sippe sind im Wilden Westen darauf angewiesen, sich mit Überfallen über Wasser zu halten. Nachdem ein Mitglied der Bande vom einflussreichen Geschäftsmann David Braxton (John McLiam) hingerichtet wird, lässt sich Logan unter neuer Identität in der Stadt nieder, um sich an ihm zu rächen. Zur Aufklärung verschiedener Straftaten und zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung engagiert Braxton den „Regulator“ Robert E. Lee Clayton (Marlon Brando), der den exzentrischen Gesetzeshüter gibt.

Der Film hat zwar seine Momente, doch er gilt zu Recht bis heute als Flop. Fast schon lehrbuchhaft bricht Arthur Penn typisch für New Hollywood mit dem Genre und den Kinokonventionen. Im Laufe des Films drehen sich die Rollenverhältnisse, wenn der müde Gangster Logan sesshaft werden möchte und der angebliche Ordnungshüter sich als kaum einzufangender Geist entpuppt. Doch am Ende stellt sich die Frage, was die Moral von der Geschichte sein soll, außer eine Anti-Genre-Film zu drehen. „Duell am Missouri“ ist größtenteils unkonzentriert, klischeehaft in seinem Ablauf und kaum an der Entwicklung seiner Charaktere interessiert.

Arthur Penn schwankt zwischen pechschwarzer Satire und von John Williams mit Banjo-Country augenzwinkernd inszeniertem Slapstick, ohne dass beides miteinander resoniert. Irgendwann geht der Plot verloren, sodass der Film sich in seinem Anliegen verfängt und selbst potenziell parodierbare Klischees entwickelt. Plötzlich macht der Film einen Sideplot in Kanada auf, der der eigentlichen Handlung nichts hinzuzufügen weiß. Stattdessen ergeht sich Penn im Spiel mit den Erwartungen und verliert sich im brutalen Blutvergießen, obwohl die Botschaft schon längst gesetzt worden ist.

Der Film zeigt das ein von Mythen durchzogenes Amerika, in dem die Sensationslust der modernen Staaten ihren Ursprung findet. Gangster, Regulatoren, Geschäftsmänner und Justiz in der Kneipe sowie Klatsch und Tratsch kommen einem heutzutage unheimlich aktuell vor und finden im Film wiederum seine Wurzeln in der Bigotterie der damaligen Gesellschaft. Die Faszination für den gepflegten Rechtsbruch wird mit dem langweiligen Landleben ohne Möglichkeiten der Selbstverwirklichung in Verbindung gebracht.

Gleichzeitig aber scheint Penn aber auch etwas daran zu liegen, die produzierte Anarchie zu kritisieren. Alles, was der müde Outlaw Tom Logan sich wünscht, ist eine Ranch und eine Frau, doch gleichzeitig ist denjenigen nicht zu trauen, die für Recht und Ordnung sorgen sollen. Die Rolle von Kathleen Lloyd als Logans love interest Jane Braxton soll in ihren ungestümen Emanzipationsversuchen mit dem traditionellen Frauenbild des Westerns brechen, doch auch dieser Pfad verläuft im Sand, weil Jane von Tom abhängig bleibt. Da hilft es auch nicht, dass Marlon Brando sich einem Granny-Dress auf einen Amoklauf begibt. „Duell am Missouri“ bleibt dann doch konservativer, als es seinem Schöpfer lieb sein kann und scheitert so an seinem Anspruch. Nur wer Großprojekte scheitern sehen will, ist mit dem Kauf gut beraten.

Fazit: „Duell am Missouri“ gilt als einer der größten Flops der Filmgeschichte, was die Rückschau nur bestätigen kann. Arthur Penns Großprojekte verheddert sich in seinem Anspruch und bricht neben den Erwartungen auch mit den Maßstäben des guten Kinos. Ein unkonzentrierter Aufbau, das fehlende Gefühl für einen einheitlichen Ton und das allzu provokative Abrechnen mit dem Westerngenre machen den Film zu einer eigenartigen Erfahrung, die durch Marlon Brandos überzogenes Spiel noch weiter ins Abstruse gezogen wird. Am Ende ist offensichtlich, worauf Penn hinauswill, und doch bekommt er es nicht in ein konsistentes Werk übersetzt. Warum der Film trotzdem Filmgeschichte geschrieben hat, darüber hätte etwas Bonusmaterial aufklären können.

Cover © FilmConfect

  • Titel: Duell am Missouri
  • Originaltitel: The Missouri Breaks
  • Produktionsland und -jahr: USA, 1976
  • Genre:
    Western
    New Hollywood
    Action

    Drama
  • Erschienen: 05.10.2018
  • Label: FilmConfect
  • Spielzeit:
    ca. 121 Minuten auf 1 Blu-Ray
  • Darsteller:
    u.a.
    Jack Nicholson
    Marlon Brando
    Kathleen Lloyd
    Harry Dean Stanton
  • Regie: Arthur Penn
  • Drehbuch:
    Thomas McGuane
    Robert Towne
  • Kamera: Michael C. Butler
  • Schnitt:
    Dede Allen
    Jerry Greenberg
    Stephen A. Rotter
  • Musik: John Williams
  • Extras:
  • Technische Details (Blu-Ray)
    Video:
    1,78:1 (1080p)
    Sprachen/Ton
    :
    D, GB
    Untertitel:
    D
  • FSK: 16

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