Kurze Anmerkung der Redaktion:
Die Auseinandersetzung zwischen Roma Maria Mukherjee und dem Piper Verlag wurde zum Ausgangspunkt dieser Interviewreihe. Das Autorenteam Gruber/Hock hatte ungefragt ihren Klarnamen in einem Satirebuch mit rechtspopulistischen Inhalten genannt. Die Vorgeschichte ist im Auftaktbeitrag nachzulesen.
https://www.booknerds.de/2024/07/buechermenschen-gegen-rechts-auftakt-unserer-interviewreihe/
Booknerds: Liebe Roma, kannst du uns kurz erzählen, wie du von der Veröffentlichung deines Namens im Buch erfahren hast?
Roma: Am 22.12.2023 habe ich per Messenger die Nachricht eines ehemaligen Kollegen erhalten, die ich kurz vor 23 Uhr öffnete. Er hatte meinen Namen im Hörbuch entdeckt und fragte sich, ob ich Kenntnis davon habe, dass ich dort, mit meinem vollem Namen und dem despektierlichen Inhalt, genannt werde.
Booknerds: Welche Folgen hatte die Nennung deines Namens in diesem Buch für dich?
Roma: Das Buch war zu diesem Zeitpunkt noch keine 2 Monate am Markt, allerdings schon ein Bestseller. Ich musste also am 22.12. davon ausgehen, dass dieses Buch zu Weihnachten häufig verschenkt wird. Ich habe dies in Social Media also genannt, den Verlag getagt und deutlich gemacht, dass dies meines Erachtens so nicht in Ordnung ist. Die Hass-, Bedrohungs- und Beleidigungswelle in Folge davon hält bis heute an.
Booknerds: Du bist auf den Verlag zugegangen. Wie hat dieser auf deinen Protest reagiert?
Roma: Der Verlag hat mir gegenüber indirekt reagiert, zumindest hat sich niemand in verantwortlicher Position überhaupt gemeldet. Ich habe eine PN via Messenger bekommen, die ich inhaltlich als beleidigend empfunden habe und keinesfalls als Entschuldigung. Meiner Bitte, diese PN öffentlich zu machen, kam der Verlag nicht nach.
Booknerds: Hattest du jemals Kontakt zu den Autor:innen des Buches?
Roma: Nein.
Booknerds: Du bist von Anfang an direkt in die Öffentlichkeit gegangen, um auf die Beleidigung bzw. Diffamierung deiner Person aufmerksam zu machen. Gab es für dich je die Überlegung, die Sache auf sich beruhen zu lassen, um vielleicht weiteren Ärger zu vermeiden? Oder die Sache im Stillen zu verhandeln, um dich zu schützen?
Roma: Nein. Da das Buch bereits am 22.12.2023 ein Bestseller war (als ich von der Namensnennung etc. erfuhr) wurde ich ja auch nicht ‚vorgewarnt‘, sondern musste den Status quo schockiert zur Kenntnis nehmen.
Booknerds: Hast du damals eine Vorstellung gehabt, zu welcher Größenordnung sich das Ganze entwickeln könnte?
Roma: Nein. Ich bin davon ausgegangen, dass sich der Verlag (bzw. die Leitung des Verlages/Lektorats) umgehend meldet und es sich klären lässt. Dies war auch meine Absicht. Leider habe ich mich diesbezüglich getäuscht.
Booknerds: Gerade dein Weg in die Öffentlichkeit hat dir auch zum Nachteil gereicht. Auch Leute, die inhaltlich auf deiner Seite sind, haben teils mit Unverständnis reagiert. Man hat dich deswegen kritisiert. Man hat dir vorgeworfen, auf Reichweite aus zu sein, dass du das machst, um berühmt zu werden etc. Und deine juristischen Gegner haben die Öffentlichkeit als Argument gegen dich verwendet, in dem sie dein „öffentlich machen“ gleichgestellt haben mit dem öffentlichen Status des Verlages und der Autoren. Kannst du sagen, warum das für dich in diesem Augenblick trotzdem der richtige Weg war? Oder warum es prinzipiell der einzig richtige Weg ist. Oder würdest du rückblickend vielleicht auch anders agieren?
Roma: Victim Blaming, Rassismus und Frauenfeindlichkeit sind meines Erachtens die Gründe, weshalb Menschen nicht akzeptieren können, dass ich mich wehrte. Dies ist auch nichts Neues – es passiert leider vielen Betroffenen.
Booknerds: Du hast den Rechtsweg eingeschlagen. Du hast verloren in zwei Instanzen. In der Berichterstattung ist immer die Rede von einem Rechtsstreit zwischen „der Bloggerin und Monika Gruber“. Wo ist in dieser ganzen Sache eigentlich der Platz vom Piper Verlag? Der Verlag hat den Text mit deinem Namen ja schlussendlich veröffentlicht. Die Rechte zum Buch liegen beim Verlag, oder? Wieso wird die Berichterstattung immer auf Monika Gruber konzentriert?
Roma: Die ganze Berichterstattung ist lückenhaft, falsch und unzureichend. Um es kurz zu sagen: Nirgendwo steht der wirkliche Ablauf und es hat auch fast niemanden interessiert. Es ist Framing.
Booknerds: Eine sehr persönliche Frage, liebe Roma. Was hat das Ganze mit dir gemacht? Welchen Lehren hast du daraus gezogen? Was bedeutet das in Bezug auf deine eigene Meinungsfreiheit? Gibt es einen Rat, den du anderen in vielleicht vergleichbarer Situation mitgeben würdest?
Roma: Was ich zuvor nur vermutete, jetzt aber weiß: Es gibt keinerlei Institutionen, die einem wirklich helfen, wenn einem so etwas angetan wird. Rechtsrassistische Gewalt jeglicher Art kann in Deutschland passieren, ohne dass etwas dagegen unternommen wird. Ich rate allen von Rassismus Betroffenen, die die Möglichkeit haben, Deutschland zu verlassen, solange es noch geht.
Vielen Dank, Roma, dass du dich zu diesem Gespräch bereit erklärt hast.
Das Interview mit Roma Maria führte Britta Röder.
Es ist erschreckend und zutiefst beunruhigend, dass Menschen, die von Rassismus und Diskriminierung betroffen sind, keine Unterstützung von den zuständigen Institutionen erhalten. In einem Land wie Deutschland, mit seiner historischen Verantwortung und seinem Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten, sollte dies nicht der Fall sein.
Besonders schockierend ist, dass sich Betroffene überlegen, ob sie in Deutschland weiterhin leben möchten. Dies sollte uns alle alarmieren, denn es zeigt ein grundlegendes Problem in unserem gesellschaftlichen und institutionellen Umgang mit Rassismus und Diskriminierung.
Es ist wichtig, dass Deutschland ein sicherer und gerechter Ort für alle Menschen ist, unabhängig von ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion.
Lieber Markus,
genau diese Aussage hat mich während des Austausches mit Roma auch zutiefst erschüttert. Wir haben sogar extra noch einmal über diese Textstelle gesprochen, und darüber nachgedacht, ob das so am Ende des Beitrags stehen kann. Weil es dem Beitrag einen sehr pessimistischen Ausblick verleiht. Und wir wollen durch unsere Beiträge ja eigentlich das Gegenteil bewirken. Wir wollen dem Rechtspopulismus etwas Positives entgegenstellen.
Aber wir waren uns dann einig, dass dieser Satz wichtig ist. Danke für Dein Feedback!