Wiener Künstlermord während des Ersten Weltkrieges
Zwei Wochen Urlaub gönnen sich Kriminaloberinspektor Dr. Fried und seine rechte Hand namens Novak, von denen die erste bereits vorbei ist. Man sitzt im Dezember des Jahres 1916 zum Advent beim Essen zusammen, welches nach der Vorspeise unterbrochen wird. Ferdinand Schmutzer, Präsident der Wiener Secession, bittet seinen alten Schulfreund um Hilfe, da im Haus des Hagenbundes die Leiche des Künstlers Michael Sterner gefunden wurde. Nun dürfte er, Schmutzer, als Tatverdächtiger bald in den Fokus der Ermittlungen von Kommissar Hechter geraten, der urlaubsbedingt den Fall leitet. Kurz vor seiner Ermordung hatte Sterner einen heftigen und lautstarken Streit mit Schmutzer und da es keinen weiteren Verdächtigen gibt, schreitet Hechter übereifrig zur Tat und verhaftet Schmutzer. Fried und Novak versuchen derweil, Einblicke in die für sie fremde Künstlerszene zu erhalten, wobei ausgerechnet Frieds Schwiegersohn Max helfen kann.
„Abgesehen vom Toten.
Max steht plötzlich vor Frieds Wohnung, da er an der Ostfront eine Schussverletzung am Bein erlitt. Seine Ehefrau, Frieds Tochter Amalia, scheint jedoch nur bedingt begeistert, was womöglich an einem Arbeitskollegen liegt. Während Fried über das Verhältnis der beiden sinniert, stellt Max ihm seinen Freund und Kriegskameraden Josef Wurmer vor, der vor seiner Einberufung ebenfalls ein vielversprechender Künstler war. Fried und Novak wollen Schmutzer helfen, geraten dabei jedoch in einen Interessenkonflikt, der sich zu einem ordentlichen Streit mit Hechter auszubreiten droht, da dieser von der Einmischung seiner beurlaubten Kollegen alles andere als begeistert ist.
Dritter Fall für Kriminaloberinspektor Dr. Fried
Autor Michael Ritter setzt nach „Wiener Hochzeitsmord“ und „Wiener Machenschaften“ seine Otto-Fried-Reihe mit dem vorliegenden Band fort, der zeitlich gut zwei Jahre nach den „Machenschaften“ spielt. Schwerpunkt ist, neben sehr intensiven Einblicken in die ambivalente wie sensible Kunstszene, erneut das Kriegsgeschehen, welches in mehrfacher Hinsicht Einzug in Frieds beschauliche Welt hält. Amalia und Max waren glücklich verheiratet und dies obwohl Amalias Vater einst Max als Mörder verhaften musste. Fünfzehn Jahre im Gefängnis drohten, doch nach zwei Jahren fand Max einen Ausweg; er meldete sich als Freiwilliger für die Ostfront. Jetzt ist er verletzt zurück und nicht mehr derselbe wie vorher, was Amalia zu schaffen macht. Beide finden nicht mehr recht zueinander.
„Und wer zieht die Kriegstreiber zur Verantwortung?
Derweil stürzen sich Fried und Novak in eine Ermittlung, die sie eigentlich gar nichts angehen dürfte und diskutieren nebenbei wiederholt das Kriegsgeschehen. Kein Wunder, denn die Straßen sind unübersehbar mit Versehrten gefüllt und dass Max den Bescheid bekommen hat, nach seiner Genesung nicht mehr an die Ostfront zu müssen, ist nur ein geringer Trost. Dann wartet nämlich die Westfront auf ihn, wo, wie Fried der Zeitung entnehmen konnte, Giftgas eingesetzt wird. Im Stile eines Wohlfühl- oder Häkelkrimis erzählt Michael Ritter seine Geschichte, in der man sich tatsächlich wohlig einrichten kann, wenn da nur im Hintergrund nicht dieser üble Krieg wäre.
Wer sich allgemein für die Kunstszene sowie den Ersten Weltkrieg interessiert, wird an diesem Roman seine Freude haben; Krimifans, die es gerne unblutig und ruhig lieben ebenfalls. Der Erzählstil ist in sich stimmig, so dass die Lektüre einen durchaus packt. Allerdings gilt, wie schon bei den Vorgängern, dass der Spannungsbogen bedenklich flach über Null verläuft. Erneut gibt es ein minimalistisches Figurentableau und wo es nur – mit viel Wohlwollen – zwei Tatverdächtige gibt, bleibt es halt überschaubar. Wen das nicht stört, kann in die Zeit des Ersten Weltkrieges eintauchen. Wien selbst bildet allerdings eine recht blasse Kulisse.
- Autor: Michael Ritter
- Titel: Wiener Künstlermord
- Verlag: Gmeiner
- Umfang: 288 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Oktober 2024
- ISBN: 978-3-8392-0740-6
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Wertung: 10/15 dpt