Viel Arbeit und Ärger für Hirsch im Outback

Am Fuße des Desolation Hill betreibt Schafzüchter Russ Fanning seine Farm, auf der vor einem Monat ein Merino-Zuchtbock mit einem Langstreckengewehr getötet wurde. Immerhin ein Schaden von rund 45.ooo Dollar und Constable Paul Hirschhausen, für alle nur Hirsch, hat bereits einen Verdacht. Auf der riesigen Farm Dryden Downs leben Sam und Mia Dryden mit ihren zahlreichen Angestellten. Von dort meldete sich letztmals vor vier Monaten der einundzwanzigjährige, belgische Backpacker Willi bei seiner Mutter Dr. Janne Van Sant, die nun mit Hirschs Hilfe ihren Sohn finden möchte. Mia Dryden weiß angeblich von nichts, außer dass Willi mit einer Auszubildenden die Farm vor etlichen Wochen verlassen hat. Mia ist Jägerin und neuerdings auch als bekannte Covid-Leugnerin bekannt.
Auf der Rückfahrt nach Tiverton erreicht Hirsch ein Anruf seines Freundes Bob Muir. Am Rande des Gemeindeackers brennt ein Koffer, den zwei mit einer Drohne spielende Kinder entdeckt haben. Eigentlich kein großes Problem, läge darin nicht die Leiche eines jungen Mannes.
„Könnten Jungs sein, die herumalbern, könnte was Ernstes sein. Weiß der Himmel, aber dieses Jahr sind die Spinner alle aus ihren Löchern gekrochen.“
Die Bundespolizei übernimmt, derweil schon die nächsten Probleme warten. Kate, die Tochter von Hirschs Partnerin Wendy, wird Opfer eines üblen Internetmobbings und ist kaum noch zugänglich. Der junge Jacob Maher, der erst vor kurzer Zeit mit Mutter, Stiefvater und dessen Tochter nach Tiverton gezogen ist, macht einmal mehr Probleme. Trotz entzogenem Führerschein rast er durch den Ort und eine illegale Müllentsorgung macht ebenfalls Ärger.
„Ich bin hier allein und kontrolliere ein Gebiet von der Größe Belgiens.“
Und als wäre in Tiverton, wo Hirsch allein auf weiter Flur arbeitet, nicht schon genug los, erfährt er von ekelhaften Videos, die hilflose Menschen in ihrer Not zeigen. Eine direkte Spur der Urheber führt direkt zu dem Polizeirevier von Redruth, das Hirschs Chefin Hilary Brandl leitet. Die Bundespolizei macht Ärger, die Interne wartet auf seine Aussage und dann stößt Hirsch auch noch auf eine rassistische Gruppe, die gerade dabei ist, sich auf den Ernstfall vorzubereiten.
Vierter Fall für Senior Constable Paul „Hirsch“ Hirschhausen
Garry Disher, der australische Krimi-Altmeister, sollte jedem Krimifan inzwischen ein Begriff sein. Mehrfach gewann er den Deutschen Krimipreis, darunter 2021 für „Moder“ aus der Reihe um Berufsverbrecher Wyatt. Auch seine Inspector-Challis- und Constable-Hischhausen-Romane überzeugen. Der vorliegende Band ist nach „Bitter Wash Road“, „Hope Hill Drive“ und „Barrier Highway“ bereits der vierte Fall für Senior Constable Paul „Hirsch“ Hirschhausen.
Im australischen Outback liegen die Farmen mitunter weit auseinander. Dies führt zu Einsamkeit, welche wiederum nicht selten zu sozialer und geistiger Verelendung führt. So sind dort wie anderswo vor allem junge, etwas einfältige Menschen anfällig für die Parolen extremer Weißer, was im weiteren Verlauf die Bundespolizei auf den Plan ruft. Hirsch möge sich um seinen Kram kümmern, doch die Grenzen verlaufen nicht immer klar. Die eingangs skizzierten Vorfälle und einige mehr wollen aufgeklärt werden, vermischen sich derweil und so bleibt es erneut ein Wunder, dass der australische Starautor den Überblick behält respektive seinen Protagonisten diesen behalten lässt.
Er hatte Häuser abgeklappert – in dieser Gegend eine Rundreise von dreihundert Kilometern -, aber nichts herausbekommen.
Die Arbeit führt Hirsch immer wieder über die Bitter Wash Road, wo Wendy Sweet mit ihrer Tochter Kate lebt, oder den Barrier Highway, was für Fans der Serie gewisse Erinnerungen weckt. Die Darstellung der zahlreichen Randfiguren und deren Befindlichkeiten sind ebenso wie die Kargheit der Landschaft ein Leseerlebnis. Wie erwähnt, liest man hier gleich mehrere Krimis in einem. Hirsch ist seit mittlerweile rund dreieinhalb Jahren in Tiverton dank einer Strafversetzung. Der Stadtbulle als Provinzpolizist, aber er hat sich eingelebt und wird von immer mehr Dorfbewohnern akzeptiert. Ruhig und beharrlich, immer ein offenes Ohr und empathisch, versucht er zu helfen und kommt sich nicht selten wie ein Sozialarbeiter vor. Doch genau diese Arbeitsweise verschafft ihm Erkenntnisse, die den Bundespolizisten aus Adelaide für immer verschlossen bleiben.
Aktuelle Themen wie Rassismus und die Corona Epidemie im Zusammenspiel mit Rassisten, Impfgegnern und anderen Idioten sorgen für reichlich Arbeit. Dazu gesellen sich kauzige Dörfler und charakterlich sehr unterschiedliche Polizeibeamte.
Einmal mehr gilt: Beim Australien Noir oder Outback Noir kommt man trotz namhafter Konkurrenz an Garry Disher nicht vorbei.
- Autor: Garry Disher
- Titel: Desolation Hill
- Originaltitel: Day’s End. Aus dem Englischen von Peter Torberg
- Verlag: Unionsverlag
- Umfang: 352 Seiten
- Einband: Hardcover
- Erschienen: Februar 2025
- ISBN: 978-3-293-00599-0
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Wertung: 13/15 dpt