Frank Goldammer – Tod auf der Elbe (Buch)


Tödliche Verbrechen, intrigante Machtkämpfe und ein Dickschädel

1879. Am Rand von Pillnitz bei Dresden lebt Gustav Heller mit seiner Familie und widmet sich der Pferdezucht, die einen wesentlichen Anteil zu seinem Einkommen beiträgt. Einst war er Offizier, kämpfte in der siegreichen Armee von König Albert von Sachsen als Rittmeister gegen Napoleon III. und arbeitet nun bei der Dresdner Staatspolizei als Kriminalrat. Er ist ein Außenseiter, weder Adeliger noch Beamter seit Generationen und daher nicht überall gut angesehen. Immerhin kann er sich auf seinen Assistenten Schrumm verlassen, der dem Rittmeister auch schon mal offen widerspricht.

Bei einem morgendlichen Ausritt vernimmt Heller einen lauten Knall, ein Kessel auf einem der neuartigen Dampfschiffe ist explodiert. Tote und Verletzte sind zu beklagen, aber immerhin gelingt es Heller den Matrosen Justus Kleibig aus der Elbe zu retten. Als er diesen am nächsten Tag bei dessen Familie besuchen will, muss er jedoch feststellen, dass der dort anwesende Kleibig nichts mit der von ihm geretteten Person gemein hat. Wenig später ist der echte Kleibig tot. Er soll seine Frau und seinen Sohn ermordet, anschließend sein Haus angezündet und sich selber umgebracht haben.

Recht viele seltsame Umstände, meinen Sie nicht, Schrumm? Ich rette den Mann, halte ihn dann für den falschen, schließlich bringt er sich und seine Familie um.“
„Und warum sticht er sich die Augen aus?

Der denkwürdige Tod der Familie lässt Heller nicht los und so beginnt er zu ermitteln, wobei er schnell auf die einflussreichen Reeder von Kelb und Engelbrecht stößt, die sich einen erbitterten und schonungslosen Kampf um eine Konzession für die Elbe liefern. Heller, der öfter mal mit dem Kopf durch die Wand will, stellt Fragen, eckt an und bringt damit nicht zuletzt seine Familie in Gefahr. Derweil droht noch weiteres Unheil, denn sein Vorgesetzter Posch, der ihm in tiefer Abneigung gegenübersteht, wittert in Heller gar einen Sozialdemokraten respektive einen Staatsfeind.

Serienstart für Kriminalrat Gustav Heller

Goldammer. Heller. Da war doch mal was. Richtig, von Frank Goldammer erschien vor einigen Jahren die großartige Serie um Kommissar Max Heller, der ebenfalls in Dresden ermittelte, allerdings Jahrzehnte später im geteilten Deutschland (von der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 bis zum Mauerbau). Der Protagonist der neuen Heller-Reihe (Band zwei, „Haus der Geister“, ist für Frühjahr 2025 angekündigt) heißt jedoch Gustav und ist der Großvater von Max. Dieser ist ein wahrer Sturkopf, der nicht selten auch die wenigen Freunde die er hat brüskiert. Zudem ist er ständig in Sorge um seine Familie, denn sein Sohn Albert fühlt sich gegenüber dem jungen Stallmeister Thomas zurückgesetzt und Tochter Johanna, achtzehn Jahre alt, leidet an Schwindsucht, so dass sie nur selten ihr Zimmer geschweige denn das Haus verlassen kann. Helene, Hellers Frau, hält Haus und Hof sowie Familie und Beschäftigte zusammen, kommt jedoch mitunter nicht umhin, ihrem Gatten ins Gewissen zu reden, wenn diesem mal wieder der sprichwörtliche Schaum vor dem Mund steht.

Das Boot gehört Freiherrn von Kelb, hörte ich.“
„Das und noch andere. Und eine ganze Werft. Dass seine Männer ums Leben kamen, betraf ihn nur insofern, dass er sich jetzt neue beschaffen muss.

Der Krimiplot ist ansprechend und bietet bis zum Schluss einen hohen Spannungsbogen. Erst das Schiffsunglück, dann die Familientragödie und in der Folge weitere Verbrechen sorgen für packende Unterhaltung. Erschwerend kommt hinzu, dass die beiden konkurrierenden Reeder über einflussreiche Freunde in der Stadt verfügen, wo man seit Generationen lieber unter sich bleibt. Adel verpflichtet, möchte man meinen, aber auch alteingesessene Beamtendynastien wollen sich nicht von Außenstehenden reinreden lassen. Doch Obacht, Heller war Rittmeister, somit Offizier und hat notfalls einen direkten Draht zu seiner Majestät. Ein wahrer Intrigantenstadl entpuppt sich, Heller ist an mehreren Fronten – wie einst im Krieg gegen die Franzosen – gefordert.

Neben dem dickköpfigen, gleichwohl nicht unsympathischen Protagonisten und einem spannenden Kriminalfall, der aus mehreren Verbrechen besteht, bildet die Stadt Dresden und ihre Zeit eine interessante Hintergrundkulisse. Ende des ausgehenden 19. Jahrhunderts boomt die Stadt, Fabriken entstehen, immer mehr Menschen suchen hier Arbeit und treiben so die Preise für Nahrung und Wohnraum in die Höhe. Es geht aufwärts, aber die Armut wächst mit; auch hiervon erzählt Frank Goldammer in seinem Start der neuen Heller-Reihe.

  • Autor: Frank Goldammer
  • Titel: Tod auf der Elbe
  • Verlag: dtv
  • Umfang: 400 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Mai 2024
  • ISBN: 978-3-423-26385-6
  • Produktseite

Wertung: 12/15 dpt


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