Ein unscheinbarer Hilferuf
Ein Anruf mit unklarer Aussage führt dazu, dass Detective Sergeant Emmanuel Cooper vom Marshal Square CID in Johannesburg ins südafrikanische Veld beordert wird. In der Nähe des kleinen Städtchens Jacob’s Rest wurde an einem Flussufer die Leiche eines Mannes gefunden. Offensichtlich wurde er mit zwei Gewehrschüssen in Kopf und Rücken getötet. Weitaus schlimmer ist jedoch die Tatsache, dass es sich bei dem Toten um Captain Willem Pretorius handelt, den Chef der örtlichen Polizei. Normalerweise gibt es da einen Großeinsatz, Cooper ist hingegen auf sich allein gestellt. Nun ja, fast, denn Lieutenant Sarel Uys weilt im Urlaub, der achtzehnjährige Constable Hansie Hepple entpuppt sich eher als Dorftrottel und der Zulu-Constable Samuel Shabalala ergeht sich eher in nebulösen Andeutungen, denn in klaren Aussagen.
„Yebo“, bestätigte der schwarze Constable und starrte auf den Tatort, der einen andere Geschichte erzählte.
Bald gibt es zwei Verdächtige. Danny Rooke, ein Perverser, der zurückgekehrt ist, nachdem er dank Pretorius im Gefängnis saß und „der alte Jude“ namens Zweigman, der von Pretorius mehrfach angegangen wurde. Beide haben jedoch Alibis in Person von Entlastungszeugen, wobei deren Zuverlässigkeit wiederum arg fragil wirkt. Der Mörder, so viel kann Shabalala den Spuren am Flussufer entnehmen, flüchtete auf die andere Uferseite. Dort liegt Mosambik, für Cooper verbotenes Terrain.
Die Zeit drängt, denn die fünf erwachsenen Söhne von Pretorius machen Druck und wollen Rache. Nach dem Tod ihres Vaters sind sie die wahren Herrscher in Jacob’s Rest, was sich kurzzeitig ändern wird, da sich die Security Branch, der südafrikanische Nachrichtendienst, einschaltet und die Ermittlungen an sich reißt. Wenig überraschend geht der martialisch auftretende Lieutenant Piet Lapping schnell von einem politischen Motiv aus. Jetzt gilt es nur noch „den Kommunisten“ zu finden. Derweil stoßen Cooper und Shabalala auf eine ganz andere, viel erschreckendere Spur, die nicht nur sie beide in größte Gefahr bringt.
Südafrika 1952. Das Unsittlichkeitsgesetz und seine Folgen
Im Jahr 1948 wurde Daniel F. Malan von der National Party neuer Premierminister in Südafrika und damit das Unsittlichkeitsgesetz rigoros umgesetzt, sprich die Rassentrennung massiv verschärft. Nur Polizisten durften noch mit Menschen anderer Hautfarbe sprechen, was selbst in Jacob’s Rest seine Spuren hinterließ. Es gibt nur eine geteerte Straße, einige Buckelpisten sowie die Kaffernpfade, wobei letztere für Weiße tabu sind. Also auch für Kapholländer oder allgemein für Weiße Afrikaaner (früher Buren). Kapholländer Pretorius als Polizeichef war indes oft nachts auf dem Kaffernpfad, jagte er doch einen Sittlichkeitsverbrecher, der mehrere Frauen belästigte. Cooper hält sich hier ebenfalls häufig auf und stellt fest, dass dies die beste Informationsquelle ist. Und siehe da, Weiße betreten den Pfad heimlich, wenn sie in einem bestimmten Haus Alkohol und Dagga kaufen möchten.
Auftakt der Emmanuel-Cooper-Reihe
„Ein schöner Ort zum Sterben“ ist der Auftakt der Emmanuel-Cooper-Reihe, die aus vier Bänden besteht, welche erstmals zwischen 2009 und 2014 in deutscher Fassung veröffentlicht wurden. Sie führen in das Land Südafrika in den Jahren 1952 und 1953, wo Rassentrennung und damit einhergehender Rassismus an der Tagesordnung sind. Malla Nunn, in Swasiland geboren, wanderte in den 1970er Jahren nach Australien aus, um der Apartheid zu entfliehen. Ihre Verbitterung über dieses unmenschliche System zieht sich wie der berühmte rote Faden durch die Serie. Zeitgeschichte und anspruchsvolle Literatur, bei Nunn findet sich beides zusammen, denn sie beschreibt den Wahnsinn und seine Auswirkungen auf den Alltag der Menschen sehr präzise. Man darf es gern als Warnung für zukünftige Generationen respektive für die Gegenwart sehen.
Cooper war im Krieg, weswegen er noch immer Zwiegespräche mit seinem früheren Sergeant Major führt. Schmerzstillende Tabletten nimmt er ebenfalls und besitzt vor allem eine Tugend: Gehe keinem Problem aus dem Weg! Während sein Chef in Jo’burg nur die eigene Karriere im Kopf hat, stellt sich Cooper selbst übelsten Konsequenzen. Er versucht alle Seiten – Weiße, Farbige, Schwarze und den „alten Juden“ – zu verstehen, hat keine Berührungsängste und kommt, obwohl er Zulu spricht, nicht wirklich an die Menschen heran. Anfangs hat er zudem Probleme mit dem wortkargen Shabalala, der ihm helfen könnte, wenn er denn nur wollte.
„Ich weiß nicht, warum er es getan hat.“
„Wenn Sie es wüssten, würden Sie es mir sagen?“
„Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich konnte.
Erst später werden der Zulu-Constable und Zweigman zu Coopers wichtigsten Helfern; quasi eine kleine Allianz des Guten. Da hat Cooper allerdings schon die gewaltbereiten Söhne von Pretorius und ebenso die Security Branch am Hals. Finale Hilfe kommt von gänzlich unerwarteter Seite, nachdem der eingangs erwähnte Mordfall eine überraschende Auflösung erfährt.
Anspruchsvolle Spannungsliteratur vor politischem Hintergrund. Wer diese Kombination mag, ist bei Emmanuel Cooper beziehungsweise Malla Nunn richtig.
- Autorin: Malla Nunn
- Titel: Ein schöner Ort zum Sterben
- Originaltitel: A Beautiful Place to Die (2008). Deutsche Neufassung von Else Laudan auf Grundlage der Übersetzung von Armin Gontermann (2009)
- Verlag: Ariadne
- Umfang: 408 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Mai 2022
- ISBN: 978-3-86754-261-6
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Wertung: 13/15 dpt