Herbert Pelzer – Cilli stirbt (Buch)

“Cilli stirbt” bietet einen ungewöhnlichen Mord in Nörvenich

Cilly Hausmann ist vierunddreißig Jahre jung und hat sich ihr Leben irgendwie ein wenig anders vorgestellt. Eher widerwillig hilft sie ihrer Mutter Alwina Hanke in deren Friseursalon, da diese fortwährend ihre Arbeit kritisiert. Auch in der Ehe mit Wolfgang war einst mehr Feuer. Jetzt schraubt er in seiner Freizeit am Auto herum oder hängt mit Freunden ab. Eine Chance auf Veränderung hofft sie in einer Nebentätigkeit als Avon-Beraterin zu finden. Anita Engelmann ist eine ihrer Kundinnen und so lernt sie deren Mann Ingo kennen, der ihr alsbald Avancen macht. Beide sind verheiratet, das geht doch nicht. 1975 und noch dazu im kleinen Nörvenich, wo jeder jeden kennt.

Kriminalhauptkommissar Emil Glasmacher von der Kripo Düren sieht Mitte Februar seinem 60. Geburtstag und damit seiner Pensionierung im April entgegen. Da kommt ein Mord zur Unzeit. Gemeinsam mit seinem Partner Michael Matzerath findet er in Nörvenich einen seltsamen Fall vor. Im Haus von Ingo Engelmann sind noch die Überreste eines Abendessens für zwei Personen zu sehen, doch vom Hausherrn fehlt jede Spur. Von einem Nachbar erfährt man zudem, dass seine Frau ihn verlassen hat. Aber warum sitzt auf der Terrasse die hübsche Cilli tot in der Hollywoodschaukel?

Kleinbürgerliche Fassaden stürzen ein

Herbert Pelzer beendet mit „Cilly stirbt“ seine Emil-Glasmacher-Trilogie (nach „Niemand“ und „Rosental“) mit einem Paukenschlag. Zunächst geht es jedoch gemächlich zu in der Voreifel und so werden ausführlich die Figuren vorgestellt. Dies ist auch letztlich der Schwerpunkt des Romans oder besser gesagt, es geht um die Frage, wie sich ein Verbrechen – Cilly wurde erschlagen – auf die Betroffenen auswirkt und wie sie damit umgehen. Die Figuren wirken zwar etwas stereotyp, aber so soll es hier sein.

„Können Sie sich vorstellen, dass Herr Engelmann Feinde hatte? Hatte er Streit mit jemandem?“

„Nein, wie gesagt, der Ingo ist einer von den Guten.“

Mike Matzerath unterstrich das Wort Guten in seinem Notizbuch, was für eine merkwürdige Bezeichnung für ein Arschloch wie Engelmann.

Der narzisstische Autoverkäufer Ingo, der sich für den Größten hält und schnell zum Choleriker mutiert, wenn nicht alles so läuft, wie er es möchte. Cilly, die frustrierte Ehefrau, die zudem mit ihrer Mutter im Dauerclinch liegt. Walter Berghahn, Ingos Nachbar, der selbstgefällig den spießigen Kleinbürger gibt und gedanklich in der ach so ruhmreichen braunen Vergangenheit verhaftet ist. Alwina Hanke, die herzlose und abweisende Mutter; Wolfgang, der Ehemann, der lieber Bier trinkt und mit seinen Freunden zusammenhockt und nicht mitbekommt, wie darunter seine Ehe langsam zerbricht. Bernd Falter, der ewige Außenseiter schon zu Schulzeiten, der immer dann Glück hat, wenn das Pech verteilt wird. Um diese Personen dreht sich die Handlung in abwechselnden Erzählsträngen, wobei natürlich die polizeilichen Ermittlungen nicht zu kurz kommen. Allein, Glasmacher und Matzerath kommen nicht richtig voran. So heißt es auf Buchseite 318 von 333

Wahnsinn! Dass wir da jetzt erst drauf gekommen sind.

Der Krimiplot steht nicht immer im Vordergrund, ist jedoch allgegenwärtig und nimmt zunehmend Fahrt auf, wenngleich der Autor sein ruhiges Erzähltempo beibehält. Und siehe da, am Ende sind gleich vier Tote zu beklagen. Auch das Jahr 1975 und die Gemeinde Nörvenich werden gut gespiegelt. Man trinkt neben Bier vor allem Weizenkorn, Mariacron oder Asbach Uralt und raucht Peer Export. Die Nörvenicher kennen sich und treffen auf der Straße, im Friseursalon oder in der Kneipe aufeinander, wo einige schon immer alles wussten oder zumindest gewusst haben wollen. Es wird sich der Mund zerrissen, mit dem Finger natürlich auf andere gezeigt. Böswillig könnte man sagen: Dorfromantik pur.

Die schlechte Nachricht ist aber jene, dass es – wie erwähnt – der letzte Band der Trilogie ist. Aber vielleicht hat Herbert Pelzer ja schon Ideen für die nächste Serie. Denkbare Handlungsorte in der (Vor)Eifel gibt es ja reichlich.

  • Autor: Herbert Pelzer
  • Titel: Cilli stirbt
  • Verlag: KBV
  • Umfang: 333 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: November 2024
  • ISBN: 978-3-95441-706-3
  • Produktseite

Wertung: 12/15 dpt

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