Der Krimi zum Bauskandal
Karfreitag sollte eigentlich ein freies Wochenende für Hauptkommissarin Theresa Rosenthal einläuten, doch ein Anruf ihres Kollegen verdirbt die dringend benötigte Freizeit der ausgebrannten Ermittlerin. Im Südpark wurde von einer Spaziergängerin eine tote Frau aufgefunden. Sie saß auf einer Parkbank nahe dem Eingang, eine leere Spritze deutet auf eine Überdosis hin. Drogen im vornehmen Kölner Stadtteil Marienburg? Die Obduktion ergibt, dass es wohl ein Mord gewesen sein muss, denn warum sollte man K.o.-Tropfen zu sich nehmen, wenn man ohnehin vorhat aus dem Leben zu scheiden?
Claudia Ruppert heißt das Opfer. Eine bekannte Journalistin die erst kürzlich von Berlin zurück nach Köln zog, wo sie für das unabhängige Internetportal Rheinjunker schreibt. Ob ihr ein geplanter Artikel das Leben kostete? Es könnte natürlich wie so oft um die Liebe oder den schnöden Mammon gehen, denn kürzlich trennte sich Ruppert von ihrem Ehemann Stefan; seines Zeichens Kulturstaatssekretär in der Bundeshauptstadt. Einen neuen Geliebten in Person des Grafen Sandro Farinesi, dessen frühere Lebensgefährtin bei einem fragwürdigen Lawinenabgang starb, gibt es bereits, ebenso zwei Söhne aus einer früheren Ehe mit dem bekannten Bankier von Heiden. Dieser war im Gegensatz zu seinen Sprösslingen sehr erfolgreich, letztere fuhren das jahrhundertealte, familiengeführte Bankunternehmen gegen die Wand.
Die Ermittlungen treten auf der Stelle, da wird Wochen nach Rupperts seltsamer Ermordung ein einflussreicher Mitarbeiter des Rheinjunker in seinem Haus angeschossen. Gibt es einen Zusammenhang zwischen beiden Fällen? Ruppert recherchierte zuletzt über den Bauskandal an der Kölner Oper. Wo das große Geld fließt, verdienen einige sehr viel, andere wenig. Zu wenig? Als eine mit dem Bauprojekt befasste Mitarbeiterin des Kölner Baudezernates in bester Mafiamanier ermordet wird, scheint zumindest der Hintergrund klar zu sein und Rosenthal stößt auf unheimliche Spuren.
Dritter Fall für Theresa Rosenthal
Nach „Rheingolf“ und „Schweigen über Köln“ ist der vorliegende Band bereits der dritte Fall für die schlecht gelaunte, urlaubsreife Theresa Rosenthal. Dass sie dabei über den Bauskandal der Kölner Oper ermittelt ist wenig verwunderlich. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sich eine Autorin respektive ein Autor des Kölner Topthemas unter den Kulturbauten annehmen würde. Maren Friedlaender, die seit knapp vier Jahrzehnten in der Domstadt lebt, hat dies nun getan. Mit viel Lokalkolorit, versteht sich.
Ursprünglich waren rund 250 Millionen Euro für die Renovierung der Kölner Oper veranschlagt. Die Schallmauer von einer Milliarde ist längst deutlich durchbrochen. Der Endbetrag ist noch offen, ebenso die Termine für Fertigstellung und Neueröffnung. Nach jeder Mitteilung der Bauleitung über den Fortschritt der Arbeiten im Kulturausschuss der Stadt schlägt das Thema hohe Wellen, die Politik verfällt dabei regelmäßig in die üblichen Empörungsmechanismen. Diese sind ebenso kosten- wie folgenlos und somit ein gefundenes Fressen in Dauerschleife für die Medien; jetzt sogar für das Krimigenre. Bei so viel Geld muss doch ein Kapitalverbrechen, wenn nicht gleich mehrere, möglich sein.
Theresa Rosenthal ist, wie erwähnt, ausgelaugt und daher selbst an der Supermarktkasse leicht erregbar, was sie nicht unbedingt sympathisch erscheinen lässt, obwohl sie dies eigentlich ist. Allerdings verfällt sie in ihrer gegenwärtigen Phase in allerlei trübseliges Nachdenken, was zu Äußerungen führt, wie sie derzeit deutschlandweit an jedem Stammtisch zu hören sind. Alles geht den Bach runter, nur der Genderstern steigt. Der alte, weiße Mann lässt grüßen. Man mag es mit einem Augenzwinkern über sich ergehen lassen, zumal manche Kritikpunkte ja durchaus ihre Berechtigung haben, sofern man nicht in einer Blase lebt, in der man automatisch und immer die allein richtige Antwort auf alle Fragen des Lebens kennt. Bei so viel Zorn auf alles und fast jeden, ist der Weg zu Paranoia und Verschwörungstheorien nicht weit und so verwundert es nicht, dass diese bald ein mögliches Tatmotiv ergeben. Könnte womöglich gar der Verfassungsschutz involviert sein?
Der Spannungsbogen ist durchaus ordentlich und die in Frage kommenden Motive bis hin zu einer dunklen Macht im Hintergrund zumindest ideenreich. Es zeigt sich, wie die öffentliche Meinung manipuliert wird oder zumindest manipuliert werden könnte. Weiteres werden die Ermittlungen zeigen. Die rheinische Domstadt bietet einen bildhaften Hintergrund, der sich nicht nur in unzähligen Straßennamen widerspiegelt. Kurzweiliges Vergnügen mit einer teils gewöhnungsbedürftigen Protagonistin.
- Autorin: Maren Friedlaender
- Titel: Das Opern-Phantom
- Verlag: Gmeiner
- Umfang: 256 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: September 2024
- ISBN: 978-3-8392-0676-8
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Wertung: 11/15 dpt