Tilo Linz definiert auch Entwicklungsleiter, Projektmanager oder Experten für Softwarequalität als Zielgruppe dieser Veröffentlichung. Nach eigenem Eindruck empfiehlt sich das Buch jedoch vor allem Lesern, die das Gelernte direkt umsetzen möchten. Hier sind also insbesondere Programmierer und Softwaretester angesprochen. Der Einleitung folgend gibt der Autor dem Leser zunächst eine kurze Einführung in die agilen, in Sprints organisierten Vorgehensmodelle von Scrum und Kanban und stellt diese dann den klassischen Modellen (namentlich dem V-Modell) gegenüber.
Ein Fallbeispiel wird konsequent anhand der dem agilen Projektteam zur Verfügung stehenden Planungswerkzeuge definiert. Die entsprechenden Werkzeuge werden hier noch einmal kurz erklärt. Die wesentlichen Fachbegriffe des agilen Projektmanagements tauchen sämtlich auf und bereiten den Leser auf das eigentliche Thema “Testen” gut vor. Als eine erste Einführung in das agile Projektmanagement ist das Buch allerdings weniger zu empfehlen, da der Schwerpunkt deutlich auf der Einführung des Beispielprojektes beziehungsweise der Planungsphase des Test-Phasenmodells liegt. Doch das entspricht ja auch genau der Konzeption des Fachbuchs.
Die Beschreibung der Test-Techniken (Unittests, Integrationstests, Systemtests, Abnahmetests) erfolgt – wie auch beim klassischen Testen üblich – entlang des Entwicklungsstandes eines zu entwickelnden Systems. Im klassischen Sinne ist dies das V-Modell. Allerdings achtet der Linz stets darauf, auch Anwendungspraktiken und deren Einführung aus der agilen Softwareentwicklung zu erläutern. Hier handelt es sich um das aus der XP-Programmierung stammende “Test First” und den möglichst automatisierten Testprozess der Kontinuierlichen Integration (Continuous Intergration). Selbstverständlich werden auch die Herausforderungen der wiederholten Durchführung eines Systemtests zu jedem Sprint-Ende im Zusammenhang mit Scrum behandelt.
Der Abschnitt über Qualitätsmanagement (QM) und Qualitätssicherung (QS) beschreibt die mögliche Abbildung der agilen Prozesse, insbesondere der qualitätssichernden Testprozesse, in einem unternehmenseigenen QM-System. Es entsteht der Eindruck, dass der Autor, immer wenn er die ISO9000 erwähnt, eigentlich die ISO9001 meint. Doch auch unabhängig davon wirkt das Kapitel ein wenig deplatziert, da es sich an eine andere Zielgruppe (Qualitätsbeauftragte) wendet und daher auch inhaltlich anders aufgebaut werden sollte. Stattdessen wäre an dieser Stelle ein Kapitel über das Phasenmodell des Testens sinnvoller gewesen. Im letzten Kapitel beleuchtet der Autor schließlich fünf Fallstudien zum Thema, die aus bekannten Unternehmen stammen.
Fazit: Es ist eine gute Idee, die zu vermittelnden Inhalte anhand eines konkreten Beispiels zu verdeutlichen, das sich konsequent wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Der Ansatz kann Leser dazu motivieren, das Gelernte sofort um- und einzusetzen. Die jedem Kapitel folgenden Testfragen und Übungen stören nicht weiter, wurden aber auch nicht als zwingend nötig empfunden, da das Buch nicht den Anspruch hat, auf eine bestimmte Prüfung oder Zertifizierung vorzubereiten. Der Autor, Vorstand und Mitgründer der imbus AG, ist erkennbar ein sattelfester Kenner der Materie. Der Band bietet eine fundierte Einführung in das Testen allgemein und speziell in das Testen in Scrum-Projekten.
Diese Rezension stammt von Gastautor Kai Weber.
Kai Weber ist Gründer und Geschäftsführer der werusys Industrieinformatik und kann auf Erfahrung aus 20 Jahren IT-Projektarbeit zurückgreifen. Der Dipl.-Physiker und ausgebildete Umwelttechnologe ist vom Project Management Institute zertifizierter Project ManagementProfessional.
Cover © dpunkt.verlag
- Autor: Tilo Linz
- Titel: Testen in Scrum-Projekten, Leitfaden für Softwarequalität in der agilen Welt
- Verlag: dpunkt.verlag
- Erschienen: 2013 (1. Auflage)
- Einband: Gebunden
- Preis: 34,90€
- Seiten: 248
- ISBN: 978-3-89864-799-1
- Sonstige Informationen:
Bezugsmöglichkeit
Auch als E-Book erhältlich
Wertung: 12/15 dpt