Henning Kreitel – Der Mord an der Mühle (Buch)


Bürgerpolizist sucht verschwundenen Zimmermann

August Barthel, Polizeiobermeister in Pirna, ist als Bürgerpolizist für die Gemeinden Mihlsdorf und Liebethal zuständig, wo erfahrungsgemäß die Tage ruhig verlaufen. Seit rund einem halben Jahr ist Barthel zurück in seiner Heimatgemeinde, nachdem er zuvor in Berlin arbeitete. Der überraschende Tod seines Vaters, zu dem er jahrelang keinen Kontakt mehr hatte, und die damit einhergehende Erbschaft zogen ihn nach Mihlsdorf. Jetzt ist es fast wieder wie früher. Die Nachbarn sind bekannt, Geheimnisse gibt es kaum. Man lebt halt in einem kleinen Dorf.

Es ist Sonntag. Barthel hat frei und entschließt sich zu einem Spaziergang. An einer Felskante oberhalb des Liebethaler Grunds hört er plötzlich einen Schrei, den er dem örtlichen Zimmermann Friedrich Hauer zuordnet. Barthel begibt sich auf den Abstieg, um der Sache nachzugehen, wobei ihn sein Weg zu der verfallenen Lochmühle führt, in der einst der Komponist Richard Wagner seinen „Lohengrin“ schrieb. Von dem alten Beherbergungsbetrieb ist nichts mehr übrig, umso mehr verwundert es Barthel, dass er dort auf Carlo Wolf trifft, einen Zuhälter aus Dresden. Von ihm erfährt er, dass Hauer die alte Mühle in ein Luxusbordell umbauen wollte. Mitten im Naturschutzgebiet. Für Hauer kein Problem, er nahm sich schon immer alles heraus.

Jetzt ist Hauer verschwunden, allein die Reste des Inhalts einer Butterbrotdose und sein Handy sind noch vor Ort. Nächster Morgen, gleiche Situation. Hauer ist weg, sein Handy noch immer da. Barthel steckt es ein und beginnt zu ermitteln. Schnell finden sich erste Verdächtige, die verschiedene Gründe hatten, Hauer womöglich zu ermorden. Ronja Gräfe, die Wildhüterin, macht sich große Sorgen um eine seltene Fledermausart, die in der Mühle nistet. Rosalie, Hauers Frau, könnte sich für etwaige Seitensprünge rächen wollen, der zweite Zimmermann in Mihlsdorf womöglich einen Konkurrenten beseitigen. Und so weiter.

Zielstrebig fuhr Barthel mit dem roten Fiat 500 durch Mihlsdorf und ärgerte sich über sich selbst: Wie konnte er nur das Offensichtliche übersehen haben?

Barthel ermittelt eifrig in alle Richtungen, aber liegt überhaupt ein Verbrechen, geschweige denn ein Mord vor? Hauer ist gerade einmal wenige Stunden verschwunden. Gerüchten – wenig später – zufolge, soll Hauer in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt und daher Probleme mit dubiosen Tschechen gehabt haben. Geldwäsche, Drogen, alles ist denkbar. Jedenfalls für Barthel.

Richard Wagner darf nicht fehlen

Henning Kreitel hat mit „Der Mord an der Mühle“ einen ebenso kurzweiligen wie vergnüglichen Cosy geschrieben. Einen sogenannten Wohlfühl- oder Kuschelkrimi, bei dem es behaglich zugeht und der Ermittler zumeist eine Privatperson ist, die sich durch ihre Schnüffelei nicht selten in Schwierigkeiten bringt. Miss Marple dürfte die bekannteste Figur des Genres sein. In „Barthels erster Fall“ verhält es sich ähnlich, nur, dass der Protagonist ein Polizist ist. Wenngleich lediglich ein Bürgerpolizist, der einen späteren Todesfall folglich an die Kollegen aus Pirna abgeben muss.

Leider war er sich in letzter Zeit viel zu oft sehr sicher gewesen und stand am Ende mit leeren Händen da. Aber diesmal wäre es anders, das sagte ihm sein Gefühl.

Barthel ist, dem Cosy geschuldet, ein besonderer Fall. Einerseits besonders diensteifrig und gleichzeitig mitunter die Karikatur eines Polizisten. So stürzt er sich in „seinen Fall“, bei dem sehr lange völlig offenbleibt, ob es denn überhaupt einer ist. Verdächtige sind schnell gefunden und jedes Mal ist sich Barthel natürlich sicher, jetzt endlich auf der richtigen Spur zu sein. Hätte er doch wenigstens eine Spur des vermissten Friedrich Hauer. So „stolpert“ er durch die Geschichte und begeht dabei einige Handlungen, die für einen Polizisten alles andere als üblich erscheinen. So steckt er beispielsweise das Handy des Vermissten ein, welches er aber nicht öffnen kann, da dieses durch eine Fingerabdrucksperre gesichert ist. Daher verwundert es wenig, dass besagtes Handy ständig in den unmöglichsten Situationen klingelt und Barthel halt eben nicht rangehen kann. Peinlich, aber da Hauer erst seit einigen Stunden vermisst wird, werden die Kollegen in Pirna kaum offiziell ermitteln und sich des Handys annehmen.

Die Geschichte spielt am Rande des Nationalparks Sächsische Schweiz. Die bekannte Felsformation Bastei wird erwähnt, das größte Richard-Wagner-Denkmal der Welt im Liebethaler Grund spielt gar eine wichtige Rolle und nicht zuletzt die titelgebende Mühle. Apropos: Ein möglicher Buchtitel „Mord an der Lochmühle“ wäre prägnanter gewesen, um den Bezug zu Wagner beziehungsweise dem Nationalpark, jedenfalls für Eingeweihte, herzustellen. Aber dies nur als Petitesse am Rand.

Festzuhalten bleibt, dass man dem kauzigen Helden gerne in einem zweiten Fall folgen würde. Der bereits erwähnte Hinweis auf dem Buchcover „Barthels erster Fall“ lässt insoweit hoffen. Kurzweiliger Krimispaß für zwischendurch.

  • Autor: Henning Kreitel
  • Titel: Der Mord an der Mühle
  • Verlag: mitteldeutscher verlag
  • Umfang: 248 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: März 2024
  • ISBN: 978-3-96311-888-3
  • Produktseite


Wertung: 12/15 dpt


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