Theresa Bell – Sepia und das Erwachen der Tintenmagie (Buch)

© Thienemann-Esslinger Verlag

Seid ihr „Schwarzkünstler, Jüngerinnen der Tinte, Diener des gedruckten Wortes und Verehrerinnen von Geschichten, Wissen und Fantasie“? Habt ihr Lust auf „Abenteuer auf Rezept, Zauberspiegel zum Weltenreisen, Schicksal auf Ketten gefädelt, Wunder in Eisen gegossen und so etwas“?

Dann seid ihr bei „Sepia und das Erwachen der Magie“ von Theresa Bell goldrichtig! Denn: „Flohall erwartet dich“!

Mit diesem Trilogie-Auftakt entführt uns die Autorin in eine wunderbar atmosphärische Welt voller Buchzauber, an der nicht nur Kinder ab zehn Jahren ihre Freude haben, sondern auch Erwachsene, die ein Herz für Buchkunst und das Kind in sich bewahrt haben.

Die zwölfjährige Sepia ist im Waisenhaus aufgewachsen, bis sie eine Einladung in die magische Stadt Flohall erhält. Ab sofort soll sie dort leben und beim berühmten Buchdruck-Meister Silbersilber in die Lehre gehen. Sepia hält sich selbst für völlig talentlos, findet in der Buchdruck-Werkstatt aber das erste Mal ein zu Hause und echte Freunde. Sie ist fasziniert von dieser merkwürdig verzauberten Stadt und ihren Geheimnissen – bis die Buchkunst-Meister auf tragische Art verschwinden, und Sepia keine andere Wahl bleibt, als auch die düsteren Mysterien von Flohall aufzudecken.

„Ich muss euch warnen. Etwas aufzudecken, das verborgen bleiben will, kann ungeahnte Folgen haben. Geheimnisse sind nicht ohne Grund geheim. Sie bergen Kraft, und nicht selten ist diese Kraft zerstörerisch.“

„[…] aber in den Tavernen und hier im Schleich hören wir schon viel länger von Berichten über verschwundenes Papier, gestohlene Tinte und ein seltsames Gefühl, das in den Gassen von Flohall rumort.“

Flohall ist eine Stadt, in der sich alles um Bücher dreht, gewürzt mit einer Prise Fantasie und Magie, die wohl nur echte Buchwürmer verstehen. So in etwa stelle ich mir Hay-on-Wye, die Bücherstadt in Südwales vor! Selbst ein simpler Cafébesuch wird in Flohall zu einem gemütlich-atmosphärischen Ereignis (im Anhang des Buches gibt es ein paar der Rezepte zum nachkochen!).

An Spannung mangelt es spätestens ab dem Verschwinden der Meister aber trotzdem nicht!

Mit dem Rest des Worldbuildings hat die Autorin das Rad der Kinderbuch-Fantasy sicher nicht neu erfunden und sich eventuell auch hier und da  von der Mythologie und anderem inspirieren lassen. Dennoch schafft sie es, aus diesen Elementen eine ganze eigene Welt zu erschaffen, die ihresgleichen sucht.

So zum Beispiel mit den Tintenwesen, den „Wesen aus Buchstaub und Papieratem“. Wer meinen Buchgeschmack und meine Rezensionen kennt, weiß, dass ich ein Fable für besondere Sidekicks und weniger beachtete Nebencharaktere habe. Und Theresa Bell gibt meinem Außenseiter-Herz hier eine ganze Menge Futter! Bleiläuse, aus den Geschichten geschlüpfte Gestalten und nicht zuletzt: ein spiegelverkehrter Buchdruck-Buchstabe, der sich gerne mal selbstständig macht.

Die vielen leicht verspielten und teils poetischen Wortspiele sind für mich das i-Tüpfelchen.

Das zentrale Meta-Thema des Buches ist Freundschaft und das Gefühl von Zugehörigkeit. Wir erleben mit, wie aus der schüchternen, unsicheren Sepia mit Hilfe ihrer Freunde eine mutige Person wird, die endlich erfährt, was es bedeutet, so wertgeschätzt zu werden, wie man ist.  Genauso wird uns aber der Spiegel vorgehalten, dass auch Freundschaft nicht auf blinder Loyalität beruhen sollte. 

„Das, was Erwachsenen am meisten Angst macht, sind Kinder, die sie nicht kontrollieren können.“

Leider verdirbt es mir immer ein wenig den Lesespaß, wenn eine Protagonistin immer wieder instinktiv weiß, welcher Weg eingeschlagen werden muss und damit auch grundsätzlich richtig wirkt. Das wirkt für mich schnell nach Lösungen, die den Plot voranbringen sollen, bei denen man sich aber nicht genügend Zeit für eine Begründung gelassen hat.
Diese winzige Part ist für mich der einzige Grund, warum das Buch von mir keine 15 Nerdis bekommt.

Ich freue mich aber auf jeden Fall schon sehr auf die Fortsetzung dieser Reihe und auf die Abenteuer, die Sepia & Co. dann bestehen dürfen (wehe, das „S“ ist dann nicht dabei!).

In diesem Sinne: „Müde Wolkentänzerinnen und Glücksleser bauten ihre Stände ab, und ein paar letzte Nachtschwärmer huschten vom Platz und verschwanden in den Gassen, die Geldbörsen leer und die Hosentaschen voller Träume.“

  • Autorin: Theresa Bell
  • Titel: Sepia und das Erwachen der Tintenmagie
  • Verlag: Thienemann
  • Erschienen: 02.2024
  • Einband: Hardcover
  • Seiten: 384
  • ISBN: 978-3-52218-658-2
  • Produktseite

Wertung: 14/15 dpt

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