Was Marielle weiß (Kino)

Stellt euch vor, jemand könnte eure Gedanken lesen – ständig und auch aus Entfernung. Sowas würde möglicherweise zu einigen peinlichen Momenten führen. Genau das zeigt die gleichnamige Tochter in “Was Marielle weiß”, indem sie die Gedanken ihrer beiden Elternteile hört – immer und überall.

Pikant ist so eine Begabung, wenn gleich zu Beginn Mutter Julia mit ihrem Kollegen Max Anzüglichkeiten austauscht und raucht, etwas, das sie abstreitet. Auch Marielles Vater Tobias ist bei weitem nicht so schlagfertig, wie er das selbst gerne behauptet. Als beim gemeinsamen Essen die Tochter ihre Eltern darauf anspricht, sind diese zwar erstmals verwundert, tun dies aber als Zufall ab.

Diese Zufälle werden jedoch immer mehr und die Eltern fühlen sich zurecht von ihrer Tochter ertappt. Diese wird dementsprechend gleich mal ärztlich untersucht, doch es wird kein klinisches Problem gefunden. So verstricken sich Julia und Tobias in immer skurrilere Szenen und Ausreden und offenbaren dadurch, dass in dieser Ehe die Luft durchaus draußen ist und jeder eigenständig sein Ding durchzieht. Für Marielle als junge Heranwachsende hinterlässt das viele Fragezeichen und Enttäuschungen. Schließlich haben die eigenen Eltern oftmals quasi Heldenstatus, der ohnehin in der Pubertät schwindet. Hier wird jedoch gnadenlos das Bild der scheinbaren heilen Welt eingerissen und die Tochter muss erstmals mit den neu gewonnenen Erkenntnissen umgehen. Laeni Geiselers Spiel ist den Situationen angepasst, bekommt jedoch nur wenig Screentime. Im Fokus bleiben Julia Jentsch und Felix Kramer als Elternpaar.

Regisseur Frédéric Hambalek bleibt eine schlüssige Erklärung schuldig, warum Marielle genau die Gedanken ihrer Eltern lesen kann. Causal könnte die Ohrfeige einer Mitschülerin ausschlaggebend gewesen sein. So genau weiß man das allerdings nicht und letztlich ist es auch egal. Spannend ist eben der Perspektivenwechsel, sodass das Kind letztendlich die Macht über die Eltern hat und dies auch gut auszuspielen weiß.

Richtige Schenkelklopfer sind keine dabei, dennoch gibt es genügend Szenen, die zum Schmunzeln, aber auch Nachdenken oder zum Fremdschämen anregen. All dies geschieht unaufgeregt inszeniert entweder im elterlichen Haushalt oder den stylischen Firmen. Unterbrochen wird das nur von wenigen Szenen, in denen Marielle mittels Nahaufnahme und eindringlicher klassischer Musik vor farbigen Hintergründen zu sehen ist. Dies mag wohl auch einen gewissen esoterischen Hauch verleihen, wenngleich in weiterer Folge darauf überhaupt nicht weiter eingegangen wird.

Im Verlauf des weiteren Films werden die Handlungen und Ausreden der Eltern immer kurioser und das große Spannungsfeld der innerfamiliären Kommunikation wird seitens Hambalek schonungslos aufgezeigt, wenngleich er nicht das volle Potenzial der Thematik ausgeschöpft hat. Der Film lief im Hauptbewerb der 75. Berlinale und erhielt durchwegs positive Kritik.

Fazit: “Was Marielle weiß” bietet ein spannendes und mitunter amüsantes Thema mit einem überzeugenden Ensemble rund um Regisseur Frédéric Hambalek.

  • Titel: Was Marielle weiß
  • Produktionsland und -jahr: Deutschland, 2025
  • Genre: Drama, Komödie
  • Erschienen: April 2025
  • Label: DCM
  • Spielzeit: 86 Minuten
  • Schauspieler: Julia Jentsch
    • Felix Kramer
    • Laeni Geiseler
    • Mehmet Atesci
  • Regie: Frédéric Hambalek
  • Drehbuch: Frédéric Hambalek
  • Schnitt: Anne Fabini
  • Musik: Steffen Pfauth
  • Kamera: Alexander Griesser
  • FSK: 12
  • Sonstige Informationen:

Wertung: 11/15 dpt

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