Alfred Komarek – Polt muss weinen (Buch)


Nicht nur für Weinliebhaber

Polt muss weinen
© Haymon

Oktober in Brunndorf, wo in der Kellergasse die Preßhäuser dicht an dicht stehen und für die Dorfbewohner den Lebensmittelpunkt bilden. Zumindest für die Männer, die sich gern in den schummrigen Kellern treffen, um zahlreiche Weine zu verkosten. Doch viele der alten Häuser stehen leer, die Anzahl der noch genutzten Weinpressen ist überschaubar. Während alles seinen herbstlichen Gang geht, kommt es zu einem seltsamen Todesfall. Im Keller seines Preßhauses wird Albert Hahn tot aufgefunden – und ganz Brunndorf jubelt. Hahn war im Ort verhasst aufgrund seiner Niedertracht und so finden sich viele Dörfler die meinen, einen solchen Tod habe er nicht verdient, denn offenbar war es ein Unfall, verursacht durch Gärgas, welches in seinen Keller eindrang.

Teufelszeug, hat keinen Geruch, ist schwerer als Luft und wenn du einmal die Nase drin hast, ist es auch schon so gut wie vorbei. Aber ein schneller, schöner Tod; hat sich der Hahn gar nicht verdient.

Kein neuer Fall, kein Grund zum Diensteifer, aber Gendarmerieinspektor Simon Polt aus der Dienststelle im benachbarten Burgheim ist trotzdem irritiert. Hahn kannte die Gefahr von Gärgas seit vielen Jahren. Wieso sollte ausgerechnet jetzt etwas passiert sein? Offiziell ist es ein Unfall, aber in seiner Freizeit darf man sich ja mal umhören. In Brunndorf kennt ihn jeder, doch die meisten wissen seine Neugier nicht zu schätzen, denn offensichtlich ist eins: Wenn es ein Mord gewesen sein sollte, käme der Mörder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus dem Dorf.

Erster Fall für Gendarmerieinspektor Simon Polt

Alfred Komarek war in Österreich ein bekannter Krimiautor, dessen Simon-Polt-Reihe im Jahr 1998 mit dem vorliegenden Band „Polt muss weinen“ begann. Am 27. Januar 2024 verstarb der Autor, weswegen wir noch mal einen Blick zurückwerfen auf seine preisgekrönte und mit dem österreichischen Schauspieler und Kabarettisten Erwin Steinhauer in der Hauptrolle verfilmte Serie. Wir bleiben bei der literarischen Vorlage, die 2015 im Haymon-Verlag neu aufgelegt wurde.

Es geht beschaulich zu im niederösterreichischen Weinviertel. Eine friedliche Landidylle, so will es scheinen, aber in Wirklichkeit gibt es zahlreiche Abgründe hinter gutbürgerlichen Fassaden. Polt erkennt schnell, dass es viele Menschen gibt, die einen Grund hatten, Albert Hahn den Tod zu wünschen. Angefangen bei dessen Ehefrau Grete, die von ihm regelmäßig geschlagen wurde, bis hin zum Obdachlosen Bruno Bartl, der oftmals zum Opfer von Hahns Bösartigkeiten wurde. Tschechische Hilfsarbeiter, die keinen Lohn erhielten, gibt es zudem. Doch Polt findet keinen Ansatz, nicht zuletzt, weil die Dörfler beharrlich schweigen. Ist doch gut, dass er endlich weg ist, so die vorherrschende Meinung. Polt ist es nicht ganz unrecht, denn so bleibt mehr Zeit zum Weingenuss, wobei man diesen natürlich – selbstredend nur ausnahmsweise – ja auch mal während der Dienstzeit, man muss ja schließlich Vertrauen aufbauen … Verkostet wird in den Kellern reichlich, bevorzugt Grüner Veltliner oder Blauer Portugieser.

Die Spannungskurve ist zunächst überschaubar, denn das Dorfleben und die Menschen dort wollen vorgestellt werden, zumal die meisten in späteren Romanen ja wieder vorkommen werden. Zudem steht der Wein im Vordergrund, erst später die Ermittlungen, die nahezu ausschließlich aus Gesprächen bestehen. Fast hätte Polt diese sogar eingestellt, doch dann klebt an seiner Haustür eines Tages ein Zettel, welcher ihn genau dazu auffordert. Er soll endlich aufgeben, was natürlich ein deutlicher Beleg dafür ist, dass es eher kein Unfall war und jemand beim Gärgas nachgeholfen hat.

Neben dem Krimiplot steht das Landleben im Fokus, welches nicht ganz so idyllisch ist wie angenommen. Viele Dörfler zieht es weg, denn Arbeitsplätze gibt es kaum. Hahn hatte daher den Plan, aus der Kellergasse ein Feriendorf zu entwickeln. Billige Grundstückspreise bei zu erwartendem hohen Ertrag. Selbstredend sahen dies viele kritisch und Hahn selbst gönnten sie das Projekt schon gar nicht. Auch die neue, große, da staatlich geförderte Versammlungshalle ist manchem ein Dorn im Auge; die geöffnete Grenze zu Tschechien sowieso. In den folgenden Bänden wird die Entwicklung von Brunndorf selbst noch eine wichtigere (Neben-)Rolle einnehmen.

„Polt muss weinen“ erschein vor rund einem Vierteljahrhundert. Ist es heute noch lesenswert? Auf jeden Fall, wenn man auf gemütliche „Landhauskrimis“ steht. Keine Hektik, kein moderner Technik-Schnickschnack, keine tief im Blut watenden Serienmörder. Stattdessen kauzige Dörfler und ein durchaus sympathischer Ermittler, der (noch) alleine mit seinem Kater Czernohorsky lebt.

Finaler Hinweis: Bei Haymon ist 2012 der Sammelband „Polt – Die Klassiker in einem Band“ erschienen. Dieser enthält die ersten vier Romane der Serie sowie eine Polt-Kurzgeschichte.

  • Autor: Alfred Komarek
  • Titel: Polt muss weinen
  • Verlag: Haymon
  • Umfang: 184 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: November 2015 (Erstveröffentlichung: 1998)
  • ISBN: 978-3-85218-931-4
  • Produktseite


Wertung: 12/15 dpt


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