Beppo Beyerl – Mord im Lainzer Tiergarten (Buch)


Ein vertrackter Fall

Am 17. Juli 1928 hören zwei Arbeiter fünf Schüsse im Lainzer Tiergarten und denken zunächst an eine mögliche Jagd. Als sie jedoch erste Rauchwolken entdecken, eilen sie zum Tatort, wo sie die Leiche einer jungen Frau finden, die vermutlich verbrannt werden sollte. Einsetzender Regen verhindert dies zwar, allerdings haben Schüsse, die das Gesicht trafen, dafür gesorgt, dass die Identifizierung des Opfers zunächst nicht möglich ist. Eine Wachsabformung des Kopfes sowie des Zahnbildes geben Oberinspektor Max Mitschek die Möglichkeit, gezielt über eine Fachzeitung die Zahnärzte zu kontaktieren. Allerdings führt erst ein Zufall zur Aufklärung, da sein eigener Zahnarzt offenbar keine Zeit gefunden hat, die Zeitung zu lesen.

Luzzy Pelzer, geborene Lechner, heißt die Ermordete und im Folgenden gibt es Rückblenden in ihren Lebenslauf. Nach ersten Arbeiten als Halbnackttänzerin eines Wanderzirkus, lernt sie einen älteren Bankier kennen, der ihr ein großes Vermögen hinterlässt. Doch den geerbten Schmuck sowie zahlreiche Pelze wollen verkauft werden. Hierbei soll ihr Graf Emmerich Pelzer helfen, den sie an ihrem Wohnort in Piran im Jahr 1926 kennenlernt. Allerdings ist Pelzer kein Graf, sondern ein Aufschneider, der seinerseits nach reichen Frauen Ausschau hält. Es kommt zu einer privaten wie beruflichen Zusammenarbeit, zur Hochzeit und einer bösen Trennung. Derweil tröstet sich Luzzy zeitweise mit dem Schmuckhändler Franzl Berger, der allerdings noch andere Frauen begehrt. Verhängnisvolle Affären, Betrügereien und noch mehr offene Fragen, stellen Max Mitschek vor einen kaum lösbar erscheinenden Fall.   

Erster Fall für Max Mitschek

„Mord im Lainzer Tiergarten“ ist der erste Fall für Oberinspektor Max Mitschek, dessen zweiter Fall „Abgründe am Semmering“ im März 2024 erschienen ist. Der Schreibstil ist folglich ähnlich, nicht selten ist „unser Oberinspektor“ oder „wir“ zu lesen. Beppo Beyerl erzählt kurzweilig und augenzwinkernd eine amouröse Gaunergeschichte, die nach und nach aus dem Ruder läuft. Eifersucht und Habgier, man kennt die klassischen Motive. Wie auf dem Buchrücken erwähnt, orientiert sich die Geschichte an einem wahren Fall, so dass Freunde von True Crime hier durchaus zugreifen können.

Die Geschichte spielt abwechselnd in der Gegenwart der Jahre 1928 und 1929 sowie in Rückblicken im Jahr 1926. Der Spannungsbogen ist überschaubar, denn eigentlich kommen nur zwei Personen beziehungsweise Männer als Mörder in Frage, von denen einer ein Alibi vorweisen kann. Die Betonung liegt aber auf dem Wort „eigentlich“. Die zweite Hälfte der 1920er Jahre ist in Wien geprägt durch politische Unruhen, in denen sich vorrangig der linke Schutzbund und die rechte Heimwehr gegenüberstehen. Einige der damaligen Geschehnisse werden beiläufig eingestreut und geben wohldosierte historische Einblicke. Die Geschichte spielt in Wien (hier werden Schmuck und Pelze versetzt), der Stadt Piran auf der damals zum faschistischen Italien gehörenden Halbinsel Istrien (hier lebt Luzzy, später mit Emmerich auch zeitweise in Wien) und Karlsbad (hier kommen sich Luzzy und Pelzer erstmals näher, worauf die Situation zu eskalieren droht).

In seinem ausführlichen Nachwort erklärt Beppo Beyer, wie sich die Faktenlage gegenüber der Fiktion verhält, was durchaus interessant ist. Bleibt als nicht unlustige (oder doch?) Petitesse abschließend anzumerken, dass es auf den letzten Seiten auch sprachlich turbulent zugeht. Wird zu Beginn des Romans mehrfach der Oberinspektor erwähnt, so findet sich später „unser“ Oberinspektor auf den Seiten 231 und 244 wieder, wird aber vorübergehend zum Oberkommissar (Seiten 238 und 243) „befördert“. Dass dann noch aus dem Franzl der Franz wird, ist nun wirklich geschenkt.

Kurzweilige Unterhaltung für Zwischendurch.

  • Autor: Beppo Beyerl
  • Titel: Mord im Lainzer Tiergarten
  • Verlag: Gmeiner
  • Umfang: 288 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: März 2022
  • ISBN: 978-3-8392-0176-3
  • Produktseite

Wertung: 10/15 dpt


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