Ursula Neeb – Elvis und die Tote im Amischlitten (Buch)


Kurioser Todesfall in den 1950er Jahren

Elvis und die Tote im Amischlitten
© Gmeiner

Bad Nauheim. Oktober 1958. Elfriede „Elfi“ Kunz hat dank ihres verstorbenen Mannes die Gaststätte und Künstlerpension „Rheingold“ geerbt, in der aus einer Musikbox die aktuellen Hits deutsche wie amerikanische Gäste anziehen. Die vorwiegend jungen Männer geraten schnell aneinander, nicht nur wegen ihrer unterschiedlichen Rollen nach Ende des Krieges, sondern natürlich auch wegen der Mädchen. Allen voran die hübsche und lebenslustige 21-jährige Rita, der es große Freude macht, den Männern den Kopf zu verdrehen. Elfi selbst ist mit einem deutlich jüngeren US-Sergeant namens Brian liiert, der einen auffälligen, rosafarbenen Cadillac fährt.  

Während sich Elfi am Abend des 19. Oktobers wundert, warum Brian sie nicht aufsucht, obwohl beide verabredet waren und ihr einmal mehr der Gedanke kommt, dass es noch eine andere, vermutlich jüngere Freundin geben könnte, ereignet sich nicht unweit vom „Rheingold“ ein tragischer Vorfall. Am nächsten Morgen entdeckt ein Zeitungsausträger in Brians Cadillac, der unmittelbar vor Elfis Gaststätte steht, die Leiche von Rita. Die Obduktion zeigt, dass diese entweder erschlagen wurde oder tödlich gestürzt sein muss. Auf ihrem Bauch hat man ihr die Buchstaben „VD“ eingeritzt.

Ein großes V und ein großes D – das ist doch das amerikanische Kürzel für Veneral Disease, also für Geschlechtskrankheiten.“
„Richtig, die Buchstaben V D, die man häufig auf Plakaten unweit von amerikanischen Kasernen oder Wohnbezirken sieht, warnen aber nicht nur vor Geschlechtskrankheiten, sondern auch vor den Frauen, die solche übertragen. In Deutschland wurde aus der Abkürzung das hinlänglich bekannte Veronika Dankeschön, eine Bezeichnung für deutsche Prostituierte, die bevorzugt mit amerikanischen Armeeangehörigen verkehren.

Kriminalkommissar Manfred „Freddy“ Graf findet bald erste verdächtige, die alle aus Elfis Umfeld stammen. Die schwangere Frau eines US-Lieutenants, die am besagten Abend Rita im „Rheingold“ eine Szene machte, da diese mit ihrem Mann flirtete; ein Künstlerehepaar, dass in der Pension wohnt, welches mit Rita in Streit geriet; der Sohn von Elfis bester Freundin Lottie, der hoffnungslos in Rita verliebt war und von dieser übel ausgenutzt wurde und nicht zuletzt Lottie selber. Der Hauptverdächtige ist hingegen der verschwundene Brian, in dessen Wagen die Leiche gefunden wurde. Aber warum sollte er diesen ausgerechnet vor der Gaststätte parken?

Rock ‘n‘ Roll und der King dürfen nicht fehlen

Man stelle sich den Buchtitel ohne Elvis vor und schon erkennt man das gelungene Marketing, wobei Elvis tatsächlich eine kleine Rolle spielt und als Nebenfigur höchst selbst in Erscheinung tritt. Am 2. Oktober 1958 trat Elvis seinen Armeedienst in Friedberg an, so dass dessen Auftritt sich natürlich aufdrängt, zumal im „Rheingold“ zum Rock ‘n‘ Roll getanzt wird. Jedes Kapitel enthält einen Songtitel jener Zeit als Einstieg, die in ihrer Gesamtheit ein Soundbook der 1950er Jahre ergeben. Überhaupt wird die damalige Zeit und Stimmung gut eingefangen, was sich unter anderem in der Rivalität zwischen deutschen Halbstarken und amerikanischen GIs zeigt. Man kann und darf in die Vergangenheit eintauchen, die recht lebendig dargestellt ist, ohne dabei den kriminellen Teil der Handlung außer Acht zu lassen. Die beiden Protagonisten Elfi und Graf – ein bisschen oft und daher leicht nervig als Pistolen-Freddy bezeichnet – sind zunächst wie „Hund du Katze“, denn Graf verdächtigt aus Elfis Sicht die falschen Leute, so dass sie versucht, diesen zu helfen und selber „ermittelt“. Man mag erahnen was folgt.

Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen, so muss doch erwähnt werden, dass im Schlussdrittel die Handlung einen unerwartet neuen Schwerpunkt erhält, nämlich das Thema „Besatzungskinder“ und deren Adoption nach Amerika. Mehr soll hierzu nicht gesagt werden, außer dass die Autorin diesen Aspekt gut darstellt. Wem der Bestseller „Stay away von Gretchen“ von Susanne Abel gefallen hat, darf hier gerne zugreifen. Fans von Elvis dürfen natürlich ebenfalls einen Versuch „riskieren“, denn neben dem Krimiplot steht die Musik ja durchaus ebenfalls im Vordergrund. Im Anhang finden sich zudem weitere Informationen zu Elvis‘ Aufenthalt in Bad Nauheim, wo er während seines Militärdienstes lebte.

  • Autorin: Ursula Neeb
  • Titel: Elvis und die Tote im Amischlitten
  • Verlag: Gmeiner
  • Umfang: 320 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: März 2024
  • ISBN: 978-3-8392-0585-3
  • Produktseite


Wertung: 11/15 dpt


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