Um es gleich vorweg zu sagen: Jon Fosse macht seinem Leser die Lektüre nicht einfach. Und das liegt sicher nicht an seinem Übersetzer, Hinrich Schmidt-Henkel, denn der ist erfahren und exzellent. Wer die Schönheit dieser drei zusammenhängenden Erzählungen entdecken will, muss mehr als nur ein wenig die Zähne zusammenbeißen.
Die Geschichte ist schnell erzählt. Asle und Alida, ein junges Pärchen, müssen ihr norwegisches Heimatdorf verlassen, denn Alida ist schwanger und darum zu Hause nicht mehr willkommen. Weil Alidas Mutter sie beim Diebstahl einiger Lebensmittel erwischt, die sie als Proviant mitnehmen wollten, tötet Asle sie in seiner Not, von Alida unbemerkt. Das Paar flüchtet mit einem gestohlenen Boot in die nächstgrößere Kleinstadt, wo sie eine Unterkunft zu finden versuchen. Doch auch dort will niemand sie aufnehmen.
Als die Nacht hereinbricht und sie immer noch auf der Straße stehen, weiß Asle sich nicht anders zu helfen und verschafft sich gewaltsam Zutritt zum Haus einer alten Frau. Auch von dieser Tat bemerkt Alida, die völlig erschöpft ist, nichts. Als Asle nach der Geburt des Sohnes darauf drängt, die Stadt zu verlassen und andere Namen anzunehmen, hinterfragt sie seinen Beschluss nicht. Sie finden eine abgelegene verlassene Hütte, in der sie kurze Zeit trotz Armut ein relativ glückliches Leben führen. Doch dann möchte Asle eines Tages endlich Ringe kaufen gehen, um zumindest so zu tun, als seien sie verheiratet, und schon hat die Idylle ein Ende.
Jon Fosse erzählt diese tragische Geschichte mit einfachen Worten, schmucklos und unsentimental mit einer ganz eigenen Erzähltechnik, die sehr repetitiv und deshalb oft ermüdend ist. Umso erstaunlicher ist es, dass die Geschichte den Leser trotzdem berührt. Die rustikale Lebenswelt von Asle und Alida hat etwas Mittelalterliches, die Herbergssuche in der ersten Erzählung der Trilogie etwas Biblisches und aus den schlichten Gesprächen der Figuren erwächst eine Wirklichkeit, die in ihrer Fremdheit eine ganz eigene Schönheit entwickelt. Eine lohnenswertes Lektüre für ausdauernde Leser.
- Autor: Jon Fosse
- Titel: Trilogie
- Originaltitel: Trilogien
- Übersetzer: Hinrich Schmidt-Henkel
- Verlag: Rowohlt
- Erschienen: 06/2016
- Einband: Hardcover
- Seiten: 205
- ISBN: 978-3-498-02065-1
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 10/15 dpt
Kein Kommentar, eher eine Ergänzung.
Der ungarische Komponist Peter Eötvös(*1944) hat die Trilogie von Jon Fosse in eine Oper verwandelt. Sie hatte gestern, 28. Nov 2021, in der Staatsoper unter den Linden in Berlin ihre Uraufführung. Tolle Darsteller, schöne Inszenierung. Absolut empfehlenswert.
Na so was! Vielen Dank für den Hinweis. Nicht, dass ich vorher darüber nachgedacht hätte, aber tatsächlich hat die Geschichte absolut Opernpotenzial.