Büchermenschen gegen Rechts – Interview mit Museumsleiter Peter Brunner


Die Kulturlandschaft in Deutschland, könnte eine AfD darüber entscheiden? Unbewohnbar wie der Mond!

Booknerds: Lieber Peter, als Museumsleiter des Büchnerhauses in Riedstadt-Goddelau fühlst du dich dem Erbe Georg Büchners sicher besonders verpflichtet. Georg-Büchner ist der Namenspate des renommiertesten Literaturpreises in Deutschland, dem Georg-Büchner-Preis. Dieser wird alljährlich an herausragende Literatinnen und Literaten vergeben.
Welchen Stellenwert hat Literatur in einem demokratisch funktionierenden System? Wie wichtig ist Literatur überhaupt für uns alle? Und vielleicht auch für jene, die gar nicht unbedingt selbst lesen?

Peter Brunner: Spätestens mit der Erfindung des Buchdrucks ist das Schreiben – und damit das Lesen – die zentrale Form der Reflektion über die Welt geworden. Ohne jede Frage sind seitdem und bis heute gedruckte Texte Anlass und Begleitung von gesellschaftlicher Veränderung gewesen. Bisher galt das sicher auch für Literatur im engeren Sinn, also für Belletristik. Ich bin nicht sicher, ob das so bleibt: die modernen Kommunikationsformen sind sicher nicht einfach als Literatur zu beschreiben; aber natürlich bleibt Kommunikation die Voraussetzung für menschliches Leben in jeder Form.

Booknerds: Das Büchnerhaus ist als Museum ein Ort der Demokratie. Was bietet das Museum konkret an, um unsere Demokratie zu fördern?

Peter Brunner: Das Büchnerhaus ist Mitglied im Zusammenschluss „Orte der Demokratie“ und versteht sich als angesiedelt „zwischen Hambach und der Paulskirche“, sowohl geografisch wie historisch trifft das zu. Wir vermitteln unseren Besucher*innen, wie wichtig die republikanische Bewegung zwischen der französischen Revolution und der Revolution von 1848 für Fortschritt und Veränderung war. Büchners „Hessischer Landbote“ ist ein zentrales Dokument dieser Bewegung.

Booknerds: Wie würde aus Deiner Sicht die Kulturlandschaft in Deutschland aussehen, könnte eine AfD darüber entscheiden?

Peter Brunner: Unbewohnbar wie der Mond.

Booknerds: Wo siehst du unsere Kulturlandschaft aktuell jetzt schon durch das Erstarken der Extremen Rechten gefährdet? Gibt es konkrete Beispiele wie rechte Einflussnahme sich auswirkt? Stichwort Geschichte/Erinnerungskultur?

Peter Brunner: Wir müssen aufmerksam verfolgen, ob und wie Rechtsextreme versuchen, historische Ereignisse und Personen umzubewerten und für sich zu vereinnahmen. Allerdings versuchen wir dabei zu beachten, dass möglicherweise öffentlicher Widerspruch überhaupt erst solche Geschichtsklitterungen bekannt macht. Manchmal scheint es uns besser zu schweigen. Ein weites Feld …  Ich weiß vom Versuch rechter Kräfte, einen konkreten Erinnerungsort zu übernehmen, möchte das aber nicht öffentlich thematisieren.

Booknerds: Gibt es eine vergleichbare Gefährdung auch durch Links?

Peter Brunner: Nicht dass ich wüsste.

Booknerds: Populistische Strömungen sind in allen Bereichen der Gesellschaft zu spüren? Welche rechten bzw. extremistischen Trends beobachtest Du in intellektuellen Kreisen – einmal in literarischen Kreisen aber auch auf Museumsebene?

Peter Brunner: Immer wieder begegnen mir gerade im Bereich der Sprache Überheblichkeiten und Ignoranzen, passenderweise übrigens meist von Menschen, die selbst keine großen Sprachkenner sind … Aber selbst Freund*innen ertappe ich gelegentlich bei Bemerkungen, die mich erschrecken. Das populistische Gequatsche, das sprachsensible Überlegungen als „Sprachterror“ denunziert, möchte ich nicht unwidersprochen lassen.

Booknerds: Gibt es Initiativen, die sich dem entgegenstellen? Bündnisse unter Museen?

Nicht dass ich wüsste.

Booknerds: Gibt es offizielle Leitfäden/Schulungen etc. für Verantwortliche? Offizielle Standards, beispielsweise vom Kultusministerium, die man den Leiter:innen von Museen an die Hand gibt?

Peter Brunner: Ich habe mich grade angemeldet zum Seminar des Museumsverbandes Hessen: https://museumsverband-hessen.de/veranstaltung/museum-und-demokratie/ „Museum und Demokratie. Kommunikativer Umgang mit rechtspopulistischen Geschichtsnarrativen“

Booknerds: Vielen Dank für den Austausch und deine Antworten.

Das Interview mit Peter Brunner führte Britta Röder.


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