Fünf Freunde, Kaffee, Honig und ein Taifun
Fünf Kommilitonen kennen sich aus einem Seminar und wollen gemeinsam drei Tage in einem Chalet verbringen, welches im Skigebiet Madarao Kogen liegt. Es ist August, keine Saison, man bleibt unter sich. Fukase, Asami, Tanihara und Hirosawa machen sich auf den Weg, während Murai aufgrund eines Unfalles zunächst fehlt. Am Ziel angekommen genießen die vier Freunde zahlreiche Leckereien, wobei außer Fukase alle dem Alkohol zusprechen. Draußen zieht ein großes Unwetter auf als plötzlich Murai telefonisch mitteilt, er sei am örtlichen Bahnhof angekommen; man möge ihn doch bitte abholen, da nirgends ein Taxi zu finden sei. Asami hat bereits zu viel getrunken und außer ihm hat nur Hirosawa einen Führerschein. Trotz des starken Regens und einer schlecht beleuchteten, dafür aber an einem Berghang gelegenen kurvigen Straße, erklärt sich Hirosawa bereit, Murai abzuholen. Am Bahnhof kommt er nie an, da er in eine Schlucht stürzt. Ein tragischer Unfall.
Drei Jahre später. Der schüchterne Fukase lernt Mihoko in einem Café kennen und es scheint, als würde er erstmals in seinem Leben eine Freundin finden. Zu einer Verabredung im Café erscheint sie eines Abends nicht, erwartet ihn dafür vor seiner Haustür, wo sie ihn zur Rede stellt. Sie hat an ihrem Arbeitsplatz einen anonymen Brief erhalten, demzufolge Fukase ein Mörder sei. Ähnliche Schreiben erhielten Asami und Murai, aber wer sollte von dem tragischen Unfall erfahren haben? Warum drei Jahre später und warum ist von Mord die Rede? Der Polizei und Hirosawas Angehörigen erklärten die Freunde damals was geschehen war. Allein, dass Hirosawa getrunken hatte, verschwiegen sie.
Für Fans ausgefallener Plots
Kanae Minato hat sich mit ihrem fulminanten Roman „Geständnisse“ in der deutschen Krimiszene einen Namen gemacht. „Schuldig“ ist ein ähnlich unkonventionelles Werk und wer ausgefallene Plots mag, ist hier grundsätzlich richtig. Die Geschichte beginnt mit Mihoko, die Fukase zur Rede stellt. Danach folgt ein Rückblick, der die Entstehung des Unfallgeschehens vor drei Jahren aufzeigt, bevor es zurück in die Gegenwart geht, wo die verbliebenen Freunde ein wenig nervös werden und Fukase sich entscheidet, der Sache nachzugehen. Woher die Briefe, warum Mörder?
Der gesamte Roman orientiert sich an Fukase, einem schüchternen Jungen, der zeitlebens zwar kein Außenseiter war, aber eben auch nie einen richtigen Freund hatte. Doch dann kam Hirosawa, weswegen er sich besonders schwere Vorwürfe macht. Schließlich hätte er ja verhindern können, dass sein bester und einziger Freund angetrunken Auto fuhr. Fukase befragt alte Schulgefährten und erhält völlig neue Eindrücke von Hirosawa. Kannte er ihn wirklich?
Betont langsam baut Kanae Minato ihren Roman auf. Womöglich wird es manch einem schwerfallen, das Buch nicht vorzeitig beiseite zu legen, denn im ersten Drittel, rund hundert Seiten, passiert kaum etwas. Die Figuren werden eingeführt, wie gesagt mit Fokus auf Fukase, der vor allem perfekten Kaffee kochen kann. Gefühlt über dreißig, vierzig Seiten wird Kaffee gekocht und verkostet, dann startet die verhängnisvolle Fahrt, in der viele Lebensmittel eingekauft und ihrerseits verkostet werden, was gefühlt weitere dreißig, vierzig Seiten in Anspruch nimmt. Auch in den restlichen beiden Dritteln wird die Spannung eher subtil eingestreut. Man sollte die Dialoge genau lesen, nicht zuletzt, weil man Schwierigkeiten mit den Namen bekommen könnte. So heißt Yoshiki Hirosawa oftmals Hirosawa oder eben Yoshiki, man blickt nicht immer durch. Am Ende des Romans kommt die Lösung plötzlich, aber mit einem großen Paukenschlag. Lesenswert.
- Autorin: Kanae Minato
- Titel: Schuldig
- Originaltitel: Reverse. Aus dem Japanischen übersetzt von Sabine Mangold
- Verlag: C. Bertelsmann
- Umfang: 320 Seiten
- Einband: Hardcover
- Erschienen: April 2019
- ISBN: 978-3-570-10367-8
Wertung: 11/15 dpt