Dieses Jahr reiste ich am Buchmesse-Donnerstag mit der Bahn in Leipzig an. Da alle Züge pünktlich fuhren, konnte ich nach dem Einchecken im Hotel noch einen sonnigen Bummel durch die City unternehmen. Und Luft holen für den anstehenden Rummel auf der Leipziger Buchmesse 2025.
Lesebühne Pinzette präsentiert das Buchmesse-Special
Am Donnerstagabend ging es zum ersten Highlight: dem Buchmesse-Special der Lesebühne Pinzette. Im Gewölbe des Beyerhaus moderieren Jan Lindner und meine Booknerds-Kollegin Mariann Gaborfi eine Open-Stage Lesebühne, auf der regelmäßig etablierte Autor*innen aus ihren Werken lesen und Schreibende aus dem Publikum ihre Zeilen auf die Bühne bringen. Zum Buchmesse-Special waren gleich vier Künstler*innen geladen: die Autorin Ela Meyer, Buchautor und Psychologe Matthias Thiele im Duo mit der aus der Ukraine stammenden Künstlerin Felizitas Immer und der Musiker Richard Limbert. Ela Meyer stellte ihren Roman „Furchen und Dellen“ vor: eine Geschichte über alternative Familienmodelle und Freund*innen, die sich nach Jahren an unterschiedlichen Punkten ihres Lebens erneut begegnen. Matthias Thiele und Felizitas Immer präsentierten die Bilderserie „Die Befreiung. Schritt 1“. Die Bilder des Projekts waren im Gewölbe ausgestellt und die beiden untermalten die visuellen Eindrücke mit Texten und Musikbegleitung auf dem E-Piano. Folkmusiker und Singer-Songwriter Richard Limbert spielte zwischen den Lesungen einige selbst komponierte Stücke. Es war ein unterhaltsamer und besonderer Leseabend, sehr vielseitig mit ganz unterschiedlichen Texten und musikalischen Live-Acts. Besonders gefreut hat mich, dass ich meine Booknerds-Kollegin Mariann endlich vis-à-vis begegnet bin und wir nach der Show ein wenig quatschen konnten.
Der SERAPH 2025 – drei Kategorien, vier Ausgezeichnete
Gastland der Leipziger Buchmesse 2025 war Norwegen, ein Land aus dem wunderbare Literatur kommt. Leider nahm ich mir nicht die Zeit für norwegische Literatur, sondern blieb bei den Lesungen der Phantastikinseln 1 und 2 hängen, wo moderne und vielseitige Science-Fiction und Fantasy präsentiert wurde. Die Trendthemen sind derzeit dystopisch-utopische Zukunftsentwürfe, alternative und queere Familien und Fantasy- Romance.
Die Verleihung des SERAPH eröffneten in diesem Jahr Natalja Schmidt und Hanka Leo, die die Funktion der Vorsitzenden der Phantastischen Akademie von Oliver Graute übernommen hat. Hanka stellte in ihrer Eröffnungsrede den Einfluss des aktuellen Weltgeschehens auf die Phantastische Literatur in den Mittelpunkt. Die Frage „Was taugt Kunst, wenn sie nicht mit der Zeit geht“ beantwortet die Phantastik mit Geschichten, die nicht nur unserer Gesellschaft den Spiegel vorhalten, sondern Lesende inspirieren, ein gestaltender Teil der Zukunft zu sein.
Die Preisträger*innen des SERAPH 2025 und nun stolze Besitzer*innen der sechsfach geflügelten Statuetten sind:
- Freya Petersen für den Dark-Fantasy Roman „Die Mutter der Masken-Band 1: Säure“ (Kategorie: Bestes Debut)
- Kai-Holger Brassel für den Zukunftsroman „All an!“ (Kategorie: Bester Indie)
- Theresa Hannig für den dystopischen Roman „Parts per Million“ (Kategorie: Bestes Buch)
Wieder hielten die Gewinner:innen des Vorjahres inspirierende Laudationen. Nachdem Theresa Hannig ihre Statuette erhalten und in ihrer Dankesrede mitreißend zu Demokratieerhaltung und politischem Engagement aufgerufen hatte, wurde ein SERAPH als Ehrenpreis verliehen. Oliver Graute, einer der Gründer der Phantastischen Akademie und zugleich des SERAPH Preises erhielt ebenfalls einen schwarzen, glänzenden Seraph. Oliver war sichtlich bewegt und erklärte, dass es für ihn ein surreales Gefühl ist, nun den Preis in der Hand zu halten, den er selbst vor 14 Jahren für den Phantastik Preis SERAPH gestaltete.
Als besonderes Highlight des Buchmesse-Freitag verbuche ich, dass wir ein kleines und fröhliches Booknerds-Redaktionstreffen erlebten. Nachdem ich Mariann bereits am Donnerstag im Beyerhaus kennenlernte, schauten wir uns zusammen die SERAPH Verleihung an. Zuvor hatte ich Karoline Siep kontaktiert und auch sie trafen wir kurz bei der Verleihung. Mit Karo und ihrem Partner Constantin genoss ich anschließend die „Lange Nacht der Phantastik“ im Kulturzentrum „Anker“. Außer den Preisträger*innen lasen dort Lisanne Surborg aus ihrem aktuellen Roman „Nachtlügen“, Markus Heitz aus „Die Schwarze Königin Band II“ und Liza Grimm aus „Eislotus“. Zur Abwechslung gestalteten die Gastautor*innen in diesem Jahr ihre Lesungen interaktiv und bezogen das Publikum mit ein. Lisanne hatte ein kleines Quiz vorbereitet, bei dem es Schlafmasken und Schlaftees zu gewinnen gab und Markus Heitz verteilte Bingo-Karten mit richtig lustigen Begriffen. Schließlich fand noch eine Diskussionsrunde mit allen Autor*innen auf der Bühne statt und so endete ein sehr bewegender und zugleich witziger Phantastik-Leseabend.
Volle Messehallen, ein Ausflug nach Shikoku/Japan und ein auserlesener Abend im Eolian Club
Am Samstagvormittag stürzte ich mich ins Wochenendgetümmel der Buchmesse und klapperte einige Verlage ab. Eine angenehme Verschnaufpause legte ich in der PAN-Lounge ein und führte sehr nette Gespräche mit einigen Autor*innen. Danach beschloss ich, die übervollen Messehallen zu verlassen und stattdessen in der Nähe meines Hotels eine Lesung zu besuchen. Zufällig hatte ich einen Aushang in einem Café gesehen, auf dem die Lesung aus einem Reisebuch angekündigt wurde. Thomas Bauer las aus „Fremdes Japan – Wie ich versuchte, 88 Tempel zu erobern und mich dabei in Japan verlor“. Der Autor zeigte dazu eine Bildershow und spielte mit zwei Musiker*innen Stücke mit Gitarre und japanischen Instrumenten. Thomas war den über 2000 Jahre alten Pilgerweg auf Shikoku, der kleineren Südinsel Japans, gewandert und erzählte von überraschenden Begegnungen mit der Lebensart der Japaner*innen.
Noell’s Ballroom ist ein gemütlicher, äußerst verwinkelter Irish Pub in der Innenstadt von Leipzig mit einem schicken kleinen Festsaal – genau der richtige Ort für ein Treffen des Eolian Club der Hobbit Presse. Es wurde ein charmanter Abend mit informativen Interviews auf der Bühne und spannenden Gesprächen abseits. Nils Westerboer und Lisanne Surborg lasen aus ihren aktuellen Romanen „Lyneham“ und „Nachtlügen“ und plauderten ein wenig aus dem Nähkästchen. Interessant war auch, einen Einblick in die Übersetzungsarbeit von Wieland Freund und Andrea Wandel zu bekommen. Das Besondere war allerdings, dass ich mit großartigen Buchmenschen entspannt und fröhlich eine magisch schöne Zeit verbringen durfte.
Die Leipziger Buchmesse 2025 war wieder ein echtes Highlight. Ich bin immer wieder erstaunt, dass jede LBM ihre ganz eigenen Höhepunkte und Überraschungen bietet und anders verläuft, als man es erwartet hatte – im positivsten Sinn. Also dann bis nächstes Jahr auf der Buchmesse in Leipzig 2026, die Unterkunft ist schon gebucht.