Helmut Frangenberg – Köln in Trümmern. True Crime 1944 bis 1949 (Buch)


Vierzehn Kriminalfälle aus den 1940er Jahren

Im Oktober 1944 erfolgt ein schwerer Luftangriff auf Köln, der allein rund zweitausend Tote forderte (nicht zu verwechseln mit dem sogenannten Tausend-Bomber-Angriff im Mai 1942). Blutrichter der Nazis fällen Urteile in Rekordzeit am Appellhofplatz, wo sich heute das NS-Dokumentationszentrum der Stadt befindet, die größte lokale Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus in Deutschland. Im März 1945 folgt der Einmarsch der Amerikaner im linksrheinischen Köln, im April erhalten die dort noch lebenden rund 42.000 Menschen ihre Lebensmittelkarten. In den letzten beiden Kriegsjahren sowie der unmittelbaren Nachkriegszeit sind Verbrechen bis hin zu Morden an der Tagesordnung. Für viele geht es vor allem bei Diebstahl ums nackte Überleben, bei anderen schlagen niedere Instinkte durch, während die Nazis kurz vor Schluss letzte Volksschädlinge und Kriegsverweigerer vernichten wollen. Nach Kriegsende geht es munter weiter, es ist Zeit für Rache und Denunziationen.

Aus diesen bewegten Jahren stammen die vierzehn Fälle, die der Kölner Journalist und Schriftsteller Helmut Frangenberg („Trümmer“, „Hans Süper“) für sein neues Buch zusammengestellt hat. Leider fehlen ein Vorwort und auch sonst jegliche Hinweise, wie es zu genau dieser Auswahl gekommen ist. Dies ist schade und auch die Bildauswahl ist – sagen wir – zumindest unglücklich. Was ist jeweils zu sehen und warum fehlen Opfer- und Täterfotos, wie es für True-Crime-Formate üblich ist? Damit enden die Kritikpunkte. „Köln in Trümmern“ ist, soweit es die Faktenlage eben hergibt, ein abwechslungsreiches und informatives True-Crime-Erlebnis, welches nicht nur verschiedene Verbrechensarten aufgreift, sondern vor allem die Lebenslagen der vorgestellten Menschen sowie das politische Umfeld in und außerhalb der Stadt gut dargestellt. Eine Zeitreise und Geschichtsstunde über eine Stadt am Abgrund.    

Köln in den letzten Kriegsjahren und der Nachkriegszeit

Die enthaltenen Fälle berichten über Morde und Kunstraub, ebenso wie über die Arbeit der Elsbeth von Ameln und Josef Grohé. Elsbeth von Ameln hatte jüdische Wurzeln und war kurz nach Kriegsende Rechtsanwältin für Strafrecht an den alliierten Militärgerichten; als erste und weit und breit einzige Frau. Über sie und einen späteren Fall, in dem sie als Anwältin auftritt, erfährt man viel über die Justiz in der Besatzungszeit. Als der legendäre Kölner Entertainer Ludwig Sebus (geboren 1925) aus über fünfjähriger Kriegsgefangenschaft zurückkommt, muss er um seine Fassung ringen, denn in einer Gaststätte sieht er Josef Grohé in bester Laune seine Bekannten unterhalten. Grohé war glühender Nazi, NS-Gauleiter für das Rheinland und somit zuständig für den Großraum Köln-Aachen. Er lebte nach Kriegsende zurückgezogen in Köln bis zu seinem Tod im Jahr 1987, eine Begnadigung von NRW-Ministerpräsident Karl Arnold machte es möglich. Dabei war es „Der liebe Onkel“, der einst Oberbürgermeister Konrad Adenauer aus Amt und Stadt jagte.

Spektakulär sind einige Fälle, in denen es die Mörder zunächst schafften, die Polizei in die Irre zu führen. Nicht selten halfen dreiste Lügen, so dass die Aufklärung der Taten mitunter erst Monate oder Jahre später erfolgte. Beeindruckend ist nicht zuletzt der Fall des Josef Jenniches, seines Zeichens Hausmeister beim Kölnischen Kunstverein. Da er selber zeichnen konnte, fing er eines Tages an, Gemälde nachzumalen. Fälschen trifft es besser und der wenig skrupellose Kunsthändler Robert Schuppner verkaufte diese dann als Originale in seinem Geschäft. Später folgten einige Originale aus dem Depot des Kunstvereins. Der weit über Köln hinaus bekannte Sammler Josef Haubrich soll eines dieser Gemälde erstanden haben.

Natürlich hätte man andere Fälle auswählen können, aber Helmut Frangenberg ist ein sehr guter Mix gelungen, der neben den Taten und ihrer Aufklärung das Leben und politische Zeitgeschehen in Köln kenntnisreich aufgreift. Allein die bereits erwähnte Bildauswahl schwächt den positiven Gesamteindruck.

  • Autor: Helmut Frangenberg
  • Titel: Köln in Trümmern
  • Verlag: Greven
  • Umfang: 248 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: September 2024
  • ISBN: 978-3-7743-0979-1
  • Produktseite

Wertung: 12/15 dpt


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