Anette Hinrichs – Nordlicht – Die Tote am Strand (Buch)


Frei nach James Bond: Manche sterben zweimal

Am Strand des dänischen Küstenortes Kollund wird die Leiche einer jungen Frau entdeckt. Je ein gezielter Kopf- und Bauchschuss lassen keinen Zweifel, dass es sich um einen Mord handelt. Ein Beleg im Portemonnaie der Toten weist darauf hin, dass die Frau womöglich eine Deutsche war, weswegen das Team um Rasmus Nyborg von der Kriminalpolizei in Esbjerg um Unterstützung der deutschen Kollegen bittet. Die neu ernannte Chefin der Flensburger Mordkommission, Vibeke Boisen, die eigentlich noch mit der Einrichtung ihrer neuen Wohnung beschäftigt ist, tritt ihren Dienst etwas früher an und stößt zu dem Ermittlungsteam, welches sich im sogenannten GZ Padborg, dem Gemeinsamen Zentrum der deutsch-dänischen Polizei, zusammenfindet.

Die „deutsche Spur“ führt zu einem Fischimbiss in Flensburg, deren Inhaber Tom Ahrendt die Tote als Laura Jensen identifiziert, die gleichzeitig eine Mitbewohnerin seiner Mini-WG war. Bei seiner Aussage macht Ahrendt allerdings einen merkwürdig nervösen Eindruck. Kurz darauf birgt das Ergebnis der DNA-Analyse eine große Überraschung, denn danach handelt es sich nicht um Laura Jensen, sondern um Liva Jorgensen, die bereits vor zwölf Jahren spurlos verschwand und für tot erklärt wurde. Damals war Eva-Karin Holm, Nyborgs heutige Vorgesetzte, an den Ermittlungen beteiligt, die alles andere als glücklich verliefen. Sie verdächtigte damals Alexander Troelsen, den Freund von Liva, der sich kurz vor ihrem Verschwinden lautstark mit ihr stritt, da Liva angeblich ein Verhältnis mit ihrem Lehrer hatte. Zuvor schien der Serienmörder Aksel Gram der Mörder zu sein, da er diesen gestand. Allerdings widerrief er später seine Aussage.

Die aktuellen Ermittlungen treten lange auf der Stelle, derweil häufen sich die Namen weiterer Verdächtiger. Livas Bruder Peter, der ein langes Strafregister vorzeigen kann und seine Schwester nicht mochte, gerät ebenso in Verdacht wie sein gewalttätiger Vater Leif. Nach wie vor ist Alexander verdächtig und auch dessen Vater, einer der einflussreichsten Politiker des Landes, gerät in das Visier von Boisen und Nyborg. Allerdings hat dieser ein Alibi; vom Ministerpräsidenten persönlich.

Fulminanter Serienstart

Im Oktober dieses Jahres erschien mit „Nordlicht – Das kalte Grab“ der bereits sechste Band der Boisen-Nyborg-Reihe von Anette Hinrichs, die sich großer Beliebtheit erfreut. Tatsächlich bietet die Serie alles, was ein guter Mainstreamkrimi braucht. Ein Ermittlerduo, dass sich in seinem ersten, gemeinsamen Fall nicht direkt sympathisch ist, ein verzwickter Fall ohne konkrete Spuren, dafür aber mit zahlreichen Verdächtigen und eine interessante Hintergrundkulisse, hier die deutsch-dänische Grenze und ihr Umland.

Vibeke Boisen und Rasmus Nyborg sind recht gegensätzlich, denn Boisen gibt die überkorrekte Beamtin, während Nyborg eher unkonventionell arbeitet. Dass er einst einen Drogendealer, obwohl dieser bereits mit Handschellen gefesselt war, geschlagen hat, macht sich in seiner Akte nicht gut, weswegen er nicht mehr der Chef der Kripo in Aarhus ist, sondern im beschaulichen Esbjerg arbeitet, wo er dem Ausgang seines Disziplinarverfahrens entgegensieht. Dabei hat Nyborg, wie nahezu alle Figuren, ein schweres Päckchen zu tragen, konkret den Tod seines Sohnes. Auch Boisen hat mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen, denn ihre Eltern waren von Geburt an nie für sie da, dafür einige Pflegefamilien, von denen nur die letzte etwas taugte. Elke und Werner Boisen sind ihre Helden, allerdings liegt ihr Adoptivvater, seines Zeichens stellvertretener Flensburger Polizeichef, nach einem Schlaganfall im Koma und dies bereits seit sechs Wochen.

Um nicht zu weit auszuholen sei vermerkt, dass nahezu alle Nebenfiguren ebenfalls ihre dunklen Seiten, sprich Geheimnisse haben. Dabei übertreibt es Anette Hinrichs ein wenig und konstruiert mehr überraschende Wendungen als nötig wären. Dies ist letztlich natürlich Geschmacksache, aber immer noch einen draufsetzen zu wollen ist dann doch irgendwann einmal womöglich ein Salto rückwärts zu viel. Der Handlungsfaden zeigt zwar in kurzen Kapiteln immer wieder das Verhalten der Nebenfiguren auf, bleibt aber generell konsequent an den Ermittlern respektive den beiden Protagonisten dran. Die Polizeiarbeit wird umfangreich und detailliert beschrieben, so dass man mitunter meint, selber in der Einsatzzentrale zu sitzen. Alles in allem ein mehr als ordentlicher Serienstart, wenngleich einer, der nirgendwo Ecken und Kanten aufweist. Mainstream, wie erwähnt, aber in diesem Fall ein Serienstart der Spaß auf mehr macht.

  • Autorin: Anette Hinrichs
  • Titel: Nordlicht – Die Tote am Strand
  • Verlag: Blanvalet
  • Umfang: 432 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: April 2019
  • ISBN: 978-3-7341-0722-1
  • Produktseite  

Wertung: 12/15 dpt

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