Seit Herbst 2015 ist Tobi Katze mit seinem Buch „Morgen ist leider auch noch ein Tag“ über die Selbsterfahrung Depression auf Lesetour. Als Live-Literat, wie Tobi Katze sich selber nennt, bringt er einen speziellen Humor, mit dem er seiner Depression (siehe Rezension zu „Morgen ist leider auch noch ein Tag“) begegnet, auf die Bühne.
Zu Beginn der Lesung am 26. November 2015 in Duisburg wurde im Grammatikoff erst einmal die Stimmung angeheizt. Tobi Katze erschien auf der Bühne, doch er verschwand gleich wieder, weil der Applaus vom überrumpelten Publikum mit Verzögerung einsetzte. Beim zweiten Versuch brandete frenetischer Beifall auf und Literat und Publikum waren bereit für das, was kommen sollte. Danach fragte Tobi sein Publikum, wer denn das Buch schon gelesen habe – nicht einmal eine Handvoll Leute meldeten sich. Auf die Frage, wer sich denn gerade selbst in einer Therapie befände, oder als Therapeut tätig sei, erhob zumindest im Grammatikoff eine satte Mehrheit der Gäste die Hand. Und dann ging es los mit dem ersten Kapitel „Blei“, der Szene mit dem Wäschehaufen, gefolgt von Episoden aus der Therapie und mit der Familie. Also Auszügen aus jenen Kapiteln, die exemplarisch für den Alltag mit Depressionen stehen. Der dramatische Höhepunkt und die Entwicklung der Geschehnisse wurden nicht verraten. Der Zuhörer soll ja das Buch möglichst erwerben und auf seine Weise erlesen und erleben.
Tobi Katze ist als Live-Literat ein Entertainer und auch Schauspieler. Mit sonorer Stimme hörten wir seinen Therapeuten ihn therapieren, während sein Wäschehaufen verzweifelt, die Tabletten aufmüpfig und seine Mutter leicht hysterisch klangen. Tobi sprach sich selbst eher teilnahmslos, wie einen Beobachter, der Szenen aus seinem Leben beschreibt. In den inneren Monologen wurde aus dem Beobachter der Akteur und Analyst, doch die emotionale Distanz blieb. Was ergreifend wirkte und zusammen mit Tobis Erklärung dazu mehr über die Krankheit aussagte, als jede Fachabhandlung es könnte.
»Ich bin nicht traurig, [..] das ist ja die Krux an der ganzen Nummer. Die Leute meinen immer, wer Depressionen hat, sei traurig. Aber ich fühle mich nicht im Mindesten traurig. Ich fühle gar nichts. Nix. Null. Einfach nichts.« (S. 81)
Die Tristesse des Themas trat in den Hintergrund und es blieb mehr vom Humor übrig, der oft rabenschwarz ausfiel. Mehr von der Selbstironie, mit der Tobi Katze sein Leben betrachtete, mehr vom Sarkasmus, mit der er Begebenheiten rund um die Krankheit kommentierte.
»Depressionen? Die Nebenwirkungen von Antidepressiva sind Depressionen? Das kommt mir jetzt nicht sonderlich durchdacht vor, muss ich zugeben.« (S. 148)
Vor allem aber blieb mehr vom Mut, so offen über das Leben mit einer Depression zu sprechen und Scherze darüber zu treiben. „Man muss!“ sagte Tobi am Ende der Lesung dazu.
Ich habe mir mein Buch signieren lassen und Tobi Katze einen Kuli geschenkt, vielleicht hat er ihn noch. Gefragt habe ich ihn nach dem Sinn des Untertitels „Irgendwie hatte ich von meiner Depression mehr erwartet.“ Ja, was denn? Das sei eine Kampfansage sagte Tobi Katze zu mir und inzwischen glaube ich, zu verstehen.
»Alter. Ich schaff das. Ich mach diese Depression kaputt. Ganz alleine werd ich die kaputt machen. Und zwar so richtig.« (S. 131)
Bilder ©
1. cmoma artists-pop up comedy
2. Eva Bergschneider
Hier geht es zur Rezension zu “Morgen ist leider auch noch ein Tag”.
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