Tote Bankiers und eine Weltausstellung in Paris in “Goldtod”
Februar 1889. Seit ihrem letzten großen Fall residieren Privatermittler Gabriel Landow und sein Kompagnon Orsini in der bürgerlich geprägten Ritterstraße. Ein Aufstieg, möchte man meinen, allein es fehlen der Detektei Orlando die Kunden. Im Barbiersalon Dorn sinniert man derweil über die kommenden Ereignisse. Die Weltausstellung in Paris, die Eröffnung des Eiffelturms und ein neues Parfum. Als ein weiterer Kunde den Salon betritt gibt es nur noch ein Thema; die Ermordung des Bankiers Breitkopf, ein Freund des Reichskanzlers Fürst von Bismarck, wie ein blutiges X am Teehaus im Schlosspark Charlottenburg auf gehangen.
Landow wittert die große Chance. Wenn er und Orsini den Fall lösen könnten, das wäre ein Werbeeffekt für die Detektei. Den Pathologen Pfeiffer kennt Landow von einem früheren Fall und dessen Helfer Hans entdeckt im Nachhinein ein kleines Glasstück im Mund des Opfers. Diesen Fauxpas müssen die offiziellen Ermittler nicht wissen und so hat Landow einen ordentlichen Wissensvorsprung, denn Hans weiß zu berichten, dass ein ähnliches Stück bereits bei einem vermeintlichen Unglücksfall zwei Wochen zuvor gefunden wurde. Bei besagtem Unglück starb ebenfalls ein Bankier, was Landow hellhörig macht. Sollten beide Fälle zusammenhängen? Waren beide Bankiers womöglich in die Finanzierung der Weltausstellung eingebunden? Ein Racheakt politischer oder revolutionärer Kräfte? Allerdings entpuppen sich die Glasstücke als Rohdiamanten, was dann doch eher auf einen vermögenderen Mörder hinweist. Wenig später werden Landow und Orsini bei einem Zauberkunststück Zeugen eines weiteren Mordes, denn statt der befreiten Assistentin liegt der Reichstagsabgeordnete Lugert tot auf dem Vorführtisch. Vor seiner politischen Laufbahn war er ebenfalls als Bankier tätig.
„Ein Rohdiamant. Das zumindest vermute ich. Ich werde morgen einen Fachmann dazu befragen.“
„Und, nur des Interesses halber, Landow, weshalb haben wir Beweisstücke, die die Polizei nicht hat?“
Die Ermittlungen nehmen langsam Fahrt auf, während die attraktive Frau Phillipi, eine Hausmitbewohnerin von Landow und Orsini aus der Beletage, ihren achtjährigen Sohn Samuel vermisst. Dieser taucht zwar am nächsten Tag wieder auf, spricht aber seitdem kein Wort mehr. Eine Spur führt zu einem exklusiven Zirkel, in dem man offenbar kleine, goldene und vor allem nackte Engel bewundert. Allerdings lebende. Womöglich, so sinniert Landow, gibt es schlimmere Verbrechen als den Mord an einem Bankier.
Zweiter Fall für einen den außergewöhnlichen Gabriel Landow
Nach „Eisenblut“ ist „Goldtod“ der zweite Band der Gabriel-Landow-Trilogie, deren außergewöhnlicher Protagonist und sein ebensolcher Partner die Geschichte tragen. Eigentlich heißt er Graf von Landow und wäre fast von seinem Zwillingsbruder ermordet worden. Dies geschah im letzten Sommer („Eisenblut“), doch vergessen ist die Geschichte nicht. Einige der damaligen Figuren wirken erneut mit. Landow ist im Frankreichkrieg 1871 zu einem kleinen Vermögen gekommen, von dem er heute noch zehrt. Wie dies geschah ist allerdings wenig ehrenhaft. Mangels Kundschaft widmet er sich dem Cointreau, doch der Mord am Bankier Breitkopf ändert die Situation grundlegend. Orisini steuert derweil seinen Anteil zur Wohnungsmiete auf seine Art bei, denn der Einarmige arbeitet äußerst erfolgreich als Taschendieb.
Die Polizei nebst eingesetzten Sonderermittler tritt nur selten in Erscheinung und arbeitet wenig effektiv. Man stellt Fragen, hakt nur bedingt nach, so dass man von zwei Morden ausgeht; den vermeintlichen Selbstmord bemerkt man nicht als dritten Mordfall. Landow hat derweil eine Beziehung zu der Polizeischreibkraft Elba Runge aufgenommen. Sie verschafft ihm Einblicke in die Polizeiakten, dafür erwartet sie sexuelle Gegenleistungen. Die Ermittlungen von Landow und Orsini finden meist unabhängig voneinander statt, da Landow halt ein Einzelgänger ist, der mit seiner Geheimniskrämerei Orsini ein ums andere Mal an die Decke treibt. Die Morde sind etwas haarsträubend, will sagen, nur begrenzt nachvollziehbar, dass diese so stattgefunden haben können. Aber gut, es ist ein Roman und wer weiß es schon.
Neben dem Krimiplot und dem ungewohnten Protagonisten Duo glänzt der Roman mit guten Einblicken in die Kaiserzeit zum Ende der 1880er Jahre. Die „Rote Burg“ in Berlin, neuer Hauptsitz der Polizei, ist noch im Bau, ebenso der Eiffelturm, der allerdings unmittelbar vor der Einweihung steht. Viele weitere Einblicke in die Fortschritte jener Jahre geben einen interessanten Einblick bis hin zu der Frage, woher die Rohdiamanten stammen? Hier führt eine Spur nach Deutsch-Südwestafrika, kurz Deutsch-Südwest. Dort finden die Forscher allerdings keine Diamanten, sondern vor allem Malaria.
„Goldtod“ von Axel Simon ist wie der Vorgänger mit Bedacht zu lesen. Ein Pageturner ist der Roman nicht, dafür gilt es den feinen Humor des Autors zu entdecken, der oft sehr pointiert daherkommt. Einen kleinen Einblick in die deutsche Geschichte gibt es obendrein.
- Autor: Axel Simon
- Titel: Goldtod
- Verlag: Kindler
- Umfang: 464 Seiten
- Einband: Hardcover
- Erschienen: März 2022
- ISBN: 978-3-499-00234-2
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Wertung: 12/15 dpt