Der dreißigste Geburtstag lässt weniger als ein Jahr auf sich warten, und Lola (Greta Gerwig) kann sich glücklich schätzen, denn eigentlich geht es ihr recht gut, und die Hochzeit mit Luke (Joel Kinnaman), mit welchem sie das New Yorker Leben und das Bett schon einige Jahre teilt, steht an. Sie träumt von einer wunderbaren Zukunft mit ihm, doch nicht mal einen Monat vor der Trauung bekommt Luke gehöriges Muffensausen und gibt ihr den Laufpass. Das wirft Lola komplett aus der Bahn, denn all die Visionen zerplatzen mit einem Mal wie eine Seifenblase.
In ihrer Orientierungslosigkeit und Verzweiflung zu sich selbst zu finden, erweist sich als fast unmöglich. Sie datet Männer, von denen sie nicht einmal erwartet hätte, sie überhaupt daten zu wollen, und so landet sie mehrfach “aus Versehen” in diversen Betten, trinkt sich häufiger einen, als ihr gut tut, und auch beruflich eiert die junge Frau wie eine Seegurke auf Land umher. Ob ihr da der gute Zuspruch ihrer exzentrischen, vaginalgesteuerten Freundin Alice (Zoe Lister Jones) eine Hilfe sein mag? Oder ob der Rat ihrer Eltern guter Rat ist? Hält sie sich an den ihr liebsten Personen fest oder muss sie nun radikal die Schere ansetzen und das Band durchtrennen?
Lolas Geschichte darf man als eine chaotische Odyssee durch das eigene Leben interpretieren, eine Art verfrühte Midlife-Crisis, herbeigeführt durch äußere Umstände – Klischees bewahrheiten sich, das Leben ist ein Gemisch aus Genuss und Qual, aus Exzess und totalem Verlust, aus Chancen und Verlockungen, und letztendlich wird es zu einem Irrgartenlauf, dessen Zielpunkt die Erkenntnis ist. Das Begreifen und Verstehen, was man nun eigentlich selbst möchte. Doch da Lola keine Frau ist, die nur grüblerisch Besucherin ihrer eigenen Kopfkirmes ist, sondern eine, die eher impulsiv handelt, bekommt sie die Konsequenzen ihres Tuns entsprechend bald zu spüren.
“Lola gegen den Rest der Welt” zeigt, wie häufig vermeintlich Erwachsene doch noch in der Spätpubertät stecken, wie oft sich viele Menschen etwas ausmalen, was in der Form, wie es im eigenen Kopf realisiert wird, gar nicht existiert – vor allem aber, wie schnell eine entscheidend-einschneidende Situation dafür sorgen kann, dass einem der Teppich ruckartig unter den Füßen weggezogen werden kann. Und gerade dieses spätpubertäre Flair wird in diesem Film recht authentisch eingefangen, was gerade den in Beziehungen eher sattelfesten Personen eher Gefühle der Befremdlichkeit entlocken wird, denn dieses Quasi-jeder-mit-jedem ist nicht wirklich jedermanns Sache, scheint aber gerade in den 2010er Jahren, in Zeiten der extremen Oberflächlichkeit und Schnelllebigkeit, offensichtlich beinahe Normalzustand zu sein – speziell dann, wenn man selbst ein eher unstetes Individuum ist.
Zwar wird dieser Film als Komödie gehandelt, doch immer wieder ziehen sich einzelne melancholische Fäden durch die Geschichte, die dem Ganzen eine ausgewogene Dynamik verleihen. Bei den Schauspielern hat man zudem größtenteils auf Allerweltsgesichter verzichtet und mit Greta Gerwig, Hamish Linklater, Zoe Lister Jones und Ebon Moss-Bacharach eher unverbrauchte Schauspieler gewählt hat, die nicht gerade in jeder zweiten Produktion zu sehen sind. Ebenso fällt auf, dass all die Figuren eher durchschnittlicher Natur sind – glattgeleckte, zurechtoperierte Opfer der plastischen Chirurgie sieht man hier eher nicht, sondern schlichtweg Menschen mit, nun ja, menschlichen Zügen. Das ist ohnehin ein Trend, der in Zeiten der absoluten Perfektion sehr begrüßenswert ist.
Zu kritisieren wäre, dass manche Charaktere etwas zu eindimensional skizziert wurden, was dem Film ein wenig die Vielschichtigkeit nimmt, doch eventuell wäre Letzteres bei dem hohen Tempo der Story vielleicht auch zu viel des Guten gewesen, denn was in den kaum mehr als achtzig Minuten alles passiert, ist doch recht reichlich, sodass der Fokus nicht auf sämtliche Protagonisten und Coprotagonisten gerichtet ist, sondern zu achtzig Prozent auf Lola. Dennoch fehlt irgend etwas – dem Film hätte es vielleicht nicht schlecht getan, wenn man ihm rund zwanzig Minuten mehr spendiert und das Tempo an manchen Stellen etwas herausgenommen hätte, um hier und dort noch etwas intensiver diverse Dinge auszuleuchten.
Dennoch bietet dieses komödiantische Drama allerlei Kurzweil und dürfte all jene ansprechen, die Storys über das späte Erwachsenwerden zu schätzen wissen. Es gibt zwar zahlreiche Produktionen, die dies besser in Szene setzen, doch im ganz oberen Mittelfeld darf “Lola gegen den Rest der Welt” gerne gesehen werden.
Cover und Packshot © Twentieth Century Fox Home Entertainment
- Titel: Lola gegen den Rest der Welt
- Originaltitel: Lola Versus
- Produktionsland/-jahr: USA, 2012
- Erschienen: 04/2013
- Label: Twentieth Century Fox Home Entertainment
- Regie: Daryl Wein
- Drehbuch: Daryl Wein, Zoe Lister Jones
- Spielzeit: 83 Minuten
- Darsteller:
Greta Gerwig
Joel Kinnaman
Zoe Lister Jones
Hamish Linklater
Bill Pullman
Debra Winger
Maria Dizzia
Jonathan Sale
Ebon Moss-Bachrach - Extras:
Spaß am Set
Fiese Outtakes mit Ebon Moss-Bachrach
Lustige Outtakes mit Cheyenne Jackson
Gesamtspielzeit der Extras ca. 6 Minuten - Technische Details:
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch und weitere.
Audio: Deutsch, Englisch (DD 5.1)
Video: 16:9, 1.85:1 - FSK: 12
- Sonstige Informationen:
Filminfo mit Trailer und Erwerbsmöglichkeiten
DVD & Blu-Ray
Wertung: 10/15 dpt