John le Carré – Der Taubentunnel (Buch)


Anekdoten des Bestsellerautors

Der Taubentunnel
© Ullstein

David John Moore Cornwell (1931-2020), besser bekannt als John le Carré, wurde früh berühmt mit seinem wohl bekanntesten Werk „Der Spion, der aus der Kälte kam“ (1963), verfilmt mit dem damaligen Superstar Richard Burton in der Rolle des britischen Agenten Alec Leamas. Und dann wäre da noch seine bekannteste Romanfigur George Smiley.

Mit „Der Taubentunnel“ legt le Carré keine Biografie vor, sondern einen aus achtunddreißig Anekdoten bestehenden Rückblick auf sein Leben und Schaffen. Natürlich spielen der britische Inlands- und Auslandsgeheimdienst, kurz MI5 und MI6, in einigen „Erinnerungen“ wichtige Rollen, schließlich fing dort sein berufliches Leben als Agent an, bevor er sich gänzlich der Schriftstellerei widmete. Seitdem mag man ihn in den Diensten nicht mehr unbedingt gemocht haben, denn diese kamen in seinen Romanen meist wenig vorteilhaft rüber. Aber immerhin wusste er aus erster Hand worüber er schrieb, was insbesondere für die Schauplätze der Handlungen gilt, die er – mit einer Ausnahme – alle bereist hat.

So führen die Geschichten zurück in die 1960er Jahre und von dort bis in das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Beeindruckend, wie viele Länder er teils unter Lebensgefahr bereist, wie viele und welche Persönlichkeiten er getroffen hat. Gleich vier Kapitel widmen sich seinen Begegnungen mit dem ehemaligen Palästinenserführer Jassir Arafat, in zwei weiteren besucht er Russland (1987 und 1993), wo er unter anderem die KGB-Chefs Wadim Bakatin und Jewgeni Primakow trifft. In Afrika trifft er sogenannte Warlords, darüber hinaus Schauspiellegenden wie den schon erwähnten Richard Burton, natürlich mit dessen Frau Elizabeth Taylor, und Sir Alec Guinness. Dass der britische Meisterspion Kim Philby, der tatsächlich ein Doppelagent war und für Moskau spionierte, näher betrachtet wird, versteht sich fast schon von selbst. Ein spätes, längeres Kapitel widmet sich seinem Vater, zu dem er ein sehr ambivalentes Verhältnis hatte.

Ich habe lange gebraucht, bis ich über Ronnie schreiben konnte, Hochstapler, Phantast, immer wieder mal Knastbruder und mein Vater.  

Le Carré gibt Einblicke in seine Recherchen und seine Arbeit, was vor allem für Fans und somit Kenner seiner Romane von Interesse ist, denn in etlichen Fällen erfährt man einiges über die Entstehung seiner Romanfiguren beziehungsweise deren reale Vorbilder. So ist beispielsweise die Figur des Melik in „Marionetten“ angelehnt an den Deutsch-Türken Murat Kurnaz, der unschuldig über viereinhalb Jahre in Guantanamo unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert war.

Für Fans eine klare Empfehlung, da man Autor und Werk (dessen Entstehung) besser kennenlernt, allerdings werden die Bewertungen der einzelnen Kapitel naturgemäß unterschiedlich ausfallen. Manche erscheinen etwas kurz geraten, andere zu lang und zwei oder drei hätte man auch ganz weglassen können. Es ist halt Geschmacksache, ein informativer Rückblick aber allemal

  • Autor: John le Carré
  • Titel: Der Taubentunnel
  • Originaltitel: The Pigeon Tunnel. Aus dem Englischen von Peter Torberg
  • Verlag: Ullstein
  • Umfang: 384 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Dezember 2017
  • ISBN: 978-3-548-28985-4
  • Produktseite


Wertung: 12/15 dpt


Schreibe einen Kommentar

Hinweis: Mit dem Absenden deines Kommentars werden Benutzername, E-Mail-Adresse sowie zur Vermeidung von Missbrauch für 7 Tage die dazugehörige IP-Adresse, die deinem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, in unserer Datenbank gespeichert. E-Mail-Adresse und die IP-Adresse werden selbstverständlich nicht veröffentlicht oder an Dritte weitergegeben. Du hast die Option, Kommentare für diesen Beitrag per E-Mail zu abonnieren - in diesem Fall erhältst du eine E-Mail, in der du das Abonnement bestätigen kannst. Mehr Informationen finden sich in unserer Datenschutzerklärung.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Beiträge

Du möchtest nichts mehr verpassen?
Abonniere unseren Newsletter!

Total
0
Share