The Deep Dark (Film, DVD/BluRay)

1856 stoßen Minenarbeiter in der Bergbauregion Nord Pas-De-Calais (zwischen Arras und Lille gelegen) auf ein Tunnelsystem in der tief gelegenen „Teufelsgrube“. Dort tritt Gas aus, was die Arbeiter dazu bewegt, den „Bußfertigen“ herbeizurufen, dessen Job anscheinend die Gefahrenbeseitigung ist. Er will das Gas kontrolliert zur Explosion bringen und begibt sich in die Tunnelanlage. Doch stößt er nicht bloß auf Methan, sondern auf eine bösartige Kreatur, die den Männern an den Kragen will. Es kommt zu einer Explosion, die Bergarbeiter und das vermeintliche Monster werden verschüttet. Eine düstere Stollenlegende mehr.


Hundert Jahre später sind die Arbeiten weitgehend störungsfrei vorangeschritten. Zahlreiche Arbeitskräfte werden für das schwere Untertagwerk benötigt. Um Kosten zu sparen, bedient man sich wie gewohnt im Ausland. So auch in Marokko, von wo aus es den verzweifelten Amir in die Bergwerke verschlägt. Da er bei der Rekrutierung gleich als gebildet und vorlaut auffällt, schickt ihn der willkürlich agierende Vorarbeiter in die “Teufelsgrube“ Was dort auf Amir wartet, kann man sich nach dem Prolog denken.


Doch vor der Fahrt unter Tage wird Professor Berthier eingeführt, der die Bergleute hinab in tausend Meter Tiefe begleiten möchte, um dort geheime Studien zu betreiben. Damit ihm nichts passiert, wird er in die heldenhafte Obhut des properen Roland gegeben, der auch Amir unter seine Fittiche nimmt.
Bevor es nach einer guten Stunde Laufzeit zum Aufeinandertreffen von Mensch und Monster kommt, erleben wir Ausbeutung, trostlose Arbeitsbedingungen und offenen Rassismus. Die Männer im Bergwerk haben meist nur Namen wenn sie „echte“ Franzosen sind. So ist Amir nur der „Araber“, obwohl er des Französischen mächtig und seinen Kollegen intellektuell überlegen ist. Kein Wunder, arbeitete (oder war – das wird nicht vertieft) seine Mutter doch als Französischlehrerin in Marokko. Dank Roland, eines italienischen und einiger freundlicher einheimischer Kollegen, kann er sich aber in der rauen Männerwelt behaupten.


Hier gelingen dem Film eindringliche Szenen des diskriminierenden Alltags sowie atmosphärische Bilder der dunklen Welt unter Tage. Obwohl er die räumliche Enge, den Druck der zwielichtigen Grubenarbeit zweckmäßig bebildert, ist „The Deep Dark“ von der klaustrophobischen Intensität des ähnlich angesiedelten „The Descent“ einiges entfernt. Das ändert sich auch nicht, als endlich das Monster, oder besser die fremde Gottheit namens Mok’Noroth, auf den Plan tritt. Hier öffnen sich die Räumlichkeiten sogar, damit das blutige Metzeln der klauenbewehrten Kreatur besser zur Geltung kommt. Der Goregehalt ist knackig, die entsprechenden Szenen bleiben aber relativ kurz, ein „Terrifier“-Konkurrent ist „The Deep Dark“ (dankenswerterweise) nicht.s


Stattdessen gibt es, wie die eigenwillige Namensgebung Mok’Noroth schon vermuten lässt, Verweise auf H. P. Lovecrafts fantastische Welt der Großen Alten. Das verleiht „The Deep Dark“ einen reizvollen und gelehrigen Hintergrund, der leider nicht weiter vertieft wird. Es dominiert die Hatz durchs Labyrinth der begrenzten Fluchtmöglichkeiten, mit den erwartbaren und stellenweise überflüssigen Todesfällen. Nach viel Gewimmer endet der Film ziemlich abrupt mit einem Knall und vermeidet eine mehrfache Auferstehung des mordenden Monstergottes. Lässt vermuten: „It’s all about the money.“


Das Creature-Design ist von mittlerer Geisterbahn-Qualität, weshalb es von Vorteil ist, dass der Zeitraum bis zur Sichtung der Kreatur zwei Drittel des Films einnimmt. Großaufnahmen bekommen dem Geschöpf nicht. H. R. Giger mag aus weiter Ferne grüßen, aber die Gänsehautmarke von „Alien“ erreicht „The Deep Dark“ zu keinem Zeitpunkt. Die Effekte und auch das Monsterlein sind handgemacht, was für altbackenen, etwas hüftsteifen Charme sorgt. Besser als billige Computer-Effekte allemal.


Die innere Logik hält sich in sehr überschaubaren Grenzen. Einer der größten Fauxpas‘: 1856 ist Mok’Noroth auf Freigang bis die Decken einstürzen. Hundert Jahre später sieht das Höhlensystem recht aufgeräumt aus. Waren da etwa Kultanhänger als (un)heimliche Facility-Manager tätig? Wohlgemerkt, tausend Meter unter der Erdoberfläche. Derweil ruht die finstere Gestalt wieder in ihrem Sarg. Und hat treulich den Deckel zugezogen. Ein müder Krieger, was sich auch auf seinen Bewegungsapparat niederschlägt.


So typisch wie lässlich für derartige Mysterien- und Mythenspiele. Die Spannungserzeugung gelingt leidlich, was auch für die Darstellung der Arbeitswelt unter Tage, inklusive des alltäglichen Rassismus gilt. Eine tiefergehende Milieustudie sollte man nicht erwarten, dafür sind die Figuren zu blass und schablonenhaft. In den Hauptrollen ist das ordentlich gespielt, wobei man Jean-Hugues Anglade in seiner Rolle als Professor Berthier kaum erkennt. Es ist nicht mehr viel vom spillerigen, soziopathischen Gangster Eric aus „Killing Zoe“ und von „La femme“ Nikitas geliebtem Marco übriggeblieben. Trotzdem schön, ihn wiederzusehen.


Handwerklich und technisch präsentiert sich der Film, gerade angesichts seines beschränkten Budgets, als saubere Angelegenheit – partiell für die gewählte Szenerie etwas zu sauber.


So erzeugt „The Deep Dark“ einen Hauch wohliger Gruselstimmung, ist versetzt mit allerlei, mäßig blutigen, Schauwerten und einer ambitionierten, aber wenig elaborierten Hintergrund-Story. Potenzial ist vorhanden, ausgereizt wird es zu selten.


In den Extras befindet sich Patrick Müllers „Ancient Lore“ als meditativ-chillige Mystery-Einstimmung zum endgültigen Film. Eine Art experimentelles Dark-Ambient-Musikvideo zu Meereswellen und einem Lovecraft-Gedicht. Aber ohne Walgesänge. Stimmungsvolle sechs Minuten.

Cover+ Bilder  © Plaion Pictures

  • Titel: The Deep Dark
  • Originaltitel: Gueules noirs
  • Genre: Horror, Splatter, Drama
  • Erschienen: 05.09.2024
  • Label: Plaion Pictures
  • Spielzeit:
    103 Minuten auf 1 DVD
    108 Minuten auf 1 Blu-Ray
  • Darsteller: Samuel le Bihan
    Amir El Kacem
    Jean-Hugues Anglade
    Thomas Solivérès
    Diego Martin
  • Regie: Mathieu Turi
  • Drehbuch: Mathieu Turi
  • Kamera: Alain Duplantier
  • Schnitt: Joël Jacovella
  • Musik: Olivier Derivère
  • ExtrasTrailer, Kurzfilm “Ancient Lore” (5′:32″)
  • Technische Details (DVD)
    Video: 
    2.39:1 (16:9)
    Sprachen/Ton: 
    Deutsch,Französisch, Dolby-Digital 5.1
    Untertitel: 
    Deutsch
  • Technische Details (Blu-Ray)
    Video:
     2,39:1 (16:9) 1920X1080p
    Sprachen/Ton: 
    Deutsch, Englisch, DTS-HD Master Audio 5.1
  • Untertitel: Deutsch
  • FSK: 16
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite

Wertung: 8/15 dpt

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