
Die Hochsicherheitsgefängnisse Alcatraz und Sing Sing sind wohl aus diversen Filmen oder Dokus bekannt. Im letzteren spielt der gleichnamige Film über theaterspielende Häftlinge.
John „Divine G“ Whitfield (Colman Domingo) sitzt seit Jahren wegen Mordes im Gefängnis und gründete dort das tatsächlich existierende Projekt „Rehabilitation Through the Arts“ (RTA). Der Film zeigt allerdings nicht dessen Gründung, sondern die Auswahl eines neuen Stückes, welches die Häftlinge einstudieren und aufführen wollen. Während einige Klassiker wie Shakespeare nicht fehlen dürfen, entscheidet sich die Gruppe dieses Mal für eine Komödie, zu trist sei der Alltag in der Haftanstalt.
Davon wird sehr wenig gezeigt, Szenen beim Essen, Hofgang, in den Einzelzellen oder bei einer Bewährungsanhörung bilden die Minderheit. Der Großteil des Films ist den Proben und den dazugehörigen Herausforderungen gewidmet.

Dies macht auch die besondere Intensität von „Sing Sing“ aus. Schließlich besteht der überwiegende Teil des Casts aus ehemaligen RTA-Teilnehmern und somit aus Häftlingen. Neben Colman Domingo (unter anderem bekannt aus „Fear the Walking Dead“), weiß Clarence „Divine Eye“ Maclin zu überzeugen. Dieser wird für das aktuelle Stück gecastet und muss sich erst in dem Theaterprojekt zurechtfinden. Doch tatsächlich bietet das gemeinsame Eintauchen in fremde Rollen so viel mehr. Die Häftlinge sind eine Zeit lang keinen anonymen Nummern und müssen als Gruppe zusammenarbeiten, Kompromisse eingehen, Verantwortung übernehmen. Also all das, was von ihnen zurück in der Freiheit und als Teil der Gesellschaft erwartet wird.
Dass dies mitunter für Reibungen innerhalb der Gruppe sorgt, ist vorprogrammiert. Wer jetzt aber an gewalttätige Auseinandersetzungen denkt, ist fehlgeleitet. Erstaunlich reflektiert agieren die sonst ach so starken Männer mit ihren individuellen Biografien und Taten. Auch jene werden kaum thematisiert. Es soll in die Zukunft geblickt werden und nicht in die kriminelle Vergangenheit.
Gerade der geduldige und gutmütige Whitfield trägt hier Vieles dazu bei. Nach und nach wachsen er und der gegensätzliche Divine Eye zusammen.

Sowohl Regisseur Greg Kwedar als auch Kameramann Pat Scola erschufen eine intime Atmosphäre, ohne dabei reißerisch oder kitschig zu werden. Gerade die Proben und die innerliche Auseinandersetzung mit sich selbst sind besonders sehenswert. Nicht umsonst wurde “Sing Sing” mit 3 Academy Awards © Nominierungen bedacht (Bestes adaptiertes Drehbuch, Bester Filmsong, Bester Schauspieler). Für die begehrte Goldmann-Statue reichte es letztlich doch nicht.
Fazit: “Sing Sing” ist ein berührendes, mitreißendes und dennoch ruhiges Gefängnisdrama und sollte unbedingt auf eurer Watchliste stehen.
- Titel: SingSing
- Originaltitel: Sing Sing
- Produktionsland und -jahr: USA, 2023
- Genre: Drama
- Erschienen: 02/2025
- Label: Weltkino Filmverleih
- Spielzeit: 104 Minuten
- Schauspieler: Colman Domingo
- Paul Raci
- Sean San Jose
- Regie: Greg Kwedar
- Drehbuch: Greg Kwedar
- Clint Bentley
- Brent Buell
- Schnitt: Parker Laramie
- Musik: Bryce Dessner
- FSK: 12
- Sonstige Informationen:
- Filmseite

Wertung: 12/15 dpt