Knut Hamsun – Benoni (Buch)

Der norwegische Literaturnobelpreisträger in deutscher Neuübersetzung von Gabriele Haefs

Cover © Kröner Verlag

Bei uns berühmt geworden durch seinen Roman „Hunger“ (1890) zählt „Benoni“ zu den weniger bekannten Werken des norwegischen Autors Knut Hamsun. Diesen Roman, benannt nach seinem Protagonisten, verfasste Hamsun 1908, also 12 Jahre bevor ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde. Der Todestag des Schriftstellers jährte sich kürzlich zum 70. Mal, weshalb seine Texte nun frei verfügbar sind – auch für Neuübersetzungen.

Worum geht es in „Benoni“?

Benoni Hartvigsen ist ein Fischer und Postbote im nördlichen Norwegen und lebt in der Gemeinde Sirilund. Die Handlung spielt Ende des 19. Jahrhunderts. Im Zentrum steht Benonis Beziehung zu Rosa, für die er alles tun würde. Und obwohl er ein rechtschaffener Mann ist, muss er erst vermögend werden, um offiziell um sie werben zu können. Benonis Weg zum erfolgreichen Geschäftsmann ist ein steiniger – so lässt er sich durch seinen gutmütigen Charakter mehr als einmal ausnutzen. Beim Lesen sympathisiert man sofort mit dem Protagonisten und bangt mit ihm um seinen Ruf und Stand. Sein Kampf um Rosa ist langwierig und schlussendlich (zumindest äußerlich) nicht von Erfolg gekrönt. Dennoch avanciert er von Post-Benoni – denn er übernimmt dank seines Vertrauens, das er bei den Sirilundern erlangt hat auch wichtige Botengänge – zum Grundbesitzer, der aufgrund eines Geheimtipps sogar eine Silbermine erwirbt. Doch was nützt Benoni sein neu gewonnenes Vermögen, als Rosa auf ihren Ex-Verlobten hereinfällt, der plötzlich wieder auf der Bildfläche auftaucht?

In Sirilund hat jeder und jede eine feste Rolle, ganz so wie man es vom Landleben kennt. Da gibt es Mack, den gewieften Geschäftsmann, Ole Mensch den impulsiven Romantiker, Steen Ladenschwengel, den Gehilfen in Macks gutgehendem Laden – schließlich ist es der einzige im Dorf – und schließlich den „Lappe Gilbert“, der Klatsch und Tratsch unter den Bewohner*innen verbreitet, dessen Wahrheitsgehalt nicht hinterfragt wird. Auch wenn es mitunter anstrengend ist, Benonis Schicksalsschlägen zu folgen, so ist es doch amüsant und größtenteils sehr unterhaltsam wie Hamsun das Landleben schildert. In Erinnerung bleibt zum Beispiel eine Schlachtszene, in der die Sau fast gegen die Manneskraft gewinnt und ein Küchenmädchen aus Mitgefühl schrecklich heult – derb aber authentisch. Manchmal ähneln einzelne Passagen und der Sprachstil einem Märchen, die ein oder andere Figur lässt an den „Taugenichts“ von Joseph von Eichendorff denken. Im Grunde genommen geht es um den ehrlichen Benoni, der versucht seinen Platz in einer Gemeinschaft zu finden, in der Schein mehr als Sein zählt und nur derjenige etwas wert ist, der über ein (vermeintliches) Vermögen verfügt. Glück ist für Benoni aber etwas anderes.

Zur vorliegenden Ausgabe

„Benoni“ gehört zu den wunderschön gestalteten Hardcovern des Kröner Verlags, die die Ausgabe genau wie die Kristin-Lavranstochter-Trilogie gerade für Buchliebhaber*innen so ansprechend macht: Die gebundene Ausgabe in Halbleinen verfügt über ein Lesebändchen und das Cover ziert ein Landschaftsgemälde des norwegischen Malers Adelsteen Normann. Unverzichtbar ist auch das Glossar, das etwas mehr als 250 Begriffe aus dem Kontext der damaligen Zeit einordnet und erklärt. Dass sich das Buch auch heute noch recht flüssig liest und dank subtilem Humor zum Lesevergnügen wird, ist sicherlich zum Großteil der gelungenen Übersetzung Gabriele Haefs geschuldet, die den eher unbekannten Roman von Knut Hamsun damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht. Im Nachwort der Übersetzerin wird Hamsuns umstrittene politische Position thematisiert und näher auf sein Leben eingegangen – über den Roman selbst und seine Entstehungsgeschichte geht es hier leider nicht mehr. Ein Punkt, den Lothar Struck in seinem Beitrag zum Buch zurecht kritisiert. (Wer mehr über die Übersetzung und die Handlung des Buchs erfahren möchte, dem sei sein Beitrag ans Herz gelegt: Lesen) Geplant ist ebenfalls die Veröffentlichung von „Rosa“, dem Roman den Knut Hamsun als Fortsetzung der Handlung noch im selben Jahr veröffentlichte – wir dürfen also gespannt sein.

  • Autor: Knut Hamsun
  • Titel: Benoni
  • Originaltitel: Benoni
  • Übersetzerin: Gabriele Haefs
  • Verlag: Kröner Verlag
  • Erschienen: 20. März 2023
  • Einband: Hardcover, halbleinen mit Lesebändchen
  • Seiten: 288
  • ISBN: 978-3-520-62601-1
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite 

Wertung: 10/15 dpt

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