Nicht nur eine Mordserie fordert Kriminalinspektor Stainer
Die junge und ehrgeizige Reporterin Marlene Wagner der linken Leipziger Volkszeitung erhält von einem befreundeten Kollegen aus Basel die Information, dass ein toter Soldat aus dem Rhein gezogen wurde. Ein kostbares Zigarettenetui deutet darauf hin, dass der Tote aus Leipzig stammen könnte, so dass Wagner direkt an ihren Bruder Roland denken muss. Doch bevor sie Urlaub nehmen und in die Schweiz reisen kann, muss sie von einer heimlichen Mensur berichten, bei der sich der Maler Fritz Sternberg von der jüdischen Saxo-Bavaria mit einem Studenten der rechten Verbindung Lusatia duelliert.
Hagen Bockwitz und seine Schwester Rosa Sonntag betreiben gemeinsam den Nachtclub „Bonaparte“, sind jedoch tief zerstritten. Hagen gehört zu einer Kampfzelle der Schwarzen Reichswehr, lies die eigene Schwester erst kürzlich entführen und ist verantwortlich für die Ermordung von Paul Stainers Ehefrau Edith, die gerade beerdigt wurde. Rosa will Hagen aus dem Nachtclub rauswerfen, doch dieser droht ihr unverhohlen.
Kriminalinspektor Paul Stainer versucht derweil weiterhin, sich in seinem Beruf und Lebensalltag zu behaupten. Gar nicht einfach; die geliebte Frau frisch zu Grabe getragen und bei der Polizei wartet sein Vorgesetzter Dr. Kasimir nur auf einen Fehltritt. Nach einer Denunziation forderte Kasimir bei der Heeresleitung Stainers dessen Armeeakte an, aus der hervorgeht, dass Stainer unter einer Kriegsneurose leidet. Panikattacken und nächtliche Albträume sind nur zwei seiner ständigen Begleiter. Zunächst ruft jedoch die Pflicht, denn im Hotel „Fürst Bismarck“ wurde ein Mann in seinem Hotelzimmer erstochen: Fritz Sternberg. Und auch für Marlene Wagner wird es nach einem reißerischen Artikel über die Mensur ungemütlich.
Zweiter Teil der lesenswerten Paul-Stainer-Reihe
„Der rote Judas“, der fulminante Auftakt der Paul-Stainer-Reihe von Thomas Ziebula, spielt zu Beginn des Jahres 1920 in Leipzig. Die Fortsetzung „Abels Auferstehung“ schließt unmittelbar an seinen Vorgänger an und beginnt im Februar desselben Jahres. Die drei eingangs erwähnten Szenarien führen abwechselnd in die Handlung ein und begleiten zunächst die Figuren Wagner, Rosa und Stainer. Es folgen eine vielschichtige Handlung und wenig überraschend weitere Morde bis hin zu einem Finale, das man mitunter schon vor Stainer und seinen Kollegen – zumindest grob – erahnen kann.
Apropos Kollegen: Sein Vorgesetzter Dr. Kasimir gibt erneut Stainers größten Widersacher, wobei sich dieser einmal mehr auf seinen jungen Partner Siegfried Junghans verlassen kann. Neu ist die Rolle des Polizeiarztes Dr. Pollmann, der im ersten Band noch nicht auf Stainers Seite stand. Speziell an Stainer und seiner Neurose wird das Grauen des Ersten Weltkrieges erneut erschreckend realistisch thematisiert. Zudem stehen sich die politischen Lager unversöhnlich gegenüber und die Stadt selbst wird als Kulisse erneut gut in Szene gesetzt. Apropos: Intensive Ausflüge in die Kunstszene gibt es ebenfalls.
Packende, atmosphärisch dichte Serie, deren zweiter Teil gleich mehrere unterschiedliche Verbrechen präsentiert, so dass die Spannungskurve bis zum Schluss wohlwollend hoch bleibt.
- Autor: Thomas Ziebula
- Titel: Abels Auferstehung
- Verlag: Rowohlt
- Umfang: 464 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: März 2022
- ISBN: 978-3-499-00364-6
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Wertung: 12/15 dpt